Accounts mit zehn Followern: Todesstrafe für Twitter-Aktivität in Saudi-Arabien

Saudi-Arabien geht weiter hart gegen Regierungskritik im eigenen Land vor. Nun wurde ein Mann nur für Tweets und YouTube-Beiträge zum Tode verurteilt.

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(Bild: In Green/Shutterstock.com)

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In Saudi-Arabien ist ein Mann ausschließlich für seine Aktivitäten auf Twitter (inzwischen X) und YouTube zum Tode verurteilt worden. Das berichten die Nachrichtenagentur AP und Human Rights Watch (HRW) unter Berufung auf das Urteil gegen Mohammed bin Nasser al-Ghamdi. Laut der Menschenrechtsorganisation wurden dem Lehrer im Ruhestand Majestätsbeleidigung und Unterstützung von sowie Kommunikation mit Terroristen vorgeworfen. Das soll er auf zwei Twitter-Accounts gemacht haben, die zwei beziehungsweise acht Follower hatten und auf denen er vor allem regierungskritische Beiträge anderer geteilt hat. Warum genau er ins Visier geraten ist, sei unklar, schreibt AP, erwähnt aber, dass es sich bei dessen Bruder um einen bekannten Regierungskritiker handelt, der in London lebt.

Wie Human Rights Watch weiter schreibt, wurde der inzwischen 54-Jährige am 11. Juni 2022 vor den Augen seiner Frau und Kinder in Mekka festgenommen. Danach sei er vier Monate lang in Einzelhaft in einem Gefängnis nördlich von Jeddah eingesperrt gewesen, fast ein Jahr lang habe er keine anwaltliche Vertretung bekommen. Auch danach habe er nur kurz vor den Verhandlungen mit seinen Verteidigern sprechen dürfen. Die Anklage habe derweil auch die Höchststrafe gefordert, "weil das Ausmaß seiner Taten dadurch verschlimmert wurde, dass er sie auf einer globalen Plattform getätigt hat". Das mache die Höchststrafe notwendig.

Der Verurteilte bezeichnet sich laut HRW nicht als Aktivist, sondern als Privatbürger, der lediglich Meinungen über die Regierung geäußert habe. In Saudi-Arabien seien schon früher Urteile gegen Familienmitglieder von Regierungskritikern verhängt worden, um die zur Rückkehr zu bewegen, schreibt AP noch zu den möglichen Hintergründen.

Das jetzt publik gewordene Urteil passt zu einer Reihe von Strafen der jüngeren Vergangenheit, die deutlich machen, wie entschieden und skrupellos Saudi-Arabien unter der Führung von Mohammed bin Salman gegen Kritiker vorgeht, während das Land international seit Jahren eine regelrechte PR-Kampagne betreibt. Die Verhängung der Todesstrafe ausschließlich auf der Basis von Tweets und Beiträgen auf YouTube ist aber auch deshalb bemerkenswert, weil die Investmentgesellschaft eines Cousins des amtierenden Kronprinzen inzwischen zweitgrößter Anteilseigner an dem Kurznachrichtendienst des US-Milliardärs Elon Musk ist.

(mho)