The Abyss, Aliens, True Lies: Erster Blick auf die 4K-Filme für Streaming/Disc

Pünktlich zu Ostern sind die restaurierten 4K-Fassungen von James Cameron als Stream erhältlich. Doch Filmfans streiten über die digitale Schönheitsoperation.

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(Bild: 20th Century Fox)

Lesezeit: 10 Min.
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Obwohl James Cameron Hollywoods erfolgreichster Blockbuster-Regisseur ist, waren bisher nicht alle seiner Filme in bester 4K-Auflösung erhältlich. Die Disney-Tochter 20th Century Fox und Camerons Produktionsfirma Lightstorm Entertainment haben am Wochenende eine große Lücke geschlossen und gleich drei aufwendige Restaurierungen für Streaming-Anbieter in Deutschland veröffentlicht: den Science-Fiction-Film "Aliens" von 1986, das Unterwasserabenteuer "The Abyss" von 1989 und die Actionkomödie "True Lies" von 1994.

Alle drei sind erstmals in 4K-Auflösung mit Dolby Vision für 14 Euro als Kauflizenz unter anderem bei Apple und Amazon erhältlich. Neben dem deutschen Ton in 5.1 wurden die englischen Tonspuren in Dolby Atmos abgemischt. Voraussichtlich Ende April folgen Blu-rays in 4K UHD.

Besitzer der alten Version von "Aliens" erhalten die 4K-Version bei Apple als kostenloses Update. Zudem bietet Fox die 4K-Restauration von "Titanic" nun auch über Streaming-Anbieter zum Kauf an. Die Version ist allerdings schon länger bei Disney+ zu sehen und auf Disc erhältlich.

Filmfans sahen den Neuveröffentlichungen mit gemischten Gefühlen entgegen. Einerseits war "The Abyss" als DVD längst vergriffen und nie auf Blu-ray Disc erschienen. Zum anderen musste James Cameron für seine bisherigen 4K-Neuveröffentlichungen von "Avatar", "Titanic" und "Terminator 2" herbe Kritik einstecken.

Grund war die etwas übereifrige digitale Politur von Park Road Post Production in Neuseeland. International bekannt wurde das Studio mit der Aufbereitung alter Filmaufnahmen aus dem Ersten Weltkrieg für die Dokumentation "They shall not grow old" von Peter Jackson (siehe Artikel auf c't-Select), für den sie auch die Hobbit-Trilogie aufpolierten.

Bei den drei Filmen von James Cameron ergänzten sie per KI-Software Bilddetails, ersetzten das natürliche Filmkorn durch ein viel feineres und überarbeiteten die Farbgebung. Bei kritischen Cineasten kam das nicht gut an. Denn ähnlich wie eine alte Vinylschallplatte ihren Charme verliert, wenn man das Knistern digital unterdrückt, ging bei der digitalen Überarbeitung viel von dem typischen Filmlook der Originale verloren.

So ist die Titanic von 1997 in einigen Kamerafahrten als wenig überzeugende Computersimulation mit künstlicher Wassergischt zu erkennen. Dem mit frühen Digitalkameras gedrehten Avatar fehlt vor allem die Tiefenunschärfe, die den von Cameron beabsichtigten 3D-Look beeinträchtigt hätte. Leider wirkt die 4K-Version dadurch über weite Strecken wie eine Computeranimation, die für das Fernsehen produziert wurde. Der Telenovela-Look kann auf manchen Fernsehern noch schlimmer aussehen, vor allem wenn die Zwischenbildberechnung nicht abgeschaltet wurde. Wie in der 4K-Version von "Terminator 2" wirken die Gesichter manchmal wie gewachst.

Die drei Neuveröffentlichungen leiden nicht unter solchen missglückten Schönheitsoperationen. Auch hier wurde das Filmkorn stark reduziert und durch ein wesentlich feineres ersetzt. Zumindest die digitalen Streams mit ihren niedrigen Bitraten profitieren davon enorm. Denn das feine Filmkorn lädt sich nicht mit digitalen Artefakten auf, die die älteren Streaming-Versionen von Aliens und True Lies auf Disney+ noch verunstalten.

