EnBW: Ladesäulen für Elektroautos als Geschäft

Energie kann dem Käufer nicht billig genug sein. Verkäufer müssen jedoch zusätzlich zu den Strompreisen die Infrastrukturkosten planen. Kein einfaches Geschäft

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Ladestation

(Bild: EnBW / Endre Dulic)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Clemens Gleich

In der Anfangszeit planten die ersten E-Auto-Fahrer noch mit langfristigen Ladesäulen-Strompreisen unter Haushaltsstromtarifen. Diese unrealistische Idee ist mittlerweile ins Vergessen geraten. Wie beim Tanken zahlt man heute die verlangten Energiepreise und stellt eben (wenn möglich) das Verhalten darauf um. Wenn Leute sagen "ich baue jetzt eine Ladesäule, da kann man einfaches Geld verdienen", dann antworte ich dasselbe, was ich auf "dein Job ist so einfach, den mache ich jetzt auch": Ja, mach das doch mal. Es besteht erheblicher Bedarf. Weil Sagen einfacher ist als Machen, findet Letzteres praktisch nie statt. Das Geschäft mit Fahrstrom ist eben doch kein ganz einfaches, aber das Potenzial ist vorhanden. Wir sprechen mit Claus Fest, Leiter Energiewirtschaft und Beschaffung bei der EnBW über Infrastruktur und das Geschäftsmodell Fahrstromverkauf.

heise/Autos: Wie setzt sich der Fahrstrompreis zusammen?

Claus Fest: Der reine Strompreis setzt sich aus den gleichen Bestandteilen zusammen wie der Haushalts- oder Gewerbestrompreis, also inklusive Strombeschaffung, Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzentgelte. Dazu kommen dann die Kosten für den Aufbau und Betrieb der Ladeinfrastruktur und der dafür notwendigen IT-Systeme, die umgelegt werden müssen. Beim Fahrstrompreis gab es immer wieder einmal Ansätze seitens des Gesetzgebers zur Kostenreduzierung staatlicher Preisbestandteile, zum Beispiel die Mehrwertsteuer auf 7 Prozent zu senken oder die Stromsteuer auf den zulässigen Mindestsatz zu senken. Letztendlich setzten sich diese Ideen in der Politik aber nicht durch. Stattdessen hat die Politik auf Förderungen für Investitionen gesetzt, um den Ausbau des Ladenetzes zu beschleunigen.

Wie haben sich denn die Hardware-Kosten entwickelt?

Das ist schwierig in direkten Bezug zu setzen, denn einerseits ist die Ladeleistung bei der verbauten Hardware viel höher als noch vor wenigen Jahren. Auf der anderen Seite sind wie überall sonst auch die Preise in der Anschaffung gestiegen. Dem entgegen stehen wiederum verbesserte Einkaufskonditionen durch eine erhöhte Abnahme. Unterm Strich lässt sich festhalten: Die Hardware-Kosten haben sich nur moderat verändert, aber wir haben bessere und leistungsfähigere Ladestationen bekommen. Die Hardware ist jedoch nur ein Teil der gesamten Investitionskosten bei einem Ladepark. Die Standortkosten setzen sich unter anderem zusammen aus Hardware, Miete und Pacht, Installation, Tiefbau, Netzanschluss, sowie weitere Baumaterialien wie zum Beispiel ein Dach oder Sanitäreinrichtungen. Hier gibt es natürlich Kostenunterschiede zwischen den verschiedenen Standorten. Dazu kommen, wie bereits erwähnt, die Betriebs- und Instandhaltungskosten für die Standorte (das reicht von einer Pacht bis hin zum Winterdienst) inklusive der dafür notwendigen IT-Infrastruktur. Damit kann man schon Geld verdienen, aber man wird jetzt nicht in drei Jahren reich.

Wie läuft das, wenn zum Beispiel ein Supermarkt eine Ladestation auf dem Parkplatz erhält?

Solche Standorteigentümer, unsere potenziellen Partner für einen Ladestationenbetrieb, wollen normalerweise etwas dafür haben, dass auf ihrem Grund eine Ladestation steht. Meistens nimmt das die Form einer Pacht an. Sehr ähnlich sieht es an Autobahn-Raststätten aus. Mit unserer Netzwerkplanung evaluieren wir vorab die potenzielle Auslastung am Standort, und zwar über 10 bis 20 Jahre. Deshalb sucht die EnBW langfristige Partnerschaften, die den zukünftigen Marktverlauf schon heute mit uns gemeinsam im Blick haben. Bestehende Ladeparks zeigen steigende Nutzungszahlen. Die Zahl der Abnehmer wird sich mit dem weiteren Hochlauf der E-Mobilität weiter vergrößern. Auch deswegen bauen wir Standorte so auf, dass sie den heutigen Bedarf übersteigen oder einfach in den nächsten Jahren erweitert werden können. Unsere Berechnungsgrundlage für die Zahl der E-Autos deckt sich mit der Prognose der Bundesregierung und bezieht weitere Faktoren wie die Frequenz vor Ort mit ein. Wir sind überzeugt, dass sich E-Antriebe flächendeckend durchsetzen werden. Da gibt es ja Faktoren, die sich gegenseitig verstärken: Die Nutzerakzeptanz steigt, also lassen sich mehr Menschen auf ein E-Auto ein. Der Markt wird dadurch kontinuierlich größer. Es gibt mehr Anbieter und Partner über alle Stufen hinweg. Die langjährigen Partner sind viel erfahrener geworden. So ist in dieser Zeit ein ganzes Ökosystem in diesem Sektor entstanden. Viele Pioniersysteme, wie sie in den 2010ern noch häufig anzutreffen waren, würde man heute so nicht mehr bauen. Ein kleines Beispiel: Niemand plant mehr Garagen ohne Lademöglichkeit.

