Weniger Datenmüll: Voyager 1 schickt plötzlich komplettes Speicherabbild

Die NASA konnte Voyager 1 dazu bringen, weniger Datenmüll zu schicken. Stattdessen hat die Sonde einen Speicher ausgelesen. Das wurde aber tagelang übersehen.

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Raumsonde mit großer Antennenenschüssel

Künstlerische Darstellung einer Voyager-Sonde

(Bild: NASA/JPL)

Lesezeit: 4 Min.

Nach fast vier Monaten hat die Weltraumsonde Voyager 1 vor wenigen Tagen begonnen, nicht mehr ausschließlich Datenmüll zur Erde zu schicken. Das teilte die NASA jetzt mit und erklärte, dass die veränderten Antworten nach einem "Anstupsen" empfangen wurden. Dabei sei die am weitesten von der Erde entfernte Sonde "sanft" dazu aufgefordert worden, Daten vor dem Versand anders zu verarbeiten. Danach habe man erst nur bemerkt, dass sich die empfangenen Daten von denen der vergangenen Monate unterschieden, sie seien aber immer noch falsch formatiert gewesen. Erst ein Ingenieur am Deep Space Network – wo die Daten ankommen – habe entdeckt, dass es sich um den kompletten ausgelesenen Speicher des fehlerhaften Computers handelt. Der werde jetzt analysiert.

Empfangen wurden die Daten laut einem Blogeintrag der NASA am 3. März, erst eine Woche später sei erkannt worden, worum es sich handelt. Das Speicherabbild werde jetzt mit einem älteren verglichen, das vor dem Auftreten des Problems empfangen wurde. Anhand dabei entdeckter Unterschiede werde man nach der Fehlerursache fahnden. Wie das verantwortliche Team erläutert, enthält der Speicher des Flight Data Subsystem (FDS) nicht nur dessen Code, sondern auch Variablen, die sich je nach empfangenen Befehlen ändern können. Außerdem würden dort auch wissenschaftliche und technische Daten der Sonde abgelegt, bevor sie zur Erde geschickt werden. Irgendwo darin sollte sich der Grund dafür finden, dass Voyager 1 seit Monaten nur sinnlose Daten schickt.

Die NASA hat im Dezember publik gemacht, dass einer der drei Computer an Bord von Voyager 1 seit November nur noch Datenmüll sendet. Das FDS ist unter anderem dafür zuständig, Daten von den wissenschaftlichen Instrumenten einzusammeln und zusammen mit technischen Informationen in Pakete zu packen, die zur Erde geschickt werden. Das klappt nicht mehr und seit Beginn der Probleme kommt auf der Erde nur noch ein Trägersignal an, das bestätigt, dass die Sonde aktiv ist. Hinweise auf andere Fehler gibt es nicht. Außerdem konnte bestätigt werden, dass die Sonde Befehle von der Erde empfängt. Am 1. März sei das FDS dann aufgefordert worden, "verschiedene Sequenzen in seinem Softwarepaket auszuprobieren". Danach habe man das neue Signal empfangen.

Nachdem von den Verantwortlichen für Voyager 1 in den vergangenen Wochen und Monaten immer skeptischere Worte zum Schicksal der Sonde zu hören waren, gibt das neue Signal nun Anlass zur Hoffnung. Auf dessen Basis eine mögliche Lösung zu entwickeln und dann auch anzuwenden, werde aber Zeit dauern. Anders als bei jüngeren Sonden gibt es für dieses alte Modell keine Simulatoren auf der Erde, das Team muss jahrzehntealte Anleitungen auf Papier finden und durchforsten. Viele der Menschen, die das Gerät einst entwickelt und gebaut haben, sind längst im Ruhestand oder gestorben. Erschwert wird die Arbeit durch die enorme Entfernung der Sonde: Signale dorthin brauchen weit über 22 Stunden. Noch einmal so lang dauert es, bis eine Antwort auf der Erde eintrifft.

Voyager 1 und ihre Schwestersonde Voyager 2 starteten 1977 und konnten für ihre Reise eine seltene Konstellation ausnutzen, in der die vier größten Planeten des Sonnensystems einander besonders nahekamen. Beide besuchten den Jupiter und holten an ihm Schwung zum Saturn, wo sich ihre Wege trennten: Voyager 1 katapultierte sich dort hinaus aus der Ebene des Sonnensystems, Voyager 2 nahm Kurs auf Uranus und Neptun. Vorgesehen war ursprünglich lediglich eine vierjährige Mission; inzwischen sind sie 46 Jahre unterwegs und noch immer aktiv. Das Voyager-Programm gehört zu den größten Erfolgen der NASA. Zuletzt erreichten die Voyager-Zwillinge – weil es bei Weltraumsonden damals so viele Fehlschläge gab, gab es von allen wichtigen zwei – den interstellaren Raum.

(mho)