GSM-Renner

T-Mobile gibt Gas beim mobilen Internetzugang: Mit der EDGE-Technik beschleunigt der Anbieter die Datenübertragung in seinem GSM-Mobilfunknetz auf das Drei- bis Vierfache.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 21 Min.
Von
  • Rudolf Opitz

Bild 1 [150 x 150 Pixel @ 13,1 KB]

Vergrößern

T-Mobile gibt Gas beim mobilen Internetzugang: Mit der EDGE-Technik beschleunigt der Anbieter die Datenübertragung in seinem GSM-Mobilfunknetz auf das Drei- bis Vierfache. Kunden mit einem halbwegs aktuellen Handy kommen dadurch automatisch schneller ins Internet – und das ohne UMTS.

Wer sein Handy über den Datendienst GPRS (General Packet Radio Service) zum Mailen und Surfen nutzt, musste bislang mit Datenraten leben, die denen eines betagten Analog-Modems gleichen. Mit EDGE (Enhanced Data Rates for GSM Evolution) landen Daten drei- bis viermal so schnell beim Empfänger: Während aktuelle GPRS-Handys üblicherweise bis zu 53,6 kBit/s empfangen und 26,8 kBit/s senden, erreichen EDGE-Geräte maximal 217,6 kBit/s in Empfangs- und 108,8 kBit/s in Senderichtung. Damit übertrumpft EDGE nicht nur einen ISDN-Kanal, sondern beim Senden sogar UMTS: Normale UMTS-Handys senden maximal 64 kBit/s.

Die EDGE-Technik eignet sich sowohl zur Beschleunigung des paketorientierten Datendienstes GPRS als auch für das verbindungsorientierte HSCSD (High Speed Circuit Switched Data), das von E-Plus und Vodafone angeboten wird. Die Varianten nutzen dieselben Funknetz-Ressourcen wie die normalen Datendienste. In der Praxis kommt nur die GPRS-basierte Variante, auch Enhanced GPRS (EGPRS) genannt, zum Einsatz. Prinzipiell funktioniert EDGE auch mit HSCSD; man spricht dann von Enhanced Circuit Switched Data (ECSD). Da HSCSD als mobiler Datendienst keine große Rolle mehr spielt – mit ihm lassen sich direkte Kontakte zu Modemgegenstellen und Faxgeräte herstellen –, ist eine Einführung von ECSD nicht geplant.

EDGE, oder besser gesagt EGPRS, spielt als kostengünstige Alternative zu UMTS in vielen Ländern schon längst eine große Rolle. Es kommt etwa in Osteuropa, aber beispielsweise auch in Österreich und der Schweiz zum Einsatz und versorgt dort unter anderem dünn besiedelte Gebiete, für die sich ein UMTS-Ausbau nicht lohnen würde. In Deutschland hatten sich die Netzbetreiber bislang gegen EGPRS ausgesprochen und auf das bessere und technisch anspruchsvollere UMTS verwiesen – schließlich hat man Milliarden dafür investiert.

GSM-Vorstoß

Auf der CeBIT 2006 hat T-Mobile jedoch parallel zum offiziellen Start des UMTS-Beschleunigers HSDPA angekündigt, sein GSM-Netz mit EGPRS auszustatten. Der Dienst stehe in bereits umgerüsteten Funkzellen ab sofort zur Verfügung. T-Mobile nutzt dabei die geplante Modernisierung und den Ausbau seines GSM-Netzes – 1200 neue GSM-Basisstationen sollen bundesweit zusätzlich entstehen -, um weiträumig auf EGPRS umzustellen. Der Plan sieht vor, bis 2007 rund 10 000 Standorte mit neuen Basisstationen von Alcatel und Ericsson auszustatten. Die aktuelle Netz-Hardware der Zulieferer versteht sich standardmäßig auf EGPRS, sodass der Netzbetreiber den Datendienst quasi als Dreingabe dazubekommt.

