Make Magazin 4/2023
S. 3
Make
Editorial

Nachfrage erhöhen

Nachhaltigkeit geht in Deutschland so: Umweltverbände raten vom Kauf chinesischer Produkte ab, weil sie unter schlechten Bedingungen produziert seien und der Transport nicht klimaneutral ist. Wirtschaftsverbände warnen vor allzu großer Abhängigkeit von chinesischen Fertigern, man solle doch lieber wieder regional produzieren und kaufen. Kurze Zeit darauf: Die App des neuen chinesischen Onlinemarktplatz Temu erscheint und schießt auf Platz eins im Google Play Store. Die Leute bestellen wie blöde, ich leider auch, ein paar Maker-Boards.

Mein schlechtes Gewissen plagt mich und so suche ich ernsthaft nach alternativen Quellen. Versuch 1: Keine Boards mehr aus chinesischer Produktion. Schwierig! Deutsche Versender bieten immerhin neben umgelabelten China-Krams auch Produkte von den US-Herstellern Adafruit und Sparkfun. Adafruit fertigt und bestückt nach eigenen Angaben in den USA und verkauft zu akzeptablen Preisen. Ok, klingt erstmal gut. Aber war jetzt die Produktion besonders klimaschädlich oder war es der Transport? Falls letzteres: Gibt es dann einen Unterschied, ob ich ein Sensor-Board von Adafruit aus New York kaufe, statt eines von Hop Sing aus Shenzen?

Versuch 2: Produkte aus Europa. Arduino druckt auf seine Boards „Assembled in Italy“ und die Raspberry Pi Foundation fertig ihre Pis unter anderem bei Sony in UK. Bei den Anbietern in Deutschland fiel mir Watterott auf, der seit Jahren eigene Boards mit ATmegas, ESPs und Sensoren in größerem Stil hierzulande fertigt – inklusive Entwicklung und Bestückung. Natürlich sind auch da Komponenten aus China drauf.

Ich komme zwar der Sache näher, aber so richtig Maker-Vielfalt Made in Germany gibt es aktuell nicht. Wenn man etwa einen DC-DC-Step-Up-Wandler mit 3A sucht, ist die Auswahl ohne Fernost sehr gering. Während im Supermarkt das Angebot an Bio, fair, vegan und regional wegen der steigenden Nachfrage vergleichsweise groß ist, fehlt dies bei Technik offenbar.

Bevor man jetzt auf das Basteln mit China-Krachern aus den bekannten Gründen verzichtet, gäbe es einen Kompromiss: Statt Produkte in China zu kaufen, entscheidet man sich für den Kauf der gleichen Ware beim deutschen Händler und lässt so die heimische Wirtschaft mitverdienen. Das ist der erste Schritt zu signalisieren, dass man etwas ändern möchte. Im zweiten Schritt müssen wir als Maker-Community die Nachfrage nach regional produzierten Komponenten erhöhen. Fertigungslinien gibt es und dass die Preise trotzdem konkurrenzfähig bleiben, beweisen Watterott und Adafruit.

Happy Hacking!

make-magazin.de/xk1r

Daniel Bachfeld

Daniel Bachfeld