Linus Tech Tips: Landunter bei einem der größten Tech-Youtuber

Erst wurde die Gewissenhaftigkeit bei Linus Tech Tips hinterfragt. Mittlerweile breitet sich der Fall LTT zu einem Lauffeuer aus.

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(Bild: Linus Tech Tips)

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Lesezeit: 4 Min.

Die Linus Media Group mit dem Hauptkanal Linus Tech Tips (LTT) steht unbeabsichtigt im Mittelpunkt der Youtube-Tech-Welt. Was mit vielen Flüchtigkeitsfehlern begann, artet derzeit in einen Mediensturm aus. Der namensgebende Inhaber Linus Sebastian trägt selbst zur Eskalation bei, mit als fragwürdig empfundenen Stellungnahmen.

Das Management-Team unter dem neuen CEO Terren Tong hat jetzt kurzerhand bis Ende nächster Woche die Videoproduktion gestoppt und will mittelfristig weniger Videos produzieren, um intern aufzuräumen.

Es fing mit einem LTT-Mitarbeiter an, der vor laufender Kamera stolz über die Firmenmoral berichtete: Mit mehr als 100 Angestellten und teurer Ausrüstung seien die eigenen Benchmarks zuverlässiger als bei der Konkurrenz. Für jeden Test würden alle Benchmarks neu durchgeführt und gründlich geprüft.

Der Youtube-Kanal Gamers Nexus hat das zum Anlass genommen, auf einige seinen Worten nach unsinnige, teils widersprüchliche Testergebnisse aufmerksam zu machen. Ernst wurde die Auseinandersetzung allerdings aufgrund einer Zusammenarbeit mit dem Start-up Billet Labs im Juli.

Zwei Bastler haben Billet Labs gegründet, um High-End-Wasserkühler für Grafikkarten und Prozessoren herzustellen. LTT hat eine Prototyp-Einzelanfertigung zusammen mit einer GeForce RTX 3090 Ti zum Testen erhalten. Die Nvidia-Grafikkarte ging intern jedoch verloren. Auf Linus' Anweisung hin wurde der Kühler mit einer inkompatiblen GeForce RTX 4090 getestet. Das Testergebnis fiel wegen einer 1 mm großen Lücke zwischen Grafikchip und Kühler desaströs aus.

In einem Podcast sagte Linus, dass er keine weiteren 100 bis 500 US-Dollar an Arbeitszeit investieren wolle, damit ein Mitarbeiter den Kühler korrekt neu testet. Selbst bei 20 °C besseren Temperaturen wäre sein Urteil aufgrund des hohen Kühlerpreises gleichgeblieben. Umgerechnet 772 Euro kostet ein Exemplar bei der Vorbestellung – Billet Labs will die Wasserkühler künftig in Kleinserie für Enthusiasten selbst fertigen.

Im Anschluss soll LTT den Prototyp trotz zweifacher Nachfrage und gegenteiliger Beteuerungen nicht zurückgeschickt haben. Stattdessen wurde er auf der eigenen LTX Expo versteigert. Für Billet Labs bedeutete das: Verlust eines einzigartigen Prototyps, den potenziell eine Konkurrenzfirma in die Finger bekommen könnte. Nach dem Erscheinen des Gamers-Nexus-Videos hat LTT eine monetäre Kompensierung angeboten.

Im Zuge dieser Kontroverse hat sich derweil Madison Reeve, die frühere Social-Media-Managerin von LTT, zu Wort gemeldet. Sie wirft dem LTT-Management und vielen Ex-Kollegen in zahlreichen Tweets (X-Posts) eine frauenfeindliche Behandlung, sexuelle Übergriffe und Mobbing vor. Das sei alles Teil der Firmenkultur.

In einer ersten Stellungnahme zum Gamers-Nexus-Video machte Linus vornehmlich dem Kanal für die Veröffentlichung Vorwürfe. Der eigene Kühlertest habe kein "Problem mit der 'Genauigkeit'" gehabt, Linus habe "lediglich die Stimmung im Raum falsch erfasst". "Wir wollten, dass niemand [den Kühler] kauft (weil es eine ungeheuerliche Geldverschwendung ist, egal bei welchen Temperaturen es läuft) und wir wollten, dass Billet etwas Marktfähiges herstellt (damit sie, ihr wisst schon, essen können)."

Einen Tag später hat LTTs Management-Team über Youtube eine reflektiertere Stellungnahme veröffentlicht und verspricht Besserung bei den eigenen Prozessen.

Über X (Twitter) hat sich die Linus Media Group inzwischen auch zu Madison Reeves Vorwürfen geäußert. Dort schreibt die Firma unter anderem: "Wir führen eine interne Bewertung durch und ziehen einen externen Ermittler hinzu, um die Vorwürfe zu prüfen. Wir verpflichten uns, die Ergebnisse zu veröffentlichen und alle sich daraus ergebenden Abhilfemaßnahmen zu ergreifen."

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Aktuell hat der LTT-Hauptkanal rund 15,5 Millionen Abos auf Youtube – etwa 100.000 weniger als vor einer Woche. Im Sommer hat Linus ein Kaufangebot in Höhe von 100 Millionen US-Dollar für die Dachfirma Linus Media Group abgelehnt. Um sich selbst aus dem Geschäftlichen zurückzuziehen, hat Linus den CEO-Posten an Terren Tong abgegeben.

Update

Konkretisiert, dass die Versteigerung auf der LTX Expo stattfand.

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(mma)