General Electric will zurück zu seinen Wurzeln

Der US-Großkonzern und Siemens-Konkurrent General Electric zieht die Konsequenzen aus der Finanzkrise und besinnt sich auf das Industriegeschäft. Allerdings ist auch das nicht ohne Risiko. Außerdem droht dem Unternehmen Stress mit den Kartellbehörden.

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Öl- und Gasplattform

(Bild: General Electric)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Hannes Breustedt
  • dpa
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Die Entrümpelung schreitet voran – alles muss raus: General Electric hat in den vergangenen Monaten Firmenanteile für knapp 50 Milliarden Dollar verkauft. Und das ist erst der Anfang. Vorstandschef Jeff Immelt räumt auf: Die Finanztochter GE Capital soll fast komplett losgeschlagen werden, mehr als 200 Milliarden Dollar (rund 183 Milliarden Euro) an Vermögenswerten kommen auf den Markt. Der Industriekoloss GE besinnt sich auf seine Wurzeln. Behalten will Immelt nur Finanzdienstleistungen für Luftfahrt, Energie und Gesundheit – Bereiche, die dem künftigen Kerngeschäft dienen.

"Es war eine schwierige Entscheidung (...) – aber es ist das Richtige für das Unternehmen", betonte Immelt, als er die Öffentlichkeit im April auf die Abtrennung des Finanzgeschäfts einstellte. Die Krise habe die Finanzmärkte langfristig verändert, dem müsse sich der Konzern anpassen. Seitdem geht es bei GE zu wie auf dem Basar – den Auftakt machte der Verkauf eines Immobilienpakets für 26,5 Milliarden Dollar, es folgten verschiedene Finanzsparten im Gesamtwert von 23 Milliarden Dollar.

Grund für das Ausmisten sind die Lektionen aus der Finanzkrise. Die Konzernbilanz war mit riskanten Vermögenswerten überladen – das führte fast zum Kollaps, als die Weltwirtschaft nach dem Platzen der Kreditblase in den Abgrund blickte. Dennoch tat sich das Management lange schwer mit einer konsequenten Entscheidung. Verständlich: Das Geschäft mit Finanzdienstleistungen war – und ist noch immer – ein wichtiges Standbein. Im vergangenen Jahr steuerte es 42 Prozent zum Gewinn bei, zuvor lange Zeit mehr als die Hälfte.

Zudem war die Finanztochter ein Steckenpferd des legendären GE-Chefs Jack Welch, dessen Kronprinz Immelt ist. Immelts Ansage, künftig auf das zwar sehr profitable, aber auch – vor allem in Krisenzeiten – hochriskante Finanzgeschäft zu verzichten, ist deshalb ein mutiger Strategiewechsel. Wie der deutsche Konkurrent Siemens will GE nun stark auf Infrastruktur sowie auf den Fracking-Boom und Wachstum in der Öl- und Gasindustrie setzen.

"Wir sind führend in Technik, gut aufgestellt in Wachstumsmärkten, liefern höhere Margen und niedrigere Kosten", erklärt Immelt. Investoren sehen die Lage etwas weniger rosig. Die GE-Aktie fiel in den vergangenen drei Monaten um zwei Prozent. Der große Ausverkauf und die Neuausrichtung sind ein Wagnis. Dass sich das Unternehmen sehr auf den Bereich Energie konzentriert und die Milliardenübernahme der entsprechenden Sparte des französischen Konzerns Alstom werden vor dem Hintergrund des heftigen Ölpreisverfalls derzeit eher als Risiko gehandelt.

Zwar ging der Verkauf von GE Capital gut los. Keith Sherin, der Chef der Tochter, spricht von "gewaltigem Interesse" auf Käuferseite, und auch Analysten halten die Gelegenheit derzeit für günstig. Allerdings ist der Prozess auf zwei Jahre angelegt. In denen kann einiges passieren, und alleine das schiere Volumen der Vermögenswerte würde das Mammutprojekt schnell ins Stocken bringen, wenn sich die Situation am Markt verschlechtert.

Für weitere Unwägbarkeiten sorgen Kartellwächter auf beiden Seiten des Atlantiks. Weil sie zu große Marktmacht verhindern wollen, haben die US-Wettbewerbshüter ein Verfahren eröffnet. Sie wollen den im vergangenen September beschlossenen, 3,3 Milliarden Dollar schweren Verkauf der Haushaltsgerätesparte von GE an Electrolux blocken. Brüssel hat unterdessen Zweifel am Deal zwischen Alstom und GE angemeldet. Die EU-Kommission befürchtet Auswirkungen insbesondere auf den Markt für Hochleistungsturbinen, die in Gaskraftwerken eingesetzt werden. (anw)