Alles was auf Mastodon fehlt: Firefish im Fediverse mit zig Zusatzfunktionen

Die Zahl der Twitter-Alternativen wächst und wächst. Während die meisten das Vorbild ziemlich stark nachbauen, gibt es aber auch Versuche, weiterzudenken.

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Screenshot der Startseite von joinfirefish.org

(Bild: joinfirefish.org)

Lesezeit: 4 Min.

(This article is also available in English)

Elon Musks Übernahme von Twitter hat zwar vor allem Mastodon ein kräftiges Wachstum beschert, aber im Fediverse gibt es noch viel mehr Software, um sich zu vernetzen. Zu den aktuell spannendsten zählt der Mikroblogging-Dienst Firefish (vormals Calckey), der sich von Mastodon mit vielen nützlichen Zusatzfunktionen abhebt. Dazu gehören Werkzeuge, deren Fehlen Neuankömmlinge von Twitter auf Mastodon seit Monaten beklagen. Benutzt man die erst seit einem Jahr von einem Kernteam aus etwa fünf Personen entwickelte Software, erscheint sie nicht nur auffallend fertig, sondern zeigt auch auf, wohin sich Mikroblogging entwickeln könnte, wenn man sich vom ewigen Vorbild Twitter löst.

Firefish ist ein Fork der vor allem in Japan beliebten Mikroblogging-Software Misskey. Wie alle Teile des Fediverse versteht die Software ActivityPub, man kann sich also von dort mit Accounts auf Mastodon vernetzen, deren Beiträge teilen und kommentieren. Wie bei Mastodon besteht das Netzwerk von Firefish aus – gegenwärtig einigen hundert – Servern, auf denen aber bislang nur wenige Tausend Nutzer und Nutzerinnen aktiv sind. Wegen der Funktionsvielfalt und der unzähligen Einstellungsmöglichkeiten erscheint der Einstieg herausfordernd. Viel muss man aber nicht wissen, um gleich loszulegen. Je besser man sich auskennt, desto mehr lernt man die vielen und teilweise auch versteckten Funktionen zu schätzen.

Neuankömmlinge von Mastodon werden auf Firefish vor allem die deutlich hilfreichere Suche bemerken. Die durchsucht das ganze Fediverse und liefert damit zu den gängigen Stichwörtern viel mehr Ergebnisse. Auch Accounts werden im ganzen Fediverse gefunden. Wie auf Mastodon kann man auf Firefish außerdem Hashtags abonnieren. Hier sind auch Kombinationen möglich, Begriffe können obendrein ausgeschlossen werden. Damit lassen sich ganz gezielt Beiträge im Fediverse finden, die jeweils von Interesse sind. Hat man die entdeckt, kann man sie nicht nur teilen und liken, Firefish unterstützt Reaktionen in Emojis. Zudem gibt es die auf Mastodon so leidenschaftlich vermissten zitierten Beiträge.

Firefish (8 Bilder)

Links eine angepasste Navigationsleiste, rechts ein Blick auf eine Timeline

Damit liefert Firefish nicht nur Funktionen, die auf der Twitter-Alternative der Stunde fehlen. Die Startseite kann auch in einem Maß angepasst werden, wie man es von keinem sozialen Netzwerk kennt. Eine Ansicht mit mehreren Spalten (Vorbild Tweetdeck) ist da noch ziemlich üblich – auch wenn die Spalten viel stärker individualisiert werden können. Verändern lässt sich aber auch, welche Werkzeuge in welcher Reihenfolge in der Navigationsleiste zu sehen sind, auf der gegenüberliegenden ist Platz für Widgets. Die kann man sogar mit eigenen Anzeigen bestücken. Und wenn das noch nicht reicht, kann man die gesamte Ansicht mit eigenen CSS-Schnipseln weiter anpassen. Und dann gibt es MFM, eine Auszeichnungssprache für Animationen direkt in den Beiträgen.

Ausprobieren lässt sich das auf einem der mehr als 400 Firefish-Server, auf joinfirefish.org gibt es Liste. Alle sind untereinander, aber auch mit Mastodon und anderen Teilen des Fediverse verbunden. Wer will, kann einen Account von Mastodon umziehen und die Follower mitnehmen. Aktuell ächzen die Server aber mal wieder unter der Last, vor allem wenn es zu Wellen an Neuregistrierungen kommt, wie am vergangenen Wochenende. Was bisher fehlt, ist eine größere Auswahl an Apps, die beliebte Mastodon-Anwendung Fedilab versteht aber auch Firefish. Außerdem lässt sich aus der Website eine PWA generieren. Firefish wird ständig weiter entwickelt, andauernd gibt es Updates. Bald soll zudem eine Roadmap folgen. Insgesamt zeigt die Software, was möglich ist, wenn man sich vom Beispiel Twitter löst.

Update

Zwei Wochen nach der Veröffentlichung des Artikels wurde Calckey jetzt in Firefish umbenannt, der Name wurde deshalb an allen Stellen getauscht.

(mho)