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Was war. Was wird. Mit der Lizenz zum Plappern und Raten.

Kulturelle Aneignung? Linker Spießer? Zensur, Zensur! Hal Faber rätselt nicht nur, was sich angebliche Freunde der Meinungsfreiheit an den Kopf werfen.

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Was war. Was wird. Mit der Lizenz zum Plappern und Raten.

"Hey, Du linker Zensur-Spießer!" "Selber Spießer, Du reaktionärer Rassist!" So manche aktuelle Debatte wird doch arg aus der jeweiligen Froschperspektive geführt, intellektuelle Berühmtheit hin, betroffene Identität her. Da wundert sich nicht nur Flauberts Frosch.

(Bild: Kurit afshen / Shutterstock.com)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Hal Faber

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

*** Sommer, Sonne und Sammy, der kleine Kaiman im Baggerloch. Die Erde ist keine Scheibe, war aber mal eine: Bevor die Geschwindigkeit der Downloads im Netz zu erträglichen Ladezeiten führten, war die CD-ROM von 1987 bis 1997 ein wichtiger Distributionskanal. Mit der CD kam "Multimedia" in die Personal Computer, unter Windows-Büchsen wie bei den Macs. Heute werden 10 DVDs online durch 20.000 Blu-ray-Discs ergänzt, eine Datenmenge, die mit CDs nicht handhabbar wäre. Das kleine Sommerrätsel endet darum in der Sparte Software mit einer CD-Raterunde, wie hier in Frage 0. Wir sehen eine CD mit Zugangssoftware für "Das Netz". Klar ist das Internet gemeint, doch um welches besondere Netz handelt es sich?

Zu Frage 0 ...

*** Das Bundesverfassungsgericht hat ein sommerlich beschwingt heiteres Urteil gefällt, die üblichen Verdächtigen haben ihren Senf dazu gegeben: Die Abfrage von Bestandsdaten bei Providern ist zulässig, soll aber nur für schwere Straftaten gelten und nicht bereits bei Ordnungswidrigkeiten greifen. In der aktuellen Form sind die entsprechenden Gesetze, aber auch das künftige Gesetz zur Hasskriminalität verfassungswidrig und müssen bis 2021 überarbeitet werden. Ob der Gesetzgeber das fachlich schafft, darf bezweifelt werden, deshalb gibt es bereits hübsche, immer wieder verwendbare Musterkommentare. Andere Kommentare versteigen sich dazu, in der Entscheidung eine Lappalie, gewissermaßen eine kleine Mängelrüge zu sehen, mit dem Hinweis, das in Karlsruhe nicht einmal eine mündliche Verhandlung stattfand. Nun müssen genaue "Eingriffsschwellen" her, damit Abfragen "ins Blaue hinein" unterbunden werden. Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang Kommentare, die bereits den Untergang des Abendlandes kommen sehen. Da ist die Rede von einer Lizenz zum Plündern, wenn die IP-Adresse nicht mal eben auf die Schnelle abgefragt werden kann. Die Rede ist hier vom EuGH-Urteil, nach dem Youtube nur die Postanschrift herausgeben muss. So platt kann man es kommentieren, wenn angeblich das Urheberrecht zertrümmert wird.

Also dann, von wegen Urheberrecht, hier Frage 1: Dieser dezente Hinweis auf das geistige Eigentum zierte welche früh erschienene Daten-CD?

Zu Frage 1 ...

Ach ja, Copyright, also Frage 2: Was vertrieb Microsoft denn da unter seinem Copyright?

Zu Frage 2 ...

*** In einem weiteren und viel weitreichenderen Urteil des EuGH ist in dieser Woche der "Privacy Shield" zertrümmert worden, weil durch die Überwachungsprogramme der USA der Schutz persönlicher Daten gefährdet ist. Die Entscheidung des Gerichtes wurde durch Vorlage der Fragen des irischen High Court ermöglicht. Dieser wollte wissen, ob die Datenübermittlung in die USA die EU-Grundrechtecharta verletzt. Deshalb sei die Irish Times zitiert, die in einem Kommentar das Urteil in den historischen Kontext der Entüllungen von Edward Snowden stellt. "Momentously, they ruled invalid the Privacy Shield, a data transfer agreement between the United States and European Union, primarily due to concerns about opaque US state surveillance powers first disclosed by whistleblower Edward Snowden in 2013. The decision will affect thousands of organisations that transfer data as an everyday part of doing business."

Okay, das können wir nicht beantworten, welche Auswirkungen das hat, aber die Leser vielleicht Frage 3: Wir sehen eine CD zu einer Inauguration im Januar 1989. Was enthielt sie?

Zu Frage 3 ...

Dem schließt sich, ohne inneren Zusammenhang, Frage 4 an: Mit diesem CD-Logo aus dem Jahre 1991 wird welche Firma gesucht?

Zu Frage 4 ...