Bild 5 [250 x 300 Pixel @ 36,5 KB]
Nokia stattet GSM-Handys wie das 6131 schon seit längerem mit EGPRS aus, andere Hersteller wie LG verkaufen EDGE-fähige Mobiltelefone bislang nicht in Deutschland. Vergrößern

T-Mobile ist damit der einzige Netzbetreiber in Deutschland, der bislang den schnellen GSM-Datendienst anbietet. Doch gibt es zurzeit nur wenige Standorte. Im dritten Quartal 2006 will T-Mobile die Umrüstung des GSM-Netzes beschleunigen. Dann sollen auch ländliche Gebiete bedacht werden, in denen eine UMTS-Versorgung vorerst nicht geplant ist. Der Netzbetreiber will EGPRS zur Grundabdeckung nutzen und bis 2007 50 Prozent der Bundesbürger mit EGPRS versorgen. Dies dürfte eine gute Nachricht für Kunden sein, die bislang weder Zugang zu DSL noch zu UMTS haben.

Da EGPRS an sich kein brandneuer Datendienst ist, gibt es einen für potenzielle Anwender entscheidenden Vorteil: Viele Handynutzer brauchen sich fürs Surfen via EGPRS kein neues Endgerät zu kaufen, da zahlreiche Modelle damit schon ausgestattet sind. Wir haben die bisher verfügbaren, EGPRS-fähigen Handys in der Tabelle auf der letzten Seite dieses Artikels aufgelistet. Der Start des Datendienstes dürfte auch weitere Hersteller dazu animieren, ihre Geräte, die im Ausland längst mit EGPRS verkauft werden, auch hierzulande anzubieten.

Turbo-GPRS

Die EDGE-Variante EGPRS verhält sich, abgesehen von der höheren Übertragungsrate, wie GPRS: Sie hält über spezielle Signalisierungskanäle auf Wunsch ständigen Kontakt zum Internet – eine wichtige Voraussetzung für Pushmail-Dienste – und belegt die knappen Netzressourcen nur, wenn auch wirklich Daten zur Übertragung anstehen. Der Netzbetreiber berechnet dem Kunden die übertragene Datenmenge. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Verbindung zum Internet über GPRS, EGPRS oder UMTS zu Stande kommt, da alle paketorientierten Dienste über die gleiche Datenbank im Kernnetz abgerechnet werden. Für EGPRS-Nutzer kann sich also auch ein für UMTS gedachter Datentarif lohnen.

EGPRS verwendet wie GPRS mehrere Zeitschlitze oder GSM-Kanäle gleichzeitig. Die hohen Übertragungsraten erreicht EGPRS jedoch nicht durch Bündeln besonders vieler Kanäle, sondern durch Erhöhung der Datenrate pro Kanal. Mittels einer hochwertigeren Modulationsart überträgt der schnelle Datendienst dreimal so viel Bits pro Kanal wie GPRS, ohne dabei mehr Netzressourcen zu beanspruchen (siehe EGPRS im Detail).

Auch bei der Übertragung der Datenpakete und der Reaktion auf veränderte Funkverhältnisse zeigt sich EGPRS technisch ausgereifter als sein Vorgänger, weil es bei Fehlern schneller auf eine niedrigere Datenrate mit besserer Fehlerkorrektur wechseln kann.

EGPRS in der Praxis

EGPRS-Funkzellen machen sich im T-Mobile-Netz noch rar, doch wurden wir an der AWD-Arena in Hannover kurz vor der WM fündig. Mit einer Auswahl neuerer und älterer EDGE-Handys haben wir dort den FTP-Durchsatz mit 100 und 500 KByte großen Testdateien gemessen. Von Nokia mussten das aktuelle Klapphandy 6131 und das verbreitete 6230i zeigen, wie gut sie sich als EGPRS-Modems eignen; von Samsung wählten wir das TV-Handy SGH-P900 und von Siemens das S75 (siehe FTP-Durchsätze in der Tabelle unten).

