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Ein Fünftel der Deutschen arbeitet auf dem Klo

Menschen nehmen ihr Smartphone mit auf die Toilette, lautet eine Erkenntnis einer Umfrage eines VPN-Anbieters. Was verbirgt sich dahinter?

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(Bild: NordVPN)

Lesezeit: 2 Min.

Nein, es ist nicht ein Fünftel der Deutschen im Sanitärfach oder als Reinigungskraft tätig. Das ist mit der Überschrift nicht gemeint. Vielmehr nehmen knapp 55 Prozent der Deutschen ihr Smartphone mit auf die Toilette, von diesen wiederum checken knapp 36 Prozent E-Mails oder etwa Microsoft Teams im Zusammenhang mit ihrer Arbeit. Das will der VPN-Dienstleister NordVPN durch eine "repräsentative Umfrage" herausgefunden haben lassen.

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Das Internet ist voll von heißen IT-News und abgestandenem Pr0n. Dazwischen finden sich auch immer wieder Perlen, die zu schade sind für /dev/null.

In der Umfrage sollen noch mehr Details herausgekommen sein, nicht nur von 1000 Menschen aus Deutschland, auch von jeweils 1000 aus anderen Ländern in Europa und Übersee. Doch halt: "Repräsentativ" nennen heutzutage viele Unternehmen Umfragen, für die mindestens 1000 Menschen befragt wurden. In viele Leserköpfe wurde über viele Jahre eingefräst, dass für eine Umfrage mindestens so viele befragt werden müssen.

Wer genau die vermeintlichen elektronischen Gewohnheiten auf dem stillen Örtchen ausgekundschaftet hat, verrät NordVPN in einer Mitteilung nicht, es schreibt lediglich von einem "Marktforschungsinstitut", das hier und dort 1000 Menschen befragt habe. Auf Anfrage von heise online heißt es, Cint habe die Umfrage angefertigt. Das ist eine dieser neumodischen Firmen vom Schlage Yougov und Civey, die ihre Ergebnisse aus einem Pool fester Teilnehmer ziehen, sie nennen ihn "Panel". Solche Umfragen sind flugs angefertigt, daher werden wir von ihnen in jüngster Zeit regelrecht geflutet. Gerne werden diese Umfragen als "Studien" bezeichnet, sie sind aber höchstens repräsentativ in Bezug auf diese festen Teilnehmer, nicht aber im Sinne aufwändiger klassischer statistischer Methoden und daher nicht übertragbar auf die Grundgesamtheit aller Deutschen.

Der deutsche Presserat vermerkt in seinen "ethischen Standards für den Journalismus", dass die Presse bei der Veröffentlichung von Umfrageergebnissen "die Zahl der Befragten, den Zeitpunkt der Befragung, den Auftraggeber sowie die Fragestellung" mitteilt. Zugleich müsse sie mitteilen, ob die Ergebnisse repräsentativ sind. Insofern können wir diese im Auftrag von NordVPN erstellte Umfrage getrost der Ablage "P" anvertrauen. "P" für "Panel" oder "poo".

Abgesehen davon steht zur Frage, welche Erkenntnis sich tatsächlich hinter alledem verbergen sollte, mit der NordVPN fäkal konnotiert Aufmerksamkeit erheischend, die Gelegenheit nutzt, die Botschaft zu verbreiten, dass wir dauernd unsicher online sind und auch auf dem Klo ein VPN abhälfe, am besten eines von NordVPN. Jedenfalls war die Toilette auch schon vor der Smartphone-Ära multipel nutzbar.

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(anw)