Erste Klage gegen Plattformgesetz: Zalando will kein "systemisches Risiko" sein

Der Online-Händler Zalando fechtet gerichtlich die Ansage der EU-Kommission an, ihn als sehr große Online-Plattform nach dem Digital Services Act einzustufen.

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(Bild: farzand01/Shutterstock.com)

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Zalando hat am Dienstag Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die Entscheidung der EU-Kommission eingelegt, die Berliner E-Commerce-Größe als bislang einziges europäisches Unternehmen als "sehr große Online-Plattform" nach dem Digital Services Act (DSA) einzuordnen. Entsprechende Betreiber sind zum Management "systemischer Risiken" verpflichtet und müssen der EU-Kommission bis zum 25. August einen ersten Bericht dazu schicken. Zalando wirft der Kommission vor, nicht berücksichtigt zu haben, dass der Online-Händler "überwiegend Einzelhandels-Charakter" habe und bei ihm kein "systemisches Risiko" der Verbreitung schädlicher oder illegaler Inhalte von Dritten bestehe.

Man biete Kunden vielmehr "eine sichere Online-Umgebung mit sorgfältig ausgewählten und geprüften Produkten führender Marken und etablierter Partner", begründet Zalando die Eingabe, die zunächst beim Gericht der EU in Luxemburg als erster Instanz landen wird. Die Firma wehre sich zugleich "gegen die Ungleichbehandlung, die daraus resultiert, dass es keine klare Methodik gibt", um ein bestimmtes Unternehmen als eine sehr große Plattform einzustufen, erklärte eine Sprecherin auf Twitter. Dieser Ansatz führe "zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen" nicht nur für das eigene Haus, "sondern potenziell auch für viele andere deutsche Plattformen und insbesondere Online-Marktplätze".

Robert Gentz, einer der beiden Chefs von Zalando, hatte sich erst vorige Woche mit Binnenmarktkommissar Thierry Breton getroffen, um die laufenden Vorbereitungen rund um das baldige Inkrafttreten des DSA für sehr große Plattformen zu besprechen. Der Franzose bezeichnete das Treffen im Nachgang als "konstruktiv". Er twitterte: "Zalando ist mit seinen Millionen Nutzern eine europäische Erfolgsgeschichte. Und mit dem Erfolg geht Verantwortung einher."

Zalando war zunächst die einzige Plattform auf der etwa auch Alibabas AliExpress, Amazon, Facebook, Google, Instagram und Twitter umfassenden Liste der Kommission, die zunächst mit 30,8 Millionen Nutzern eine Zahl unter der Schwelle angegeben hatte. Später veröffentlichte der Online-Händler laut "Euractiv" eine zweite Zahl von 83,3 Millionen Nutzern, was einer breiteren Interpretation der von der EU-Exekutive vertretenen Definition aktiver User alias Besucher entspricht. Das Unternehmen führt zudem ins Feld, dass sein Einzelhandelsgeschäft 64 Prozent seines Bruttowarenvolumens ausmacht. Diese Zahlen sollte die Kommission nicht einbeziehen dürfen, da der DSA nicht für Dienstleistungen im Einzelhandel gelte.

Der nun erstmals gerichtlich überprüfte DSA verankert EU-weite Sorgfaltspflichten für alle digitalen Dienste, die Verbraucher mit Waren, Services oder Inhalten versorgen. Dazu gehören etwa neue Vorschriften zur Entfernung illegaler Inhalte. Für sehr große Online-Plattformen, die mehr als 10 Prozent der EU-Bevölkerung beziehungsweise über 45 Millionen Bürger in den Mitgliedsstaaten erreichen, gelten besonders strenge Vorgaben. Sie müssen Risikoabschätzungen durchführen und ausgemachte Gefahren etwa für die Demokratie, die öffentliche Sicherheit, die Grundrechte und den Jugendschutz minimieren. Einschlägige Betreiber werden an der finanziellen Last ihrer Aufsicht mit Gebühren von bis zu 0,05 Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes beteiligt.

(axk)