Batterien für Elektroautos

Welche Rolle spielt die Firmengröße, wenn man Ladeinfrastruktur betreiben will?

Sie spielt eine nicht unerhebliche Rolle, weil viele Aspekte des Betriebs kapitalintensiv und sehr komplex sind. Ein dauerhafter, reibungsloser Betrieb muss sitzen. Ein fiktives Beispiel, um das zu verdeutlichen: Eine Verfügbarkeit eines Ladepunkts von 99 Prozent klingt erst einmal gut, aber sie bedeutet, dass es statistisch im Umkehrschluss über dreieinhalb Tage Ausfall pro Jahr gibt. Das reicht natürlich nicht. Langfristige Hochverfügbarkeit ist kein Selbstläufer. Und die muss über alle Marktpartner im Markt hinweg funktionieren. Das heißt, über alle Ladeinfrastrukturbetreiber, Mobilitätsanbieter und Roaming-Plattformen. Da helfen Erfahrung mit komplexen Infrastruktur- und IT-Projekten und Größe tatsächlich. Unsere Projekte sind durchstandardisiert, vom Aufbau über den Betrieb bis hin zur Wartung. Es ist eine ganz andere Welt, nicht nur eine Ladesäule. Einen Ladepark zu bauen, das ist das eine. Was es aber auch braucht, ist die nötige IT-Back-End-Verfügbarkeit. Das ist ebenso komplex wie wichtig und außerdem kostspielig. Diese Systeme liegen obendrein in vielen Händen, die passend ineinandergreifen müssen. Wenn eine Ladestation nicht richtig arbeitet, kann es ja zum Beispiel auch am Telekommunikations-Dienstleister hängen. Deshalb sind professionelle Partner so wichtig, die wissen, worum es geht.

Ladeparks (hier der am Kamener Kreuz) werden auf künftigen Bedarf hin gebaut oder so, dass sie gut erweitert werden können.

(Bild: EnBW / Endre Dulic)

Wohin geht der Weg im europäischen Ausland, über die deutschen Grenzen hinaus?

Wir haben auch europäische Projekte, vor allem im deutschsprachigen Ausland. In Österreich etwa sind wir sehr präsent und betreiben mit der SMATRICS EnBW auch dort das größte Schnellladenetz des Landes. Darüber hinaus orientieren wir uns jedoch nicht nur an den reinen wirtschaftlichen Zahlen eines Standorts, sondern wir richten uns kundenzentriert aus: Wo fahren die Leute denn entlang? Da geht es um Korridore, an denen wir bevorzugt bauen, oder die wir uns auch in anderen Ländern genauer anschauen.

Lassen Sie uns noch einmal zurück zum Anfang kommen, zu den Stromkosten. Manche Leser empfinden sie als überhöht. Was möchten Sie ihnen dazu sagen?

Viele denken: Strom ist gleich Strom. Also muss der doch überall das Gleiche kosten. So einfach ist es aber leider nicht. Im Unterschied zum Haushaltsstrom kommen beim Ladetarif in einer öffentlichen Ladesäule vor allem die Kosten für den Aufbau und laufenden Betrieb der Ladeinfrastruktur dazu. Das ist der entscheidende Unterschied. Die Kalkulation enthält zwar auch Infrastruktur-Förderungen und die Erlöse aus den Treibhausgasquotenzahlungen. Diese wandern aber nicht in die Taschen der Ladeinfrastrukturbetreiber, sondern erfüllen ihren Zweck: Sie mindern die Gesamtkosten auch für den Autofahrer. Da ist keiner am Markt, der sich wuchernd bereichert. Im Gegenteil sind das knapp kalkulierte Preise, weil über diese auch Wettbewerb und Kundenakzeptanz erzeugt wird. Ich gebe Ihnen ein paar Beispiele, wie das von unserer Seite aussieht. Teilweise haben wir in der Energiekrise letztes Jahr Einkaufspreise am Großhandelsmarkt von über 1 Euro pro kWh gesehen. Trotzdem wollten wir dann natürlich nicht einfach die Preise anpassen, sondern haben diese über eine langfristige Kalkulation verrechnet. Das sorgt für eine gewisse Preisstabilität und Verlässlichkeit. Auch der Aufwand für den Betrieb eines Ladestandorts ist der Kundenseite selten bewusst. Wir müssen die Säulen warten, wir müssen Service rund um die Uhr verfügbar halten und wir müssen komplexe digitale Systeme zur Verfügung stellen und laufend weiterentwickeln. Gleichzeitig bieten Festpreise, wie es sie in der E-Mobilität sehr häufig gibt, deutliche Vorteile. Damit können Sie Ihre Fahrtkosten vorab einschätzen und haben jederzeit volle Kostentransparenz. In unseren Kundenbefragungen sehen wir, dass für die meisten Laden zur Normalität geworden ist. Die Säulen funktionieren einfach. Sie funktionieren sogar so gut, dass wir viel positives Feedback erhalten. Kurz: Der elektrische Ladestopp ist im Alltag etwas Selbstverständliches geworden.

(cgl)