Spielejahr 2022: Ein Blick in die Glaskugel

Spektakuläre Blockbuster und neue Geschäftsmodelle – 2022 wird die Spielewelt nachhaltig verändern. Wir wagen einen Blick in die Zukunft.

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(Bild: Bethesda)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Andreas Müller
Inhaltsverzeichnis

2021 hielten die groß angekündigte Next-Gen-Konsolen von Sony und Microsoft die Welt in Atem, aber schnell ging allen die Luft aus: Corona und Chipmangel führten zu enormen Lieferschwierigkeiten, die bis heute anhalten. Bisher sind gerade mal eine Handvoll "echter" Next-Gen-Titel erschienen. 2022 müssen PS5 und Xbox Series X nun endlich im doppelten Sinn liefern. Eine gute Ausgangslage für ein spannendes Spielejahr.

Sony tritt mit rund 13 Millionen verkaufter PS5s und einer Reihe spektakulärer Blockbuster gegen ein flexibles "Xbox"-Ökosystem von Microsoft an, das vor allem mit dem günstigen Game Pass und dem Einkauf des Rollenspielgiganten Bethesda Spieler und Spielerinnen an sich binden will. Die neue Xbox Series bildet da nur einen kleinen Teil im Gesamtkonzept. Damit ist Microsoft etwas flexibler aufgestellt als Sony, das weiterhin vorrangig auf die fast unerreichte Qualität seiner Exklusivtitel setzt. Es zeichnet sich ab, dass auch Sony sich breiter aufstellen will: Das Unternehmen arbeitet Berichten zufolge an einem Game-Pass-Pendant, offiziell ist das aber noch nicht. Sony hat dagegen das neue Virtual Reality Set "VR2" in der Hinterhand – in einem Markt, den Microsoft bisher weitgehend ignoriert.

Nintendo-Fans können sich den Konkurrenzkampf aus der Ferne ansehen. Die Spiele und die Hardware von Nintendo sind eine Welt für sich, fernab der technischen Ambitionen der neuen Xbox- und Playstation-Konsolen. Dennoch halten sich hartnäckig Gerüchte, dass 2022 eine neue Switch erscheinen wird, die zumindest am Fernseher 4K-tauglich ist. Spielerisch ist von Nintendo ähnliches zu erwarten wie von Sony: Hege und Pflege klassischer Marken wie mit "Zelda: Breath of the Wild 2", die den Ruf von Nintendo als Bewahrer alter Traditionen aufrechterhalten.

PC-Spielerinnen und -Spieler werden sich derweil auch 2022 noch um halbwegs spieletaugliche Grafikkarten reißen, die schon 2021 allerhöchstens zu Mondpreisen zu bekommen waren. Gespannt werden sie auch auf das "Steam Deck" blicken. Hersteller Valve verspricht die Leistung eines Mittelklasse-PCs für unterwegs. Um den Flop der Steam Machines vergessen zu machen, muss Valve allerdings für ausreichende Kompatibilität der umfangreichen Steam-Bibliothek sorgen. Das Steam Deck ist das bisher ambitionierteste Bemühen eines großen Herstellers, PC-Gaming mobil zu machen – Erfolg oder Misserfolg dürften wegweisend sein.

2022 wird gespickt sein mit großen Blockbustertiteln, vielen Hoffnungen und Versprechungen. Sonys Vorzeigetitel "Horizon: Forbidden West", "God of War: Ragnarök" und "Gran Turismo 7" werden sich wohl auf altbewährte spielerische Tugenden und die Demonstration der technischen Möglichkeiten der PS5 konzentrieren. Das Entwicklungsstudio Guerilla Games verspricht für "Forbidden West" im Vergleich zum ersten Teil "Zero Dawn" einen größeren Umfang und überarbeitete Spielmechaniken. Ob sich dadurch das reißbrettartige Open-World-Spieldesign geändert hat, muss abgewartet werden. Eine erste Gameplay-Demo ließ zumindest erahnen, wozu das Spiel technisch und visuell in der Lage ist.

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"Elden Ring", "Dying Light 2" und "Stalker 2: Heart of Chernobyl" werden vor allem Hardcorefans abseits des Mainstreams ansprechen. Während From Softwares Soulsborne "Elden Ring" die bewährten hammerharten Kämpfe mit einer Geschichte von "Game of Thrones"-Autor George. R. R. Martin verknüpft, ist "Stalker 2" von GSC Game World so etwas wie eine Packung Schokoladenpralinen: Man weiß nicht, was man bekommt. Es könnte ein fantastisches Rollenspiel oder ein total verbuggtes Desaster werden. Das Survival-Horror-RPG "Dying Light 2" von Techland zieht schon im Vorfeld in die ewig währende Schlacht zwischen Videospielindustrie und deutschem Jugendschutz: Die USK verweigerte dem Spiel die Altersfreigabe, deshalb wird das Spiel in Deutschland nur geschnitten erscheinen. Vielleicht waren der USK die angepriesenen oder – wie man es nimmt – angedrohten 500 Spielstunden auch einfach zu viel des Guten.

