Kurztest Lensbaby-Objektive – Experimentelle Optiken mit besonderen Unschärfen

Wirbelndes oder träumerischer Bokeh, verlagerte Schärfeebene – die Lensbabys Composer Edge 80 und Trio bringen besondere Unschärfen mit. Wir haben sie getestet.

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Der Composer von Lensbaby mit dem Edge-80-Einsatz: Er eignet sich als leichtes Tele unter anderem für Porträts. Auch Makros sind möglich. Dazu wird der Einsatz etwas aus dem Objektiv herausgezogen.

(Bild: Christine Bruns)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Christine Bruns
Inhaltsverzeichnis

Die Fotografie ist ohnehin ein kreatives Hobby, aber es geht auch experimenteller und verrückter. Wir haben für einen Test zwei besondere Objektive ausprobiert – Lensbaby Composer Edge 80 und das Lensbaby Trio. Wir möchten Ihnen zeigen, was diese Optiken können und worauf Sie sich bei Ihnen einlassen.

c't Fotografie 3/24

Ein Lensbaby wollte ich schon seit Längerem einmal ausprobieren, denn gerade die experimentelle Herangehensweise an die Fotografie machte mich neugierig. Besonders interessierte mich der Composer, mit dem ich einfach die Schärfeebene in alle Richtungen verdrehen kann.

Mit dem Composer lässt sich die Schärfeebene verlagern. Dazu bewegt der Fotograf den vorderen Teil des Objektivs mit Hilfe des mittigen Gelenks.

(Bild: Christine Bruns)

Als mein Kollege Thomas Hoffmann einige Lensbabys für den X-Mount in die Redaktion bestellte, habe ich die Gelegenheit ergriffen und die Geräte ausprobiert. Zum einen hatte ich nun den Composer mit dem Edge-80-Einsatz in der Fototasche und zum anderen das Trio, das gleich drei Optiken mitbringt: ein Sweet, ein Velvet und ein Twist.

Das Trio ist nur etwas größer als ein Pancake-Objektiv – gut geeignet für unterwegs.

(Bild: Christine Bruns)

Der Fotograf dreht immer die Linse in den Strahlengang, deren Effekt er nutzen möchte.

(Bild: Christine Bruns)

Meine ersten Motive fand ich auf einem Gelände, auf dem eine Fabrik Ihre Bahnwaggons zum Warentransport abstellt. Die großen Kastenwagen sind mit farbenfrohen Graffitis geschmückt, die mit dem Farbprofil Velvia von Fujifilm sehr gut zur Geltung kommen. Die Waggons besitzen viele symmetrische Strukturen, die sich für das Spiel mit der Unschärfe hervorragend eignen. Dazu liegt das Gelände so, dass man die Wagen vom Bürgersteig aus fotografieren kann.

Durch die Staffelung der Häuschen an der Bushaltestelle lässt sich sehr gut beobachten, wie der Composer die Schärfeebene vorn hintn nach vorn durchs Bild legt.

(Bild: Christine Bruns)

Natürlich sind die Ergebnisse sehr experimentell und wirken auch durch die Farben spannend. Doch die Schärfe lässt sich entlang der Waggons legen oder kann bestimmte Bereiche betonen. Es ist auch möglich, sie von vorn nach hinten ins Bild zu legen.

Auch bei diesen Bahnwaggons erhöht die verschobenen Schärfeebene die Spannung. Das Bild erhält dadurch einen leicht surrealen und gleichzeitig malerischen Ausdruck.

(Bild: Christine Bruns)

Lensbabys sind keine perfekten Objektive. Sie weisen jede Menge Bildfehler wie Farbsäume auf und auch eine knackige Schärfe lassen sie vermissen. Das ist allerdings zu großen Teilen so gewollt. Der Composer ist als rein experimentelle Optik zu sehen, daher erübrigt sich auch der Versuch, ihn im Labor auszumessen, schon das korrekte Ausrichten erweist sich aufgrund des drehbaren Gelenks als sehr schwierig.

Auch hier liegt die Schärfeebene leicht schräg. Dennoch betont sie nur ein Detail. Die Offenblende von f/2.8 sorgt für eine geringe Schärfentiefe, fast wirkt es, als würde der Zug fahren, doch er steht.

(Bild: Christine Bruns)

Wie eigentlich alle Lensbabys eignet er sich daher eher für emotionale Fotografie. Man muss oft eine ganze Weile herumprobieren. Nicht immer gelingt das, was man sich vorstellt. Dennoch sind gerade diese überraschenden Aufnahmen spannend. Beim Fotografieren mit diesem Objektiv kommt es eben nicht nur auf das Ergebnis an. Sie sollten auch Freude am Prozess haben.

Dieses Rosettenfenster wirft durch den hohen Sonnenstand sehr schöne Lichtflecken an die Wand dahinter. Ich wollte sowohl das Fenster als auch den Lichtfleck scharf haben, ohne die Blende zu schließen. Mit dem Composer – und etlichen Versuchen, die Schärfeebene richtig zu platzieren – ist das einigermaßen gelungen.

(Bild: Christine Bruns)

Das zweite Lensbaby im Test ist das Trio 28mm f/3.5. Es bringt die drei genannten Optiken mit, die man in den Strahlengang der Kamera dreht. Die Blende ist fest und kann nicht geändert werden. Jedes der drei Objektive sorgt für einen unterschiedlichen Effekt, aber eines haben alle gemeinsam: Sie besitzen eine ungewöhnliche Unschärfe.

Das Sweet bringt ein unnatürliches Bokeh mit. Es wird nur die Mitte einigermaßen scharf. Der Rest der Aufnahme verschwindet in einer weichen Unschärfe, die zum Rand hin immer stärker wird. Der scharfe Fleck in der Bildmitte wird auch "Sweet Spot" genannt.

Das Velvet erzeugt ebenfalls eine Unschärfe im Bild. Diese soll mit sanften Fokusübergängen, einer Vignettierung und überstrahlten Lichtern für einen träumerischen Look sorgen. In vielen Fällen wirkt das auch relativ gut, aber nicht in jedem Fall. Sowohl das Sweet als auch das Velvet eignen sich für besondere Porträts. Sehr schön ist der Effekt bei Fotos von Kleinkindern, sie wirken dadurch äußerst zart.

Der Velvet-Effekt sorgt neben der Unschärfe im Bild auch für einen träumerischen Glow.

(Bild: Christine Bruns)

Das wirbelnde Bokeh des Twist macht ein Bild an sich schon zum Hingucker. Die Unschärfe inklusive der Lichtpunkte darin dreht sich im Kreis um das Bildzentrum, was auch als Bokeh-Swirl bezeichnet wird. Es kann recht psychedelisch wirken und stellt die scharfe Mitte stärker heraus. Erzeugt wird der Effekt durch bewusst eingesetzte sphärische Aberration in der Optik selbst.

Der Twist-Effekt lässt das Bokeh im Hintergrund um das mittig platzierte Objekt oder eine Person wirbeln.

(Bild: Christine Bruns)

Beim Sweet-Objektiv wird nur die Mitte scharf. Der Rest verschwindet in einer zum Rand hin anwachsenden Unschärfe.

(Bild: Christine Bruns)

Tipp: In der Ausgabe 5/23 der c‘t Fotografie (erscheint am 4. September 2023) entdecken Sie weitere Objektive für den X-Mount von Fujifilm. Diese sind großenteils gute und günstige Alternativen zu den Originaloptiken des Herstellers, aber es gibt auch kleine Überraschungen darunter, wie eben die Lensbabys.

(cbr)