Der Atmos-Mix der englischen Tonspuren profitiert hingegen wenig und unterscheidet sich kaum vom deutschen 5.1-Mix. Der Sound ist solide, gewinnt aber nicht in dem Maße, wie beispielsweise Blade Runner oder Apocalypse Now von Atmos profitieren.

Die digitale Wasserschlange war 1989 bahnbrechend und ein Vorläufer der Effekte, die danach bei Terminator 2 zum Einsatz kamen. Geschaffen wurden sie unter anderem von John Knoll, der später die Bildbearbeitungssoftware Photoshop mit seinem Bruder Thomas entwickelte.

(Bild: 20th Century Fox)

"The Abyss" wirkt nicht wie ein 35 Jahre alter Film, sondern wie mit einer aktuellen Digitalkamera aufgenommen. Farben, Kontraste und Bilddetails profitieren stark von der KI-Postproduktion von Park Road, ohne künstlich zu wirken. Bei den Nahaufnahmen von Ed Harris sind alle Bartstoppeln zu sehen. Lediglich das Gesicht der Hauptdarstellerin Mary Elizabeth Mastrantonio wirkt manchmal etwas zu glattgezogen.

Dass der Film bis auf wenige Einstellungen gegen Ende mit der Alien-Station so taufrisch wirkt, liegt auch daran, dass Cameron damals alle Unterwasseraufnahmen real drehte und bis auf die damals innovative Wasserschlange weitgehend auf Computereffekte verzichtete. Selbst für den Test der Flüssigkeitsatmung wurden im Film echte Ratten eingesetzt, die die Prozedur unbeschadet überstanden haben sollen. Sogar Hauptdarsteller Ed Harris musste die Szenen gegen Ende mit einem wassergefüllten Taucherhelm spielen und länger die Luft anhalten, als ihm lieb war.

Die 171-minütige Special Edition geht vor allem auf die Motive der Aliens näher ein. Die Botschaft gegen die nukleare Kriegseskalation kommt zwar mit dem Holzhammer, ist aber 35 Jahre später aktueller denn je. Kitschig aus der Zeit gefallen sind nur die Aliens, die wie bunte Weihnachtsbäume leuchten - auch sie wurden damals als echte Modelle im Wasser gefilmt.

Fast genauso frisch wie The Abyss wirkt Aliens, das drei Jahre zuvor entstand. Auch hier bringt die Restaurierung Details hervor, wie man sie aus aktuellen Digitalproduktionen kennt. Kontraste und Farben profitieren enorm. Lediglich einige Modellaufnahmen und Rückprojektionen verraten das wahre Alter. Genretypisch wäre für die Atmosphäre älterer Horrorfilme etwas mehr Schmutz durchaus von Vorteil - das ist Geschmackssache.

In der 154-minütigen Special Edition wird der mütterliche Beschützerinstinkt der Hauptfigur Ellen Ripley stärker betont. Die zusätzlichen Szenen geben dem ansonsten geradlinig erzählten, temporeichen Actionfilm etwas mehr Hintergrund. Mitte der 80er Jahre setzte sich der Film mit seiner starken weiblichen Heldin von anderen Genrevertretern mit Stallone und Schwarzenegger ab. Aliens thematisiert im Subtext den militärisch-industriellen Komplex, Feminismus, Männlichkeit, Familienwerte und Xenophobie. Er lässt sich in die eine oder andere Richtung interpretieren, was sicherlich zu seiner Popularität beigetragen hat.

Während The Abyss die aufwendigen Dreharbeiten und die physischen und technischen Herausforderungen in zusätzlichen Dokumentationen schildert, erläutern Cameron und einige seiner Kollegen die Besonderheiten von Aliens in einem eigenen Audiokommentar aus dem Jahr 2003, der allerdings ebenso wenig Details zur neuen Restaurierung enthält wie die anderen Titel.

Nach dem kommerziellen Erfolg plante James Cameron einen zweiten Teil von True Lies, der nach den Angriffen des 11. September 2001 aber ad acta gelegt wurde.

