Zahlen, bitte! Der Wilhelmsschrei – Meistgehörter Todeslaut der Popkultur

Der zweisekündige Wilhelmsschrei war zunächst nur ein Laut einer Filmtonsammlung, entwickelte sich später zum Kult. Star Wars hat einen großen Anteil daran.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 14 Kommentare lesen
Lesezeit: 6 Min.
Inhaltsverzeichnis

Auch wer vom Wilhelmsschrei noch nie etwas gelesen hat, wird ihn kennen – es sei denn, man hat die letzten Jahrzehnte keine Blockbuster-Kinofilme wie Star Wars oder Indiana Jones geschaut. Es ist ein zweisekündiger "Aaaaaaaargh!"-Schrei, der oftmals in Szenen eingespielt wird, wenn jemand weit fällt oder auf andere Art das Leben lautstark aushaucht.

Von einem einfachen zweisekündigen Sound in einer Tondatenbank mauserte sich der Wilhelmsschrei zu einem der wohl meistgenutzten Samples der Filmgeschichte. Mit dem ersten Teil der Star-Wars-Saga entwickelte sich der Ton zum letzten Schrei der Tonmacher und Running Gag unzähliger Filme und Filmreihen wie eben Star Wars sowie Indiana Jones, Herr der Ringe oder Batman. Doch nicht nur dort.

Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Ursprünglich wurde der Ton im Jahr 1951 aufgenommen für den Film "Die Teufelsbrigade" (Distant Drums) mit Gary Cooper in der Hauptrolle. Die Sounddesigner suchten nach einem markerschütternden Schrei eines Mannes, der von einem Alligator gefressen wird. Speziell dafür fertigte man im Tonstudio mehrere Schreie an. Erst nach mehreren Versuchen und der Korrektur durch den Regisseur, nicht "Auuu" zu rufen, sondern zu schreien, war die Aufnahme im Kasten. Der Schrei wurde gleich mehrfach in dem Film verarbeitet.

Obwohl der Schrei im Zusammenhang mit einem hungrigen Alligator geschaffen wurde, erhielt er den Namen Wilhelmsschrei durch Verwendung in dem Film "Der brennende Pfeil" (Charge at Feather River) aus dem Jahr 1953. Darin wird einem Private mit dem Namen Wilhelm von Indianern ein Pfeil in den Oberschenkel geschossen, was ihn zu dem Schrei veranlasst. Genau wie im ersten Film wurde hier der Schrei auch gleich dreimal verwendet.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes YouTube-Video (Google Ireland Limited) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Google Ireland Limited) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Der Schrei wanderte als "man getting bit by an alligator and he screams" in eine Filmton-Bibliothek von Warner und kam in einer Handvoll Filmen zum Einsatz, zumeist in Western. Dem Sound-Designer Ben Burtt gefiel 1977 der markante Schrei. Er arbeitete gerade an der Soundkulisse des ersten Teils der Star-Wars-Reihe. Er baute den Schrei in die Szene ein, in der Luke Skywalker und Prinzessin Leia in einer Plattform gefangen sind, da die Tür blockiert ist, und sie von Stormtroopern aus einer gegenüberliegenden Plattform einer höheren Etage beschossen werden. Luke schießt zurück, trifft einen, und der Stormtrooper segelt mit dem markanten, markerschütternden Schrei hinab in die Tiefe.

Der Riesenerfolg von Star Wars brachte auch den Kult um den Wilhelmsschrei in Fahrt. Bis einschließlich Rogue One fand der Schrei immer seinen Platz in den Star-Wars-Filmen bis 2015. Selbst im berühmt-berüchtigten Star Wars Holiday Special wurde er platziert. Tontechniker machten sich auch abseits der Abenteuer um Luke Skywalker einen Spaß daraus, den Schrei in allen möglichen Filmen zu platzieren. In 300 war er zu hören, wie auch in Kill Bill, Batman Returns oder Indiana Jones. Insgesamt zählt die Filmdatenbank IMDB Anfang 2024 fast 400 Filme mit Bezug zum Wilhelmsschrei. Toy Story schaffte den nerdigen Doppelpack: Sowohl der Wilhelmsschrei als auch die A113-Anspielung um die berühmteste Türnummer der Filmgeschichte hielten Einzug in den 3D-Animationsfilm.

Zumeist wurde ein qualitativ schlechter Mitschnitt verwendet. Erst 2023 wurde die Original-Aufnahme in einer Sammlung Tonbänder der Hollywood-Firma Sunset Editorial entdeckt, die von 1964 bis 1987 TV-Soundeffekte erstellte und dabei auf einen großen Fundus an Originalsounds zurückgreifen konnte. Audioingenieur Craig Smith stellte die gesamte Aufnahme ungeschnitten ins Netz.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes YouTube-Video (Google Ireland Limited) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Google Ireland Limited) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Daneben verbreitete sich der markante Schrei auch in Serien wie Simpsons, Futurama oder auch in Computerspielen wie God of War, Halo, Red Dead Redemption oder Grand Theft Auto. Als erstes Spiel mit Wilhelmsschrei gilt – wie soll's auch anders sein – ein Spiel aus dem Jedi-Universum: In Star Wars Rebel Assault II von 1995 ist wohl erstmalig der Schrei in der Spielewelt erklungen. Auch in der Musik kam er an: Die Hardcore-Band A Wilhelm Scream benannte sich nach dem Schrei. Der britische Singer-Songwriter James Blake nannte einen Song "The Wilhelm Scream".

Doch wer hat denn da geschrien? Das konnte leider bis heute nicht zweifelsfrei geklärt werden, da die an der Entstehung beteiligten Personen mittlerweile verstorben sind. Am wahrscheinlichsten ist der Schauspieler und Country-Sänger Sheb Wooley, der auch im Entstehungsfilm mitwirkte. Er starb bereits 2003.

Seine Witwe Linda Dotson Wooley sieht den Wirbel wohl mit gemischten Gefühlen: 2009 stand sie laut Spiegel noch positiv zum Hype um den Wilhelmsschrei ihres Mannes: "Er hat oft gescherzt, wie gut er in Filmen schreien und sterben konnte. Das hätte ihn sehr gefreut. Er hätte gesagt: 'Ich bin vielleicht alt, aber ich bin immer noch im Kino'" Die inflationäre Verwendung des Schreis, bedrückte sie allerdings mit der Zeit, da sie kaum einen relevanten Film ohne den schrillen Schrei ihres Mannes sehen konnte. In einer Canal+-Dokumentation bat sie 2014 darum, dass Steven Spielberg, George Lucas und Bret Burtt doch bitte andere Schreie in ihren Filmen einbauen mögen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes YouTube-Video (Google Ireland Limited) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Google Ireland Limited) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Das erklärt womöglich, dass Die Star-Wars-Macher den Wilhelmsschrei 2015 vorerst in Rente geschickt haben – Star Wars Rogue One war der letzte Film mit Beteiligung des ikonischen Todesschreis. Es gibt ja Star-Wars-Fans, die die darauffolgenden Teile für die Schwächsten der Reihe halten. Vielleicht hat das damit zu tun.

Wie dem auch sei: Wenn Sie den Wilhelmsschrei noch nicht kennen, werden Sie sich beim nächsten Kinobesuch möglicherweise an das heutige Zahlen, bitte! erinnern – um den letzten Schrei der Filmgeschichte.

(mawi)