Wer es etwas kleiner will, darf sich auf ein paar schöne neue Indie-Games freuen. Das Action-RPG "Weird West" von WolfEye entführt Spieler und Spielerinnen in eine alternative Realität des Wilden Westens. Statt gegen Revolverhelden oder Gangster geht es im Stil von "Diablo" gegen Vampire und andere Monster. Im Third-Person-Action-Brawler "Sifu" von Sloclap steht ein Kung-Fu-Kämpfer im Mittelpunkt, der sich an den Mördern seiner Familie rächen will. Der Kniff: Mit jedem Tod altert der Held, wird aber gleichzeitig zum erfahrenen Martial-Arts-Meister. Allerdings müssen Spieler und Spielerinnen aufpassen, dass er nicht an Altersschwäche stirbt.

Aus deutschen Landen will das Kult-Entwicklungsstudio Piranha Bytes zeigen, dass sie bei "Elex 2" aus den Fehlern des ersten Teils gelernt haben. Wieder geht es in eine postapokalyptische Zukunft, in der verschiedene Fraktionen um die Macht kämpfen und die Moral eine große Rolle spielt. Natürlich darf das aus dem ersten Teil bekannte Jetpack nicht fehlen, mit dem man jetzt sogar richtig fliegen kann. Daedalic wagt sich mit "Lord of The Rings: Gollum" auf unbekanntes Terrain. Die Point'n Click-Profis schicken in ihrem ersten Stealth-Abenteuer Tolkiens Antihelden auf abenteuerliche Reise durch Mittelerde. Dabei sollen Gollums unterschiedliche Charakterzüge zwischen ihm und seinem Alter Ego Smeagol zum Tragen kommen.

Aus Frankreich kommt dagegen "A Plaque Tale: Requiem" von Asobo. Es erzählt die Geschichte der Geschwister Amicia und Hugo aus dem Vorgänger "Innocence" weiter. Im rattenverseuchten Mittelalter müssen sich beide im Action-Adventure-Stil vor dunklen Mächten schützen. Hoffentlich kann Asobo da weitermachen, wo der Vorgänger aufhörte: "Innocence" war 2019 eine der größten Spieleüberraschungen des Jahres und punktete vor allem mit Story und Szenario. Wer es ähnlich düster mag, sollte ein Auge auf das Playstation-exklusive "Ghostwire Tokyo" von Tango Gameworks werfen. Die "Evil Within"-Macher zeigen ein Tokyo, in dem Geister und Dämonen die Stadt übernommen haben. Über Story und Spiel ist noch wenig bekannt. Der kreative Kopf Shinji Mikami ("Resident Evil") bürgt aber für Spannung und Schockmomente.

Während Sony seine Marken pflegt, Microsoft in Lauerstellung liegt und eine Handvoll Indie-Spiele ihre Ideale hochhalten, werkeln Publisher wie Electronic Arts und Ubisoft an der gewinnbringenden Zukunft ihres Geschäftsmodells. Nach Aussagen der Chefetage planen beide Publisher Spiele mit sogenannten Non-Fungible-Tokens. Bei diesen NFTs handelt es sich um einzigartige Sammelgegenstände, die über eine Blockchain abgesichert sind. Ubisoft hat mit solchen NFTs schon experimentiert, auch Konami und Square Enix haben Pläne. Wie unbeliebt NFTs in der Community sind, zeigt der Fall von "Stalker 2": Das Fan-Feedback auf eine NFT-Ankündigung war so negativ, dass Entwickler GSC Game World seine Pläne wieder einstampfte. 2022 wird entscheiden, ob der Protest aus der Community ausreicht, um Entwicklerstudios und Publishern ihre lukrativen NFT-Fantasien nachhaltig auszutreiben. Wenn nicht, dann könnten Non-Fungible-Token die Branche auf lange Sicht prägen.

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Ein weiterer richtungsweisender Meilenstein steht am Ende des Jahres mit dem Release von Bethesdas SF-Action-RPG "Starfield" an. Microsoft hat 2021 7,5 Milliarden für Bethesda bzw. den Mutterkonzern Zenimax hingeblättert, um sich die Exklusivrechte an Millionenhits wie "Skyrim" oder "Fallout" zu sichern. "Starfield" ist seit Jahrzehnten die erste neue Rollenspielmarke des Entwicklungsstudios und weckt große Erwartungen. Besitzer älterer Konsolen gehen leer aus – "Starfield" erscheint exklusiv für die Xbox Series und PC. Abgesehen von einem nichtssagenden Teaser ist bisher aber kaum etwas über das Spiel bekannt. Wird es ein "Fallout" im Weltraum oder eine Space Opera wie "Mass Effect"? Bethesda wird sich mächtig anstrengen müssen, um den immensen Erwartungen gerecht zu werden – eine Verschiebung des Release-Termins ist nicht ausgeschlossen.

Ob aufwendige Blockbuster, Spieleabos oder neue Geschäftsmodelle – in 2022 wird in der Spielewelt einiges passieren. Sony wird sich mit einem Spektakelfeuerwerk in die Herzen der Fans spielen, während sich Microsoft vorwiegend auf den Game Pass und die Milliardeninvestition Bethesda verlässt. Nintendo hält sich bedeckt, könnte aber mit neuer Hardware die Konkurrenz überraschen. Das Steam Deck wird den Markt aufmischen – vorausgesetzt, Valve hat den Mund nicht zu voll genommen und kann trotz Chipmangel in ausreichenden Mengen liefern. Im Hintergrund lauert Cloud-Gaming: Wird die Hardware-Liefermisere dem Stiefkind der Branche einen Auftrieb verleihen? 2022 verspricht, ein spannendes und wegweisendes Jahr für die Spielebranche zu werden.

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(dahe)