Bild 4 [250 x 181 Pixel @ 40,9 KB]
Die verbreiteten Handys Nokia 6230i und Siemens S75 eignen sich dank Bluetooth und EGPRS gut zum mobilen Surfen. Vergrößern

Wie schon bei UMTS reichen die üblichen GPRS-Einstellungen, die für alle paketorientierten Datendienste gelten. Die Mobiltelefone erkennen den EGPRS-Datendienst automatisch. Während UMTS-Handys jedoch über Symbole im Display anzeigen, ob sie im UMTS- oder im GSM-Netz funken, fehlt den EDGE-Geräten eine Displayanzeige für das Vorhandensein von EGPRS. Nur die hohen Übertragungsraten verraten Funkzellen mit dem schnellen Datendienst.

Die Ergebnisse können sich sehen lassen, zumal EGPRS erst seit wenigen Monaten nutzbar ist und sicherlich noch etwas Fein-Tuning fehlt: Beim Empfang einer 500-KByte-Datei erreichten bis auf das Samsung-Modell alle Handys Durchsätze von über 20 KByte/s, was dem Dreifachen eines ISDN-Kanals entspricht. Bei der 100 KByte großen Testdatei lagen die Ergebnisse bei etwa 18 KByte/s – augenscheinlich verhält sich EGPRS wie UMTS und benötigt zwei bis drei Sekunden, bis er die volle Datenrate erreicht. Auch EGPRS scheint also beim Empfang vieler kleiner Dateien, wie sie beim Surfen oft vorkommen, nur mit angezogener Handbremse zu agieren.

In Senderichtung überträgt EGPRS im Vergleich zu anderen Datendiensten im Mobilfunknetz besonders flott: Mit Durchsätzen zwischen 10 und 12 KByte/s übertrumpft er sogar UMTS-Handys, die im Netz der dritten Generation meist nur 64 kBit/s senden, was einem Durchsatz von rund 7,5 KByte/s und damit einem ISDN-Kanal entspricht.

Bei den Antwort- oder Ping-Zeiten liegt EGPRS nach den ersten Tests zwischen 300 und 400 Millisekunden und ordnet sich damit zwischen GPRS, wo man mit Laufzeiten von 500 bis 700 Millisekunden rechnen muss, und UMTS mit Ping-Zeiten zwischen 150 und 250 Millisekunden ein. Die Zeiten können je nach Mobilfunknetz und Endgerät erheblich variieren. Für Online-Spieler, die Ping-Zeiten von deutlich unter 50 ms erwarten, taugt Mobilfunk daher bisher nicht. Auch bei Echtzeit-Anwendungen wie IP-Telefonie oder Internet-Videokonferenzen muss man Abstriche machen.


FTP-Durchsatz EGPRS und GPRS
DatendienstEGPRSGPRS
Dateigröße100 KByte500 KByte100 KByte
[KByte/s]empfangensendenempfangensendenempfangensenden
 besser →besser →besser →besser →besser →besser →
Nokia 613116,7 KByte (16,7)11,4 KByte (11,4)22,0 KByte (22,0)11,8 KByte (11,8)5,1 KByte (5,1)2,8 KByte (2,8)
Nokia 6230i18,4 KByte (18,4)10,7 KByte (10,7)22,4 KByte (22,4)12,0 KByte (12,0)5,2 KByte (5,2)2,8 KByte (2,8)
Samsung SGH-P90013,2 KByte (13,2)10,4 KByte (10,4)14,4 KByte (14,4)11,7 KByte (11,7)5,2 KByte (5,2)2,9 KByte (2,9)
Siemens S7517,7 KByte (17,7)11,0 KByte (11,0)22,2 KByte (22,2)11,9 KByte (11,9)5,2 KByte (5,2)2,9 KByte (2,9)

Stiefkind

EGPRS ist ein guter Kompromiss zwischen UMTS und GPRS. Beim mobilen E-Mail-Versand sticht der Datendienst mit Sende-Durchsätzen von über 10 Kilobyte pro Sekunde sogar UMTS aus. Zusätzlich schont EGPRS die Netzressourcen, da dem Kunden selbst mit nur zwei gebündelten Kanälen Datenraten über dem ISDN-Niveau zur Verfügung stehen. So bleiben mehr Kanäle zum Telefonieren frei, was den Netzbetreiber freut. Auch UMTS-Kunden kommt die EGPRS-Versorgung zugute, denn viele Endgeräte sind EDGE-fähig und können so in UMTS-Versorgungslücken auf die schnelle Alternative zurückgreifen.

