MIT Technology Review 6/2023
S. 110
Review
Meinung
Wird der neue EU-Vorschlag Gesetz, muss nicht mehr jede gentechnisch erzeugte Getreidesorte gekennzeichnet werden.
Wird der neue EU-Vorschlag Gesetz, muss nicht mehr jede gentechnisch erzeugte Getreidesorte gekennzeichnet werden.
Foto: mauritius images / Nick Gregory

CRISPR allein macht keine grüne Wende

Die EU will Auflagen für bestimmte Nutzpflanzen lockern, die mit CRISPR und Co. hergestellt wurden. Sie sollen Pestizide reduzieren und gelten als Waffe gegen den Hunger. Doch dafür sind zunächst andere Maßnahmen nötig.

Seit Jahrzehnten ist bekannt, dass die konventionelle Landwirtschaft der Natur – Menschen inklusive – enorm schadet: zu viel Dünger, zu viele Pestizide und zu viele Monokulturen auf den Feldern. Ob zu wenig Gentechnik ein Problem ist, wird seit Anfang Juli mal wieder heftig diskutiert. Anlass ist ein Vorschlag der EU, die Regulierung für Getreide, Obst und Gemüse, das mit neuen genomischen Tools (NGT) wie der Genschere CRISPR hergestellt wurde, drastisch zu vereinfachen. Naturschutzverbände reden von einem Tabubruch, Befürworter erhoffen sich vom neuen Gesetz eine Art Ökowunder – eine drastische Pestizidreduktion, die Demokratisierung des Saatgutmarktes und eine Lösung für den Hunger in der Welt.

Die neuen Gentechnikwerkzeuge können gezielt Gene ausschalten oder aktivieren, zudem Abschnitte herausschneiden oder hinzufügen, um Pflanzen beispielsweise nährstoffreicher, weniger durstig oder robuster zu machen. Und das besonders flott, eher innerhalb von Jahren als von Jahrzehnten, wie es mitunter bei gängigen Züchtungsmethoden der Fall ist. Werden dabei keine fremden Gene eingeschleust, sind die Pflanzen nicht von konventionell gezüchteten oder ganz natürlich mutierten zu unterscheiden.