Bundestagsdebatte über KI: Mehr Investitionen und mehr Risikobewusstsein nötig

CDU und CSU wollen erreichen, dass die Regierung mehr für KI unternimmt. Die Koalition wehrt ab und meint, die Vorgängerregierung sei zu wenig aktiv gewesen.

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Der Plenarsaal während der Debatte über KI. Das Bild wurde nicht von Midjourney erstellt, sondern stammt aus dem Parlamentsfernsehen.

(Bild: Deutscher Bundestag)

Lesezeit: 5 Min.

Der Bundestag hat am Donnerstag über einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion beraten, laut dem die Bundesregierung "Künstliche Intelligenz als Schlüsseltechnologie für Deutschlands Zukunft stärken" stärken solle. Thomas Jarzombek von der CDU erläuterte dazu, KI sei in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Er bezog sich in seinem Debattenbeitrag auf eine IW-Studie, die dies belege und 330 Milliarden Euro Bruttowertschöpfung für Deutschland prognostizierte. Für KMUs und Startups, die in KI tätig sind, müssten besondere Zugänge zu Supercomputern geschaffen werden. Wichtig sei auch, auf Open Source zu setzen und damit auf eine große Community. Auf derlei sei die Bundesregierung bisher nicht eingegangen.

In dem Antrag seiner Fraktion hieß es, der Staat solle als "strategischer Ankerkunde mit vorkommerzieller Beschaffung" positioniert werden. Dagegen wandte sich die Linke Petra Sitte. KI bringe zudem auch Probleme mit sich, für die Gesellschaft und für die Umwelt. KI könne diskriminieren, Fake News verstärken und verbrauche Unmengen Ressourcen. Die Arbeitsbedingungen im globalen Süden für das Training von KI seien ausbeuterisch. Die Urheber der Inhalte, die von KI weiterverarbeitet werden, würden nicht vergütet. KI ersetze zunehmend Arbeitsplätze, dabei verwies sie auf den Streik der Hollywood-Autoren in den USA. Sitte kritisierte auch, dass Unternehmen in der kommenden KI-Verordnung der EU immer mehr Ausnahmeregelungen bekommen soll.

Der Liberale Maximilian Funke-Kaiser betonte, natürlich müsse bei neuen Technologien darauf geachtet werden, dass die Bürgerrechte eingehalten werden. Als ein Beispiel nannte er den Missbrauch von KI-gestützter Biometrie, Fake News und Deep Fakes. Hier sei die Bundesregierung aktiv, darauf gehe die Union in ihrem Antrag nicht ein. Insgesamt gebe es in Deutschland bereits Start-ups, die in diesem Bereich aktiv sind. Diese wolle die Regierung unterstützen. Gegen den Vorwurf der Union, die Regierung kürze Forschungsinvestitionen in KI, setzte der FDP-Abgeordnete die Behauptung, das Forschungsministerium investiere wesentlich mehr als bisher.

Vor KI bräuchten wir uns nicht zu fürchten, sondern nur vor Menschen, die sie missbrauchen, sagte der Grüne Kai Gehring. Der Künstlichen Intelligenz müssten Ethik und Wertemodelle beigebracht werden. Neutralität und Transparenz müssten sichergestellt werden, in Bildungsinstitutionen müsse die Medienkompetenz jetzt erst recht gestärkt werden, damit Deutschland aus dem Potenzial der KI schöpfen könne.

Der SPD-Abgeordnete Holger Becker erkannte in dem CDU/CSU-Antrag den Wert, dass der Bundestag überhaupt einmal über KI spreche angesichts der derzeitigen rasanten Entwicklung der Technik. Allerdings fordere die Unionsfraktion nichts anderes beziehungsweise weniger, als die Bundesregierung bereits in die Wege geleitet habe. CDU und CSU hatten der Regierung in ihrem Antrag vorgeworfen, sie habe die seit fünf Jahren existierende KI-Strategie nicht weiterentwickelt. Jarzombek wies dagegen darauf hin, dass das Forschungsministerium bereits einen KI-Aktionsplan angekündigt habe (PDF). Nadine Schön von der CDU kommentierte, statt eines Aktionsplans wäre es besser, die bestehende Strategie fortzuschreiben. Ihre Fraktionskollegin Katrin Staffler (CSU) ergänzte, ein angekündigtes Paket sei noch nicht geliefert.

Der Grüne Omid Nouripour sieht ebenfalls großes Potenzial in der KI, bespielsweise in der Dekarbonisierung der Industrie. Der Grünen-Bundesvorsitzende geht davon aus, dass ziemlich alle Arbeitsplätze in Deutschland mit KI zu tun haben werden, und sei es, dass es einer Krankenschwester genommen werde, Formulare auszufüllen. Die Union sei aber in ihrem Antrag nicht darauf eingegangen, dass sich die Arbeit wandeln werde, dafür müssten Regeln gesetzt und den Menschen Ängste genommen werden.

Die Regierung solle dafür sorgen, dass vorhandene Supercomputing-Infrastruktur ausgebaut und erweitert werden kann, mit denen große KI-Modelle erstellt werden könnten, geht aus dem Antrag von CDU/CSU hervor. Diese böten großen Chancen für Deutschland und Europa und seien entscheidend für die weitere technologische Entwicklung. Die AfD-Abgeordnete Barbara Benkstein erwiderte dazu, die vorhandenen Rechenkapazitäten würden zuvorderst wissenschaftlichen Zwecken zukommen. Wichtig sei eine deutsche Industrie, die wichtige Komponenten für KI fertigt, damit Deutschland digital souverän ist.

In den USA gebe es bereits große KI-Modelle, Europa hingegen müsse hier schnell wettbewerbsfähig werden, forderte die Union weiter in ihrem Antrag. Zudem solle "die Entwicklung und Anwendung der Technologie auf europäischen Werten fußen". Mitte dieses Monats hatte die CDU in einem Positionspapier dargelegt, die deutsche Justiz und Verwaltung sollten künftig umfassend auf Künstliche Intelligenz setzen. Das soll nicht nur die Verwaltung funktionsfähig halten, sondern auch Mitarbeiter entlasten und Amtsgänge vereinfachen. Mit dem Antrag der Union soll sich nun der Bundestagsausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung befassen.

(anw)