Nikola kauft kriselnden Akku-Lieferanten Romeo Power

E-Lkw-Startup Nikola übernimmt Romeo Power zu einem Bruchteil des Börsengangwerts von 2020. Ein Notverkauf. Nikola braucht Romeos Akkus in Deutschland.​

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Sattelschlepper Nikola Tre

Der Nikola Tre wird seit Ende März bei Iveco in Ulm gebaut.

(Bild: Nikola)

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Der Elektrolastwagen-Entwickler Nikola übernimmt das kalifornische Unternehmen Romeo Power. Romeo entwickelt Akku-Packs und stellt Akkus speziell für Antriebe elektrischer Nutzfahrzeuge her. Das Unternehmen verspricht integrierte Kühlung, hohe Energiedichte und platzsparendes Design. Allerdings steckt Romeo in finanziellen Schwierigkeiten – dabei hat die Firma erst im Dezember 2020 1,33 Milliarden US-Dollar durch ihren Börsengang erlöst.

Romeo Power wurde 2016 von ehemaligen Mitarbeitern Elon Musks bei Tesla und SpaceX gegründet. Die Akku-Firma macht laufend Verluste und hat ein Gesamtdefizit von gut einer Viertelmilliarde Dollar angesammelt (Stichtag 31. März 2022). Alleine im ersten Quartal des Jahres schrieb Romeo Power 82 Millionen Dollar Betriebsverlust und fast ebensoviel Nettoverlust. Die Firma musste eigene Aktien verkaufen, um liquide zu bleiben.

Im Quartalsbericht wurde das Management deutlich und sprach von "erheblichem Zweifel an unserer Fähigkeit, die nächsten zwölf Monate als fortzuführendes Unternehmen zu bestehen". Nun springt der größte Kunde Nikola ein. Weil der Abschluss der Übernahmetransaktion erst im Oktober erwartet wird, stellt Nikola sogleich 35 Millionen Dollar Überbrückungskredit, um Romeo zu retten. Zum Closing sollen Romeo-Aktionäre für je rund 17 Romeo-Aktien eine Nikola-Aktie erhalten und somit etwa 4,5 Prozent aller Nikola-Anteile erhalten.

Der rechnerische Kaufpreis beläuft sich auf zirka 144 Millionen US-Dollar. Das sind etwa elf Prozent jenes Wertes, der Romeo Power bei seinem Börsengang im Dezember 2020 zugebilligt wurde. Romeos Börsengang war – genau wie Nikolas Gang an die Börse im Juni 2020 – kein klassischer mit öffentlichem Verkauf von Aktien zu einem Fixpreis (Initial Public Offering, IPO), sondern erfolgte durch eine sogenannte SPAC (Special Purpose Acquisition Company). Eine SPAC wird nur dazu gegründet, Geld von Investoren einzusammeln, dann ohne eigentliche Geschäftstätigkeit an der Börse zu notieren, um schließlich mit einer noch nicht börsennotierten Firma zu verschmelzen.

Für diese Firma ist das eine günstige Abkürzung auf dem Weg an die Börse. In den letzten zwei Jahren waren SPAC-Börsengänge besonders beliebt. Allerdings haben sich viele SPAC-Unterfangen als verlustreich entpuppt. Zudem machen steigende Zinsen spekulative Investitionen weniger attraktiv, sodass der Zulauf zu SPAC ins Stocken geraten ist.

Nikola ist insbesondere dafür bekannt, dass es Investoren 2016 und 2018 Videos von Lastkraftwagen in Bewegung vorgeführt hat. Tatsächlich rollten die Fahrzeuge antriebslos eine abschüssige Straße hinunter. Nikolas frappierende Rechtfertigung: Der Antrieb hätte funktioniert, sei bloß noch nicht eingebaut gewesen. Nach Auffliegen des Skandals musste das UNternehmen wegen dieser und anderer Irreführungen 125 Millionen Dollar an die US-Börsenaufsicht SEC zahlen, Nikola-Chef Trevor Milton musste zurücktreten.

Ursprünglich wollte Nikola Brennstoffzellen-Lkw bauen, schwenkte dann aber doch auf akkubetriebene Fahrzeuge (BEV) für die Kurzstrecke um, zumindest vorerst. Ein elektrischer Pickup wurde angekündigt und wieder abgesagt. 2020 wurde eine vereinbarte Partnerschaft zwischen Nikola und General Motors abgeblasen.

Diesen April konnte Nikola seine ersten elektrischen Lkw ausliefern. Elf Stück wurden von Iveco gemeinsam mit Nikola im Produktionswerk Ulm gebaut und an europäische Händler übergeben. Am Donnerstag soll Nikola bekanntgeben, wieviele Fahrzeuge es im zweiten Quartal ausgeliefert hat. Für das Gesamtjahr hat das Management 300 bis 500 Stück als Ziel ausgerufen.

Für diese in Ulm gebauten Fahrzeuge ist Nikola auf die Romeo-Akkupacks angewiesen. Die steigende Nachfrage nach Elektrofahrzeugen hat passende Akkus zur Mangelware werden lasse. Daher kann Nikola nicht einfach auf andere Lieferanten umsteigen.

(ds)