*** Die Expropriation der Expropriateure ist Schnee von gestern. Das Sommerlochthema abseits von Corona und der Maskenpflicht ist das der kulturellen Aneignung, englisch cultural appropriation. Auf einmal ist es schwer verdächtig, wenn ein Mann über eine Frau schreibt oder ein Schwarzer aus dem Blickwinkel eines Weißen. Kritisiert wird ein Mann wie Jeffrey Eugenides, der mit Middlesex vor 17 Jahren einen der ersten (preisgekrönten) Romane über einen Transsexuellen geschrieben hat. Heute wäre das wegen der kulturellen Aneignung ein Skandal, heute würde Eugenides einen solchen Roman nicht mehr schreiben. So verwundert es nicht, wenn Eugenides einer der 153 Unterzeichner des offenen Briefes im Harper's Magazine ist, der von Thomas Chatterton Williams verfasst wurde. In Deutschland wird aus dem offenen Brief eine Diatribe gegen linke Spießer, die bestenfalls Memes und Twitterbotschaften lesen. Was dabei herauskommt, klingt genau wie die konservative Kolumnistin und Briefunterzeichnerin Bari Weiss, die klagte, dass Twitter der "alles entscheidende Redakteur" bei der New York Times geworden sei. Verbiestert sind sie, die Appropriateure der jeweils anderen Meinung. Was würde der unparteiliche Erzähler Gustave Flaubert dazu sagen? Madame Bovary, das bin ich – jedenfalls nicht. Auch Flauberts Frosch dürfte die Spucke wegbleiben.

Zu Frage 5 ...

Das ergibt logisch Frage 5, im Bild rechts: Die Welt der Menschen wird aus der Perspektive eines Frosches erklärt. Wie nannte man das?

Zu Frage 6 ...

Nichts für Frösche möchte Frage 6 wissen: So wie im Bild links konnte man sich 1995 per CD über das Internet informieren, gekratzt vom meistbeschäftigten FTP-Server der Welt. Wie hieß die Firma?

*** In diesen Tagen konnte man lernen, dass die Polizei in Hessen ihre Arbeitsplatzrechner so konfiguriert hat, dass der Sperrbildschirm erst nach 10 Minuten aktiv wird und einen Nutzer ausloggt. Dieses Zeitfenster ist jetzt auf drei Minuten verringert worden. So soll verhindert werden, dass Polizisten über fremde Dienstrechner Datenabfragen durchführen, wie dies zuletzt bei vertraulichen Daten von Maybrit Illner und fünf weiteren Frauen passierte. Die mit NSU 2.0 unterzeichneten Briefe sollen auf einen polizeilichen Innentäter verweisen, der zudem den Abgang von Landespolizeipräsident Udo Münch kommentierte. In Zukunft soll sich jeder einzelne Polizeibeamte mit Nutzerkennung und Passwort einloggen müssen, was eine große Umstellung von der Arbeit mit einer Dienststellenkennung für die gesamte Dienststelle ist. Langfristig will man sogar eine sichere 2-Faktor-Authentifizierung mit dem Smartphone einführen. Immerhin haben die 70 Sonderermittler damit gemerkt, dass die Polizei nicht nur ein Problem mit dem Frauenhass, sondern auch mit der IT-Sicherheit hat. Was sonst noch in diesem hessischen Durcheinander entdeckt wird, macht die Sache spannend. So wird zu klären sein, ob Daten aus den Einwohnermeldeämtern auf Tastendruck gesucht worden sind, da neben den betroffenen Frauen auch Kinder oder Lebenspartner in den Drohschreiben genannt werden.

Etwas anders gelagert ist Frage 7: Ein Zugangsdienst warb mit "Die ganze Welt per Tastendruck". Wer war das?

Ganz zu schweigen von Frage 8: Bob Dylan war nur einer von vielen Künstlern, die interaktive CDs veröffentlichten. Welcher andere Künstler beeindruckte mit einer CD für Macs wie für Windows-Rechner?

Zu Frage 8 ...

Vor dem Blick in die Zukunft ein Blick zurück. Heute vor 150 Jahren erklärte Frankreich Preußen den Krieg. Er ging als Deutsch-Französischer Krieg in die Geschichtsbücher ein und endete mit der Proklamation des deutschen Kaiserreiches in Versailles und der Ausrufung der französischen Republik. Zu Beginn der viel zu lange dauernden deutsch-französischen "Erbfeindschaft" lag die Weigerung des dynastischen Oberhauptes der Hohenzollern, einem Neffen die spanische Thronfolge zu überlassen. Dies führte, zusammen mit der Emser Depesche als frühe Form einer Fake News, zu einem Gemetzel, an das die Reichsadler-Denkmäler erinnern, die in jedem deutschen Dorf stehen. Nur in Berlin leistete man sich etwas anderes, die Goldelse. Heute befindet sich das dynastische Oberhaupt der Hohenzollern in einem Kleinkrieg mit Journalisten und Wissenschaftlern, die sich mit der Rolle der Hohenzollern im Nationalsozialismus beschäftigen. Das sehen die Preußen natürlich anders, drohen aber weiter mit Gerichten. Deshalb gibt es in Deutschland eine vorzügliche volksdemokratische Einrichtung für die Verteidigung der Wissenschafts- und Meinungsfreiheit, Prinzenfonds genannt. Er braucht Geld.

Preußen hin, Hohenzollern her, widmen wir uns Frage 9: Diese CD beeindruckte mit Server und Client-Software auf einer Scheibe und entstand am Ende einer Herrschafts-Ära. Wer brachte sie heraus?

Zu Frage 9 ...

Zum Abschluss dann muss einfach Frage 10 kommen: Kein CD-Rätsel ist vollständig ohne eine AOL-CD. America Online Europe bepflasterte mit seinen CDs den Blätterwald der Technikmagazine und Publikumszeitschriften. Welchen Film sponserte die Firma im Jahr 1998?

Zu Frage 10 ...

(jk)