Bei T-Mobile selbst scheint man EGPRS jedoch noch etwas stiefmütterlich zu behandeln. So verrät die Website des Providers bislang nicht, welche der angebotenen Handys den schnellen Datendienst unterstützen, auch gibt die Übersichtskarte von Deutschland, die die Verfügbarkeit der T-Mobile-Netze anzeigt, bislang keine Auskunft, wo man denn EGPRS schon benutzen kann. Auch beim Personal des Netzbetreibers scheint es noch einige Unklarheiten zu geben: So teilte uns ein Techniker über die Service-Hotline beispielsweise mit, man brauche dafür zwingend ein UMTS-Handy, was Unsinn ist, da EDGE für das GSM-Netz konzipiert wurde. Außer dem Ausbau des GSM-Netzes mit EGPRS und der Aktualisierung der Website mit Informationen zu dem Datendienst stehen also auch Schulungsmaßnahmen für T-Mobile-Mitarbeiter an. (rop)

Literatur
[1] EDGE-Grundlagen: www.umtslink.at/EDGE/edge.php
[2] Handy-Galerie auf heise mobil: www.heise.de/mobil/handygalerie

Themenforum Handy & PDA


EDGE-fähige Handys
HerstellerModellEDGE-KlasseEmpfangenSenden
AlcatelOT-S85310217,6 kBit/s108,8 kBit/s
BenQ-SiemensC8110217,6 kBit/s108,8 kBit/s
CF7510217,6 kBit/s108,8 kBit/s
EL7110217,6 kBit/s108,8 kBit/s
SL7510217,6 kBit/s108,8 kBit/s
S7510217,6 kBit/s108,8 kBit/s
MotorolaV23510217,6 kBit/s108,8 kBit/s
V63510217,6 kBit/s108,8 kBit/s
Nokia32002108,8 kBit/s54,4 kBit/s
32204163,2 kBit/s54,4 kBit/s
32302108,8 kBit/s54,4 kBit/s
325010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
51406163,2 kBit/s108,8 kBit/s
5140i6163,2 kBit/s108,8 kBit/s
60204163,2 kBit/s54,4 kBit/s
60216163,2 kBit/s108,8 kBit/s
60706163,2 kBit/s108,8 kBit/s
61014163,2 kBit/s54,4 kBit/s
61036163,2 kBit/s108,8 kBit/s
61118217,6 kBit/s54,4 kBit/s
612510217,6 kBit/s108,8 kBit/s
613110217,6 kBit/s108,8 kBit/s
617010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
62202108,8 kBit/s54,4 kBit/s
623010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
6230i10217,6 kBit/s108,8 kBit/s
623310217,6 kBit/s108,8 kBit/s
627010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
628010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
663010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
668010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
668110217,6 kBit/s108,8 kBit/s
68102108,8 kBit/s54,4 kBit/s
68202108,8 kBit/s54,4 kBit/s
68224163,2 kBit/s54,4 kBit/s
72004163,2 kBit/s54,4 kBit/s
72604163,2 kBit/s54,4 kBit/s
727010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
728010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
73606163,2 kBit/s108,8 kBit/s
737010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
771010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
88008217,6 kBit/s54,4 kBit/s
930010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
9300i10217,6 kBit/s108,8 kBit/s
950010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
E6010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
E6111217,6 kBit/s163,2 kBit/s
E7010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
N7010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
N7110217,6 kBit/s108,8 kBit/s
N8011217,6 kBit/s163,2 kBit/s
N9010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
N9110217,6 kBit/s108,8 kBit/s
O2xda mini S10217,6 kBit/s108,8 kBit/s
xda neo10217,6 kBit/s108,8 kBit/s
Qtek910010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
S20010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
831010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
850010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
Sagemmy700X2108,8 kBit/s54,4 kBit/s
SamsungSGH-D80010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
SGH-D82010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
SGH-E37010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
SGH-i30010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
SGH-P90010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
SGH-X67010217,6 kBit/s108,8 kBit/s
Sony EricssonW300i10217,6 kBit/s108,8 kBit/s
W810i10217,6 kBit/s108,8 kBit/s
T-MobileMDA vario10217,6 kBit/s108,8 kBit/s
VodafoneVPA compact II10217,6 kBit/s108,8 kBit/s
VPA compact s10217,6 kBit/s108,8 kBit/s
VDA II10217,6 kBit/s108,8 kBit/s
Diese Liste stellt den Stand unserer Datenbank zum Zeitpunkt der Recherche dar. Neuere EDGE-fähige Handys finden Sie in unserer Handy-Galerie