(Bild: Lightstorm Entertainment)

Die Actionkomödie True Lies ist im Vergleich deutlich schlechter gealtert. Dies liegt nicht nur an der Bildqualität. Auch sie profitiert in fast allen Szenen von neuen Details. Allerdings leiden einige Einstellungen unter einem zu verschwommenen Fokus. In einigen Szenen gehen durch die nachgeschärften Details die weichen Übergänge zwischen scharfen und unscharfen Personen verloren. Dies ist zum Beispiel bei den Besprechungen mit Charlton Heston der Fall. Allerdings sahen diese Szenen vor der Restaurierung auch nicht besser aus.

Im Gegensatz zu George Lucas, der die Spezialeffekte von Star Wars immer wieder überarbeiten ließ, lässt Cameron seine Filme intakt. Er korrigiert nicht einmal die Reitszenen, in denen man jetzt klar erkennen kann, wann Schwarzenegger und wann sein Stuntdouble im Sattel sitzen. Die Szenen mit dem Harrier-Jet im Finale wurden sowohl mit echten Flugzeugen als auch mit einem nachgebauten Modell der Maschine gedreht. Nur einzelne Startszenen, die offensichtlich erst in der Postproduktion eingefügt wurden, wirken hier unecht.

Viel mehr aus der Zeit gefallen wirken jedoch die klischeehaften Terroristenfiguren, die flachen Dialoge und das hölzerne Overacting von Schwarzenegger und Curtis. Das trägt zwar viel zum Trash-Faktor bei, den Schwarzenegger-Fans an den alten Filmen des Stars so lieben. Letztlich verharrt dieses Remake des französischen Films "Der Joker und der Jackpot" von 1991 aber in ausgelutschten, schon vor 30 Jahren überholten Rollenverteilungen.

Die drei Restaurationen zeigen, wie sehr man heute mithilfe von KI 30 bis 40 Jahre alte Filme aufpolieren kann. Allerdings ist es nur ein schmaler Grat, bis diese Schönheitsreparaturen zu viel des Guten sind. Bei Abyss und Aliens ist das durchaus gelungen, True Lies ist hart an der Grenze. Gerade Filme aus den 90er Jahren, in denen die ersten niedrigauflösenden Computereffekte eingesetzt wurden, sind heute schwer in 4K zu restaurieren. Dies mag auch ein Grund dafür sein, dass Filme aus dieser Zeit wie zum Beispiel "Fight Club" oder "Strange Days" bisher noch nicht neu überarbeitet wurden.

Das deutlich reduzierte Filmkorn hilft bei Streams, die mit niedrigeren Bitraten als UHD-Blu-rays arbeiten. Allerdings geht dabei auch ein Stück der damaligen Ästhetik des echten analogen Films verloren, die heute nur noch wenige Regisseure wie Quentin Tarantino oder Christopher Nolan in ihren Großproduktionen am Leben erhalten.

Nachtrag 26.4.2024: Heute sind die UHD-Versionen in Deutschland erschienen und wir haben die Disc-Versionen von Abyss und Aliens in Augenschein genommen: The Abyss sieht wie erwartet auf UHD noch ein wenig klarer aus als der Stream und ist visuell uneingeschränkt zu empfehlen.

Anders bei Aliens: Hier bringt die UHD inkonsistente Detailschärfungen zum Vorschein, die bei manchen Kameraschwenks in wachsigen Glättungen absaufen, denen Details fehlen. Bei der geringer aufgelösten Blu-Ray Disc fallen die Unterschiede nicht so stark auf, sodass das Bild hier konsistenter wirkt. Ihr fehlt zwar die englische Dolby-Atmos-Tonspur, die Unterschiede zum DTS-5.1-Mix fallen aber marginal aus.

Noch besser gefällt uns jedoch die alte Blu-ray-Disc von 2011 mit ihrem aufwendigeren Auswahlmenü, da ihr Filmkorn authentischer wirkt und die Atmosphäre eines Action-Films aus den 80ern besser einfängt – auch wenn oder gerade weil manche Szenen nicht so klar aussehen wie bei dem neuen Remaster. Unser Bildeindruck (abgespielt auf einem DP-UB9004 und TX-65MZX1509 von Panasonic) mag auf anderem Equipment mit schlechterem Upscaling allerdings anders ausfallen. Beim digitalen Stream wirkte das Bild der alten HD-Version hingegen matschiger als das neue Remaster. (hag)