50 Jahre Handy: Das erste Telefonat mit dem "Knochen"

Am 3. April 1973 führte Motorola-Ingenieur Martin Cooper das erste Mobilgespräch – mit einem Proto-Handy, das als "Knochen" in die Geschichte eingeht.

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Martin Cooper, Erfinder des Mobiltelefons, auf der Computex 2007

(Bild: Rico Shen; CC BY-SA 3.0)

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Martin Cooper steht auf der Sixth Avenue in Manhatten und wählt die Nummer eines Konkurrenten. "Hi Joel", sagt er. "Hier ist Marty Cooper. Ich rufe dich von einem Mobiltelefon aus an, einem richtigen, tragbaren Mobiltelefon." Das Gespräch zwischen Motorola-Ingenieur Cooper und dem AT&T-Technikchef Joel Engel am 3. April 1973 ist das erstes Mobiltelefonat überhaupt. Eine Basisstation hatte Motorola auf einem Hochhausdach in der Nähe eingebaut, das Gespräch ging ins Festnetz in die AT&T-Zentrale.

Motorola-Ingenieur Marty Cooper (rechts) mit einem DynaTAC-Prototyp

(Bild: Motorola-Archiv)

Cooper führte das Gespräch mit einer frühen Version des Motorola DynaTAC 8000X, ein Proto-Handy, ein "Knochen", wie es heute liebevoll genannt wird. Knapp ein Kilo war Coopers Prototyp mit großer Antenne schwer, dazu 25 Zentimeter lang. Aber es funktionierte: Joel Engel sei so verblüfft gewesen, dass es am anderen Ende der Leitung erst einmal still blieb, erinnert sich Cooper an das Telefonat. Engel leitete damals die Forschungsabteilung von AT&T und arbeitete ebenfalls an Mobiltelefonen. Im Gegensatz zu Motorola setzte Bell aber eher auf Autotelefone.

Am 17. Oktober 1973 reichte Cooper das Patent für sein "Radio Telephone System" ein. Was folgte, war wie so oft ein Kampf um Frequenzen: Motorola wollte die US-Telekommunikationsbehörde FCC dazu bewegen, Frequenzen im 800-MHz-Bereich für den Mobilfunk freizugeben. 1977 wurde das erste Mobilfunknetz zwischen Washington D.C. und Baltimore aufgebaut, erst ein Jahr später gab die FCC die nötigen Frequenzbänder für den Mobilfunk frei. Diesmal hatte AT&T mit seinem AMPS-Standard (Advanced Mobile Phone Service) die Nase vorn.

Im September 1983, über zehn Jahre nach dem ersten Mobilgespräch, wird Mobilfunk zur Realität – zumindest für Gutverdiener. Als das DynaTAC 8000X auf den Markt kommt, wiegt es nur noch 800 Gramm und kostet 4000 US-Dollar, inflationsbereinigt entspricht das heute über 12.000 Dollar. Der "Knochen" hat Speicherplatz für 30 Kontakte und eine Akkulaufzeit von 30 Minuten – danach musste er zehn Stunden lang an den Strom. Im Display sind die Ziffern in Rot zu sehen, die man über eine zweireihige Tastatur eintippen konnte. Im ersten Jahr soll Motorola 300.000 Geräte verkauft haben.

Werbungs fürs DynaTAC: Wegen des hohen Preises bewarb Motorola das erste Handy vor allem an Geschäftsmänner.

(Bild: Motorola-Archiv)

In Deutschland brauchte die mobile Revolution noch etwas länger. Im Sommer 1992 schalteten erst Mannesmann und dann die Telekom ihre D-Netze mit GSM-Technik frei. Im Vorgänger, dem C-Netz, brauchte man noch Telefonkoffer zum Telefonieren. Dann kam das Motorola International 3200 auf den Markt, die internationale Bezeichnung des DynaTAC 8000X. Für 3000 D-Mark wurde die internationale Version des "Knochens" verkauft, es war auf 500 Gramm geschrumpft und bot eine Gesprächszeit von 150 Minuten.

Die "Erbsenzähler" bei Motorola hätten ihm ein Jahrzehnt lang im Nacken gesessen, beschwerte sich Cooper einst in einem Interview mit dem Economist. Sie hätten gefragt, wann er endlich damit aufhören würde, so viel Geld in sein Lieblingsprojekt zu stecken. Wann würde es endlich mal Geld abwerfen würde? Es kostete so viel und dauerte so lange, räumte Cooper ein. Seine Mühen zahlten sich lange aus, bis 1998 blieb Motorola Handy-Marktführer.

Martin Cooper, der mittlerweile 94-jährige "Vater des Mobiltelefons", sieht bei Handys immer noch Wachstumspotenzial: Künftig könnten Handys Bildung und Gesundheitswesen revolutionieren, sagte Cooper jüngst der Nachrichtenagentur AFP. "Das Mobiltelefon ist eine Erweiterung der Person geworden, aber es kann noch so viel mehr", meint Cooper. "Wir beginnen gerade erst, diese Möglichkeiten zu verstehen". Eine Bitte an junge Leute hat er dennoch: Sie sollen nicht auf ihr Smartphone schauen, während sie die Straße überqueren. "Diese Leute haben den Verstand verloren."

(dahe)