EGPRS im Detail
Netzseitig benötigt EGPRS nur umgerüstete Basis- oder Transceiverstationen, die die EDGE-Modulation beherrschen und deren Sendeverstärker daran angepasst sind. Alle weiteren GPRS-spezifischen Netzkomponenten funktionieren unabhängig von der Datenrate sowohl mit GPRS als auch mit EGPRS.

Das GSM-Netz unterteilt jede Übertragungsfrequenz in acht Zeitschlitze. Da für ein Mobiltelefonat ein Zeitschlitz ausreicht, lassen sich so bis zu acht Gespräche pro Frequenz gleichzeitig vermitteln. Um möglichst hohe Datenraten zu erzielen, bündeln sowohl GPRS als auch EGPRS mehrere Zeitschlitze.

Wie viele Zeitschlitze, auch GPRS-Kanäle genannt, ein Endgerät gleichzeitig nutzen kann, gibt die Multislot-Klasse an (siehe Tabelle). Bei manchen Klassen unterscheiden sich die Summen der maximal verfügbaren Kanäle für Empfangs- und Senderichtung und der für beide Richtungen verfügbaren Kanäle. So bündelt ein Klasse-10-Handy zwar bis zu vier Empfangs- und zwei Sendekanäle, doch stehen für beide Richtungen insgesamt nur fünf zur Verfügung. Beim Datenempfang kommt daher die Kombination 4 + 1, beim Senden 3 + 2 (Empfangen + Senden) zum Zuge. In der Praxis fallen diese Wechsel nicht weiter auf, weil sich die Anzahl der Kanäle von Datenpaket zu Datenpaket ändern kann. Da Sprachdienste zudem Vorrang vor Datendiensten haben, entzieht das Netz einer (E)GPRS-Verbindung einen oder mehrere Kanäle, wenn es sie für Telefonate braucht.


Multislot-Klassen von GPRS und EGPRS
Multislot-Klassemaximale Empfangskanälemaximale Sendekanälemaximale Kanäle gesamt
1112
2213
3223
4314
5224
6324
7334
8415
9325
10425
11435
12445

Die Multislot-Klassen-Tabelle gilt sowohl für GPRS als auch für EGPRS. Um höhere Datenraten pro Kanal zu erreichen, setzt das EDGE-Verfahren auf eine Technik, die Online-Veteranen von analogen Modems her kennen: Man moduliert den Datenstrom so, dass bei jedem Signalwechsel nicht nur ein, sondern mehrere Bits übermittelt werden. Dabei bleiben die pro Sekunde über den GSM-Zeitschlitz übertragenen Signale, die Symbolrate, die man in der Modemtechnik auch Baudrate nennt, gleich.


Coding Schemes
GPRSDatenrate pro KanalModulationsartEGPRSDatenrate pro Kanal
CS19,05 kBit/sGMSKMCS18,8 kBit/s
CS213,4 kBit/sGMSKMCS211,2 kBit/s
CS315,6 kBit/sGMSKMCS314,8 kBit/s
CS421,4 kBit/sGMSKMCS417,6 kBit/s
--8PSKMCS522,4 kBit/s
--8PSKMCS629,6 kBit/s
--8PSKMCS744,8 kBit/s
--8PSKMCS854,4 kBit/s
--8PSKMCS959,2 kBit/s

