"Far Cry" wird 20: Cryteks großer Wurf

Vor 20 Jahren gelang Crytek mit "Far Cry" ein wegweisender Hit. Die heutigen Nachfolger haben damit abseits des Namens nicht mehr viel zu tun.

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Screenshot aus "Far Cry"

Mit Schusswaffen auf der Tropeninsel: "Far Cry" von Crytek prägte sowohl Ubisofts Spielereihe als auch die "Crysis"-Spiele.

(Bild: Ubisoft)

Lesezeit: 5 Min.

Ein echter Spiele-Blockbuster aus Deutschland: Der Shooter "Far Cry", Auftaktspiel des damals noch in Coburg ansässigen Studios Crytek, hat bei gleich mehreren Spielefirmen ein großes Vermächtnis hinterlassen. 20 Jahre nach dem Release feiert Publisher Ubisoft das Jubiläum der "Far Cry"-Reihe, die sich zu einem der verlässlichsten Goldesel der Franzosen entwickelt hat. Doch der erste Teil der Reihe hat mit den neueren Spielen nicht mehr viel zu tun – er inspirierte vielmehr die "Crysis"-Spiele, die in den folgenden Jahren Geld in die Kassen von Electronic Arts spülten.

c't-Test von "Far Cry": Gelobt wurde 2004 die Intelligenz der Gegner, während Technik und die Story weniger gut wegkamen.

(Bild: c't)

Am 23. März 2004 erscheint "Far Cry" in Nordamerika, wenige Tage später in Europa. Damals gab es nur die PC-Fassung, eine portierte Konsolenversion kam erst zehn Jahre später. Das erste Spiel von Crytek sah für damalige Verhältnisse großartig aus: Es ist der erste Titel auf Basis der CryEngine, die vor allem mit den späteren Crytek-Spielen ebenso berühmt für ihre grandiose Grafik wie berüchtigt für ihre hohen Systemanforderungen wurde. Schon für "Far Cry" brauchte es eine CPU mit 3 GHz, 1 GByte Arbeitsspeicher und eine Grafikkarte mit fast schon frechen 256 MByte VRAM, um die Grafik in ihren Maximaleinstellungen zu genießen.

Spielerisch tanzt "Far Cry" aus der Reihe: Anstelle der großen, offenen Spielwelt der späteren Teile ist Teil 1 missionsbasiert. In den einzelnen Levels gibt es zwar Bewegungsfreiheiten, der Spielablauf ist aber grundlegend linear gestaltet. Wo man sich in späteren Serieanblegern regelmäßig mit Despoten anlegt, bekommt man es in "Far Cry" mit dem durchgeknallten Wissenschaftler Dr. Krieger zu tun. Und anstelle von Milizen bekämpft man in "Far Cry" auch Mutantenwesen.

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Schon an "Far Cry 2" war Crytek nicht mehr direkt beteiligt. Ubisoft schnappte sich die CryEngine, bastelte sie zu ihrer Dunia-Engine um und ließ seine Montreal-Abteilung losentwickeln. Heraus kam ein Shooter, der mit seiner offenen Spielwelt schon eher an die heutigen Ableger erinnert als der erste Teil. Mit Teil 3 hat Ubisoft die Blaupause für sein Open-World-Schema dann so richtig ausformuliert – und zieht das bis zum jüngsten Ableger "Far Cry 6" gnadenlos durch. Die Reihe "Far Cry" steht heute für Berechenbarkeit, für erklimmbare Türme, große Spielwelten und einen Haufen Fleißarbeiten, die zu Dutzenden die Spielkarte bevölkern. Wer eines der neuen "Far Cry"-Spiele kauft, weiß, was er bekommt. Wer nachträglich Teil 1 spielt, dürfte entsprechend überrascht sein.

Die Anleihen aus dem ersten "Far Cry" sind heute vorrangig technischer Natur: Bis "Far Cry 6" wurde die Spielereihe im CryEngine-Fork Dunia entwickelt. Ob auch "Far Cry 7" noch mit Dunia laufen wird, bleibt abzuwarten. Ubisoft hat mit der hauseigenen Snowdrop-Engine mittlerweile eine starke Alternative an Bord, die Dunia perspektivisch auch in "Far Cry" ablösen soll.

Während Ubisoft die Engine und die Marke "Far Cry" behalten durfte, bewahrte Crytek seine Ideen. 2006 zog das Studio von Coburg nach Frankfurt und schloss eine Partnerschaft mit Electronic Arts. "Crysis" spielt sich wie eine inoffizielle Fortsetzung von "Far Cry": Erneut verschlägt es Spieler auf eine Tropeninsel, dieses Mal bekämpfen sie aber Aliens statt Mutanten. "Crysis" und seine Nachfolger waren über Jahre das Aushängeschild von EA und der deutschen Spielebranche. Sie galten als Maß der Dinge, was Videospielgrafik auf Konsolen und insbesondere auf PCs anging.

Getrieben vom "Crysis"-Erfolg expandierte Crytek – in die Türkei, in die USA, ins Vereinigte Königreich, nach Bulgarien, nach Ungarn, sogar nach Südkorea und China. Ab 2014 rutschte das Studio in finanzielle Schwierigkeiten und musste in den folgenden Jahren die meisten seiner internationalen Ableger schließen. Anstelle marktführender Blockbuster-Spiele brachte Crytek seitdem nur noch das Jagdspiel "Hunt Showdown" und ein paar VR-Titel hervor.

In den vergangenen Jahren versuchte das Studio, sich mit Remasters der "Crysis"-Spiele über Wasser zu halten. Die guten, alten Zeiten sollten richten, was in der Gegenwart nicht mehr so ganz klappen wollte. Möglicherweise gibt es Licht am Ende des Tunnels: 2022 kündigte Crytek "Crysis 4" an. Seitdem war es um den neuen Serienableger still. Immerhin bestätigte Crytek Ende 2023, dass das Spiel tatsächlich noch in Arbeit ist.

Mit "Far Cry" gelang Crytek einst ein Meisterstück, das die Branche bis heute prägt. Um an frühere Glanzzeiten anzuknüpfen, bräuchte Crytek einen weiteren Volltreffer. Um die Zukunft der "Far Cry"-Reihe braucht man sich derweil keine Sorgen machen: Teil 7 kommt bestimmt.

(dahe)