Bodies, Zahlen und ein Verdacht – die Fotonews der Woche 6/2023

Canon definiert zwei Einstiegklassen neu, Nikon verdient kräftig Geld und ruft Mondpreise auf. Ein Dauerärgernis bremst den Fotomarkt jedoch.

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Nikons 589-Euro-Pfannkuchen: 25 Euro pro Millimeter Bautiefe.

(Bild: Nikon)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Nico Ernst
Inhaltsverzeichnis

Mit der Geheimhaltung neuer Produkte tun sich Firmen schwer – oder sie tun so, als ob sie sich schwer tun, das ist dann Leak-Marketing. Das gilt auch für die neuen spiegellosen Bodies EOS R8 fürs Vollformat und R50 mit APS-C, sie waren sogar mit den richtigen Namen seit Monaten bekannt. Beide sind in ihren Klassen jeweils das Einstiegsmodell. Das kostet bei aktueller Marktlage dann aber 1.800 oder 830 Euro. Wer einfach nur eine kompakte Spiegellose haben wollte, zahlte für den Vorgänger der R50, die M50 II, vor nicht einmal zwei Jahren nur 610 Euro.

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Dafür gibt es nun aber auch bei der kleinen Spiegellosen von Canon das RF-Bajonett, selbst wenn man später ins Profilager wechseln will, passen die Objektive noch. Und dank der hohen Auflösungen moderner Kameras können mit Crop sogar gute APS-C-Optiken am Vollformat gute Ergebnisse liefern. Canons M-Bajonett ist damit jetzt zum Exoten geworden, aber auf einen günstigen Gebrauchtmarkt braucht man da nicht so bald hoffen: Wer gutes Glas hat, gibt es so schnell nicht her, denn es kommt ja absehbar nichts mehr nach.

Nachschub gibt es aber zuhauf bei den Objektiven für die spiegellosen Systeme, wobei das recht eigenwillige Marketing japanischer Unternehmen wieder einmal auffiel. Nikon zeigte erst vor fünf Wochen das Nikkor Z 85 mm f/1.2 S und Z 26 mm f/2.8 auf der CES mit "Coming Soon", verriet keine Preise, und nun wurden sie auch komplett vorgestellt. Das ist Hype-Marketing, was aber solche Produkte nicht nötig haben. Das 85er ist eine typische Porträtlinse für Profis, die dann die geforderten 2.800 Euro auch wieder erwirtschaften.

Der Preis ist dreist, muss es dann erst recht beim kleinen 26-Millimeter-Pancake heißen, denn für den simplen Aufbau sind 589 Euro UVP viel zu viel. Natürlich ist das auch wetterfest, sieht ein wenig retro aus, und ist für Street-Fotografie ideal – nur gibt es zumindest vergleichbare Optiken von anderen Herstellern für die Hälfte. Zwar soll es mit 24 Millimetern Tiefe laut Nikon das flachste Vollformat-Autofokus überhaupt sein, nur: Lichtstark sein und in der Jackentasche nicht hängen bleiben ist auf der Straße die Anforderung, nicht irgendwelche Rekorde.

Und auch die wenig verbreitete Brennweite von 26 Millimetern, wenn auch nützlich, nährt einen Verdacht, der mit Verbreitung der spiegellosen Bajonette immer wieder hinter vorgehaltener Hand geäußert wurde: Nikon soll, ebenso wie andere Hersteller, Fremdhersteller von Objektiven aktiv behindern. Und kürzlich wurde da Nikonrumours etwas genauer. So soll es nur "erlaubt" sein, Optiken in anderen Brennweiten als durch Nikons eigene Objektive schon verfügbar auf den Markt zu bringen.

Das soll nur für Autofokusobjektive gelten, für die dann bei Nikon eine Lizenz nötig sei, heißt es bei der Gerüchteseite weiter. Wofür die nötig ist, wird nicht genauer beschrieben. Die Vermutung liegt nahe, dass es um das Softwareprotokoll der Kontakte des Z-Mounts geht, aber eine öffentliche Erklärung von Nikon gibt es dazu bisher nicht. Sollte sich das alles bewahrheiten, wäre es eine Erklärung dafür, warum es viele schon für andere System existierende Objektive von Firmen wie Tamron und Sigma nicht für den Z-Mount gibt, und warum einige neue Geräte mit ungewohnten Brennweiten erscheinen. Rein auf dem Papier ist eben beispielsweise Tamrons 28–75 mm etwas anderes als das Standard-Nikkor mit 24–70 mm. Wobei dann wieder etwas Weitwinkel fehlt, aber, hey, dann kaufen wir eben das 500-Euro-Pancake gleich dazu. So einfach kann Marketing sein, wenn man glaubt, die Kunden würden das nicht durchschauen.

Zumindest rein finanziell geht die Strategie von Nikon bisher auf, denn das Unternehmen konnte im dritten Quartal seines laufenden Geschäftsjahrs 2023 den Umsatz um 34,4 Prozent und den Gewinn vor Steuern um 11,4 Prozent steigern. Bezeichnend ist, dass die Firma als "wichtigste Produkte" in seiner Präsentation nur den Einstieg und die Spitze nennt, nämlich die Z 30 und Z 9. Letzteres, in Preis und Handling für Profis mit 6.000 Euros auf der Bank gedachte Gerät, soll sich anhaltend stark verkaufen, was angesichts der Fähigkeiten der Kamera nicht überrascht. In der Mittelklasse, etwa einer bezahlbaren Vollformatkamera, sollte Nikon aber bald nachlegen. Vielleicht reicht ja das ganz sicher unwarscheinlich üppige Geld aus den Objektivlizenzen dafür irgendwann aus. Ironie? Ja.

Genauer auf den Preis achten müssen da schon die kleineren Anbieter, die in ihren Nischen den Kunden faire Angebot machen. In dieser Woche erschien da zum Beispiel nur drei Monate nach der Hauptversion 6.0 die Version 6.3 von DxO Photolab – und zwar als kostenloses Update. Nachgerüstet wurde unter anderem eine Funktion für die Simulation von Druckerfarben und -papier am Bildschirm. Und für Mico-Four-Thirds erschien von OM Systems ein Tele-Makro mit 90 Millimetern Brennweite und Bildstabilisator für das 1.500 Euro nicht zu viel verlangt sind.

Ebenfalls kostenlos einsehbar, und für kommerzielle Verwendung günstig lizenzierbar, ist nun der erste Teil des Fotoarchivs des Magazins Stern. 250.000 Pressefotos sind es jetzt, bis 2025 sollen es drei Millionen sein. Die hatte die Bayerische Staatsbibliothek ordentlich vom Stern übernommen, was heute wohl eher die Ausnahme darstellt. Die Rede ist natürlich von "Generative AI", also dem Erstellen neuer Bilder durch maschinelles Lernen. Und da wird nach viel Querelen die Luft für Stability AI, die Firma hinter dem Generator Stable Diffusion, richtig dünn: Wer die große Agentur Getty Images zu einer Klage in den USA bringt, sollte gute Argumente haben. Dabei geht es nicht um KI an sich, denn laut Getty gibt es dafür Lizenzen. Die soll Stability AI aber gar nicht erst angefragt haben.

Update

Auf Nikons Produktseiten ist das Pancake-Objektiv mit 26mm inzwischen sogar mit einer UVP von 589 Euro versehen, vorher wurden 500 Euro mitgeteilt. Der Preis im Text wurde angepasst und mit einem Link zur Produktseite versehen.

(keh)