GPRS nutzt das Modulationsverfahren GMSK (Gaussian Minimum Shift Keying), das zwei Zustände kennt und daher pro Symbol ein Bit überträgt. Über einen Kanal lassen sich brutto maximal 22,8 kBit/s senden oder empfangen. In der Praxis ist die nutzbare Datenrate geringer, da die verschiedenen Übertragungsprotokolle zusätzliche Bits zur Absicherung benötigen. Das beginnt bei Signalisierungs-Bits, mit denen der Empfänger ein fehlerhaft empfangenes Byte erkennen und die Daten bei Bedarf erneut anfordern kann, und endet bei den Headern, mit denen die GPRS- und IP-Pakete gekennzeichnet werden. Je nach Größe dieses Overheads unterscheidet man bei GPRS vier Coding Schemes (CS1 bis CS4, siehe Tabelle), die je nach Verbindungsqualität und Netzeinstellung zum Einsatz kommen. Je niedriger die CS-Nummer, desto geringer die Netto-Datenrate. Dafür steigt die Übertragungssicherheit, da der zusätzliche Overhead für die Fehlerkorrektur genutzt wird.

Bild 7 [250 x 246 Pixel @ 24,6 KB]
Das bei GPRS eingesetzte GMSK kodiert lediglich zwei Zustände (1 Bit) durch Phasenmodulation.

EGPRS kennt ebenfalls die GMSK-Modulation, verwendet jedoch 8PSK (8-Phase Shift Keying), wenn es die Funkverbindung erlaubt. Die beiden Modulationsverfahren funktionieren zwar ähnlich, doch während GMSK nur zwei Zustände pro gesendetem Symbol nutzt, kodiert 8PSK deren acht, mit denen drei Bits darstellbar sind. Mit 8PSK lässt sich bei gleicher Symbolrate daher etwa die dreifache Bitrate, pro Kanal brutto 69,2 kBit/s, übertragen. Für den Empfänger ist es schwieriger, die acht Zustände bei schlechten Funkverhältnissen fehlerfrei zu erkennen, daher kann EGPRS auch auf das sicherere GMSK zurückgreifen. Bei EGPRS– und EDGE allgemein– gibt es daher insgesamt neun Modulation and Coding Schemes (MCS1 bis MCS9). Die ersten vier nutzen wie GPRS GMSK, die höheren fünf 8PSK. Die Datenraten zwischen den GPRS- und den ersten vier EGPRS-Schemes unterscheiden sich etwas, da die beiden Datendienste verschieden große Header- und Paketgrößen einsetzen.

Bild 6 [250 x 225 Pixel @ 27,5 KB]
EGPRS nutzt für hohe Datenraten die 8PSK-Modulation, die acht Zustände (3 Bit) kodiert.

Obwohl GPRS vier Coding Schemes kennt, erlauben alle Netzbetreiber in Deutschland maximal CS2, da die höheren CS eine zu geringe oder überhaupt keine Toleranz für Übertragungsfehler besitzen. Bei GPRS kann dieses Manko jedoch schnell zu Problemen führen: Treten beispielsweise während der Übertragung eines GPRS-Datenpakets Fehler auf, etwa weil sich die Empfangslage verschlechtert hat, fordert der Empfänger das Paket erneut an und meldet die veränderte Funksituation an den Sender. Dieser benutzt darauf zwar für weitere Datenpakete ein kleineres Coding Scheme mit geringerer Datenrate, aber besserer Fehlerkorrektur, das zu wiederholende Paket muss jedoch mit demselben CS wie das fehlerhafte gesendet werden, da GPRS die so genannte Resegmentierung nicht beherrscht. Um ständiges Neusenden zu verhindern, setzen die deutschen Funknetze maximal CS2 mit 13,4 kBit/s ein, das noch eine gute Fehlerkorrektur bietet.

EGPRS kann dagegen flexibler und schneller auf wechselnde Funkverhältnisse reagieren und bei Fehlern sofort auf ein niedrigeres MCS wechseln, um so mehrfach wiederholtes Senden desselben Datenpakets zu vermeiden. Daher gestattet das T-Mobile-Netz bei EGPRS maximal MCS8, was immerhin 54,4 Kilobits pro Sekunde und Kanal entspricht.