SEO: Google macht ernst mit Page Experience Ranking

Schwuppdizität und Barrierefreiheit werden für die Platzierung in Googles Suchmaschine jetzt noch wichtiger. Herumzuckende Elemente sind pfui.

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Eingabemaske der Google Suchmaschine, künsterlisch verzerrt

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 5 Min.
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Google ändert seinen geheimen Algorithmus, der bestimmt, in welcher Reihenfolge die Suchmaschine Treffer ausgibt. Kleinere Anpassungen gibt es laufend, doch derzeit läuft eine größere Reform. Fortan setzt Google auf "Page Experience Ranking". Das bedeutet, dass die (errechnete) Nutzererfahrung noch stärker ins Gewicht fallen soll. Folglich werden andere Faktoren, darunter die Zahl der auf eine Webseite verweisenden Hyperlinks, abgewertet.

Vier Säulen tragen das Page Experience Ranking, wie der Suchmaschinenbetreiber auf seiner jährlichen Entwicklerkonferenz Google I/O am Mittwoch verraten hat: die Barrierefreiheit der Webseite, Sicherheit und Datenschutz, Ladetempo sowie der Nerv-Faktor. Google rollt die Änderungen zunächst für die Desktop-Version der Suchmaschine aus; die mobile Version folgt später.

Für den Nerv-Faktor (User Annoyance) wertet Google nicht nur missbräuchliche Einblendungen aus, sondern auch, wie sehr Teile der Webseite unerwartet im Browserfenster herumzucken. Klassisches Beispiel sind Textblöcke oder Bilder, die stufenweise nach unten wandern, weil weiter oben Reklame nachgeladen wird. Wer hat noch nicht einen falschen Link geklickt, der dem Mauszeiger in letzter Millisekunde untergeschoben wurde?

Um diese Ursünde des Webdesigns einheitlich zu bewerten, berechnet Google für jede erfasste Webpage den Wert des "Cumulative Layout Shift" im sichtbaren Teil der Seite während der ersten fünf Sekunden. Wie groß ist der Anteil der Platz wechselnden Elemente am sichtbaren Teil der Webseite? Und wie weit springen sie umher? Diese beiden Brüche werden miteinander multipliziert. Für eine gute Bewertung sollte das Ergebnis unter 0.1 liegen.

Vom User gewollte Seitenveränderungen, etwa nach Klick auf einen Link, werden nicht mit einbezogen. Bei Einblendungen kommt es darauf an, sagt Google. Nützliche oder notwendige Interstitials werden nicht bestraft. Dazu zählen etwa Hinweise auf pandemiebedingt geänderte Öffnungszeiten oder die bei Cookie-setzenden Webseiten notwendigen Einwilligungsbanner. Sehr wohl verpönt sind Benutzer-feindliche Einblendungen, die in eine Falle locken oder die Betrachtung der Webseite erschweren.

Beim Ladetempo sind zwei Faktoren wichtig. Largest Contentful Paint (LCP) und First Input Delay (FID). Für LCP misst Google, wie lange es dauert, bis das größte Bild- oder Textelement im sichtbaren Teil der Webpage gerendert wurde. Das soll weniger als 2,5 Sekunden dauern. Mehr als 4 Sekunden ist mies.

Für FID misst der Crawler die Zeit zwischen einer Nutzerinteraktion, beispielsweise dem Klick auf einen Link, bis zu dem Moment, in dem der Browser die Reaktion des Servers zu verarbeiten beginnt. Hier liegt das Ziel bei weniger als einer Zehntelsekunde. Der rote Bereich beginnt bei drei Zehntelsekunden.

Der billigste Weg zu mehr Geschwindigkeit sind die Cache-Server, die Google über die Welt verteilt hat. Auf diesen Server möchte der Datenkonzern Kopien häufig aufgerufener Webseiten bereithalten – aber nur mit HTTPS. Damit das geht, muss der Originalserver Signed Exchange (SXG) unterstützen. Browserseitig spielen aktuelle Versionen der Browser, Chrome, Edge, Opera, Android und Samsung Internet mit.

HTTPS ist bereits seit 2014 ein Faktor für die Search Engine Optimization. Außerdem achtet Google darauf, ob die Webseite Malware oder andere unerwünschte Downloads verbreitet oder Social Engineering betreibt. Darüber hinaus berücksichtigt Google in Zukunft auch, wie datenschutzfreundlich Webseiten sind.

Gleichzeitig ist wichtig, das Webseiten auf mobilen Endgeräten gut aussehen und funktionieren. Das muss nicht unbedingt mit Advanced Mobile Pages (AMP) erreicht werden. Handyfreundlichkeit ist für Google übrigens der erste Schritt Richtung Barrierefreiheit. Dabei ist wichtig, dass die Webseite für jedermann gut funktioniert.

Webseitenbetreiber sind gut beraten, schon in der Konzeptphase die Bedürfnisse Blinder und Gehörloser sowie Menschen mit motorischen Behinderungen, langsamen Internetverbindungen oder geistigen Einschränkungen zu berücksichtigen und mit solchen Personen die Barrierefreiheit zu testen.

Insbesondere Betreiber umfangreicher Webseiten sollen auf ihren Server HTTP/2 aktivieren. Googles Crawler kann dann in derselben Zeit bei vergleichbarer Serverlast mehr Pages abrufen. Das vergrößert die Chance, dass auch tiefer gelegene Pages im Suchindex landen.

Ebenfalls zum guten Ton gehört seit Jahren, die eigenen Inhalte semantisch zu beschreiben. Googles Crawler sucht bevorzugt nach JSON-LD (JavaScript Object Notation for Linked Data). Direkt auf wichtige Stellen in eingebetteten Videos verlinkt die Suchmaschine dann, wenn die Videos mit Clip Markup annotiert sind.

Leider kann das Anlegen dieser Markierungen schnell sehr aufwendig werden. Doch Google betreibt bereits einen Pilotversuch, bei dem der Crawler mittels Machine Learning versucht, gefundene Videos zu analysieren. Webmaster, die dabei mitmachen möchten, müssen dem Crawler strukturiert verraten, wie auf beliebige Stellen in den Videos gelinkt werden kann (Seek Markup beziehungsweise SeekToAction).

(ds)