Modellierung: Deutsche Geothermie könnte große Lithium-Quelle werden

Wo sollen die Rohstoffe für Elektroautos und Pufferspeicher für nachhaltige Energien herkommen? Karlsruher Forscher sehen große Quellen direkt in Deutschland.

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Solebecken zur Gewinnung von Lithiumcarbonat in der Wüste des US-Bundesstaats Nevada.

Lithium-Gewinnung – hier in der Wüste Nevadas.

(Bild: Neil Lockhart/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Die meisten modernen Akkus bestehen zu großen Teilen aus Lithium – ein Material, das unter nicht unumstrittenen Bedingungen in Chile und anderen Ländern der Dritten Welt, in Australien oder in China gewonnen wird. Zwar gibt es Versuche, auch Quellen im Meer oder an verschiedenen europäischen Standorten anzuzapfen, die nachhaltiger sein sollen, doch kommen Forschung und Unternehmen hier nur schleppend voran.

Ein Team am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat nun eine andere Idee entwickelt: Bestehende Ressourcen sollen angezapft werden. Bislang war allerdings unklar, ob die Mengen tatsächlich ausreichen. Nun gibt es erstmals eine Modellierung dafür. Sie kommt zu dem Schluss, dass nachhaltiges Lithium "für viele Jahrzehnte" gefördert werden könnte – zuverlässig und vergleichsweise kostengünstig, ohne dass die Rohstoffquelle versiegt.

Dazu müssten nicht einmal neue Bohrungen vorgenommen werden: "Theoretisch könnten bestehende Geothermiekraftwerke im Oberrheingraben und im Norddeutschen Becken zwischen zwei und zwölf Prozent des jährlichen Lithiumbedarfs in Deutschland decken", so Geothermie-Experte Valentin Goldberg vom Institut für Angewandte Geowissenschaften am KIT. "Nach unseren Erkenntnissen ist ein Abbau mit geringen Umweltkosten über viele Jahre möglich." Das für die Studie entwickelte Modell beschreibt derzeit nur eine mögliche Lithiumförderung im Oberrheingraben. "Die Parameter sind aber so gewählt, dass sie sich auch auf andere Kluftsysteme übertragen lassen." Heißt: Es gebe durchaus noch weitere Standorte.

Dazu wurde eine umfangreiche Datenanalyse vorgenommen, die zeigt, dass die Entnahme von Geothermie-Wasser und die Entnahme des enthaltenen Lithiums die Quellen erstaunlich wenig stört. Die Lithiumkonzentration in der Förderbohrung nehme im ersten Drittel des Betrachtungszeitraums von 30 Jahren durch Verdünnung mit dem zurückgeführten Wasser nämlich nur um zwischen 30 und 50 Prozent ab. Noch besser: Danach wird die Lithiumkonzentration wieder konstant. Denn Tiefenwasser aus anderen Richtungen fließe laufend nach.

Hinzu kommt, dass neue Geothermiekraftwerke – wie sie auch im Rahmen der Energiewende geplant sind – mehr Lithium liefern könnten. Goldbergs Chef Thomas Kohl, Professor für Geothermie und Leiter des Projekts, meint, die Studie zeige, dass "ein einziges Kraftwerk im Oberrheingraben zusätzlich bis zu drei Prozent des jährlichen deutschen Lithiumbedarfs decken könnte". Aktuell arbeitet sein Team an der praktischen Umsetzung. In einer Studie im Journal Desalination zeigten sie, wie man die Rohstoffextraktion unter Realbedingungen vornimmt. Was nun fehlt, ist die Hochskalierung. Hinzu kommt: In einer früheren Publikation waren Goldberg & Co. weniger optimistisch – insbesondere mit Blick auf den Zeithorizont.

(bsc)