"Dead Island 2" angespielt: Sonniger Weltuntergang mit Verspätung​

Nach rund einem Jahrzehnt in der "Entwicklungshölle" wird "Dead Island 2" endlich Realität. Machen sich die Irrwege im Gemetzel bemerkbar?​

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(Bild: Deep Silver)

Lesezeit: 6 Min.

Während draußen die Sonne lacht, regnet es in der Welt von "Dead Island 2" Blut und Gedärme - mit schwarzem Humor, improvisierten Schlagwaffen, Upgrades und allem, was dazu gehört. Der Titel hat eine lange Reise hinter sich. Schon 2012 beauftragte Serienschöpfer Techland das deutsche Studio Yager mit der Fortsetzung des Zombiegemetzels. Die Ankündigung folgte 2014. Neun Jahre und zwei Entwicklerwechsel später erscheint am 21. April nun endlich ein fertiges Spiel!

Beendet wurde es von Deep Silvers "Rettungsteam", den Dambuster Studios. Das Team aus Nottingham hatte schon bei "Homefront: The Revolution" bewiesen, dass es einen Software-Problemfall zu einem halbwegs passablen Shooter zusammenflicken kann.

Die Übung hat sich ausgezahlt. In den ersten Stunden von "Dead Island 2" ist mir kein einziger technischer Fehler untergekommen. Dafür laufen mir die Untoten hier umso häufiger über den Weg. Nachdem sich die Zombieplage im virtuellen Los Angeles ("Hell-A") ausgebreitet hat, wird die belanglose Story der sechs wählbaren Charaktere eher zur Nebensache. Antiheld Jacob beispielsweise hat schnell genug davon, sich im schicken Bel Air zu verschanzen. Stattdessen macht er sich auf die Suche nach den Behörden und dem per Funk kontaktierten Dr. Reed. Der Forscher wird hellhörig, als er von Jacobs Immunität gegen Zombiebisse erfährt.

"Dead Island 2" angespielt (5 Bilder)

Nach dem Zombiebiss muss sich Tony auch noch dumme Sprüche gefallen lassen. (Bild: Deep Silver)

Unterwegs musste ich mich erst einmal daran gewöhnen, wie schnell das Gammelfleisch hier unterwegs ist. Während ich im VR-Survival-Game "The Walking Dead: Saints & Sinners 2" noch vorsichtig durch dunkle Gänge geschlichen bin, rennen mir einige Zombies hier blitzschnell entgegen. Das flotte Ausweichmanöver mit der Schultertaste des PS5-Controllers passt gut zur Action. Selbst größere Gruppen lassen sich mit genügend Platz gerade noch rechtzeitig umkreisen. Mit dem passenden Timing geraten sie sogar ein wenig ins Straucheln. So kann man genüsslich mit einem Schwert, einem stumpfen Rohr oder einem Golfschläger nachsetzen, um sie schließlich mit einem Finisher zu erlösen. Trotz der nicht immer präzisen Schläge hält die motivierende Balance schön auf Trab.

Später könnte auch das gezielte Abtrennen von Körperteilen eine größere Rolle spielen, um verschiedene Zombiearten effektiver zu bekämpfen. In der deutschen USK-Fassung dürfen erlegte Untote übrigens nicht weiter zerstückelt werden. Ansonsten gleicht sie den übrigen Versionen. Zwischen Pools und schicken Villen kommen auch Fallen zum Einsatz. Eine Batterie oder ein durchtrenntes Kabel am Beckenrand setzt gleich die komplette badende Brut unter Strom. Auch als Upgrade an der Machete sind Elektroschocks ein nützliches Gadget, um übereifrige Horden ein wenig auszubremsen.

Erweiterungen von der Werkbank wie Feuerschaden oder erhöhte Haltbarkeit sind hier nur ein Teil der Rollenspieleinflüsse. Hinzu kommen versteckte Blaupausen, Sammlerstücke, Statuseffekte, Herausforderungen oder ein Kartendeck für die Abstimmung diverser Charakter-Fähigkeiten. Ein kraftvoller Sprungtritt ist nicht nur nützlich, um aufdringliche Angreifer zurückzustoßen, sondern auch sehr befriedigend umgesetzt. Andere Feinheiten für kritische Treffer und dergleichen wirken im Gemetzel aber eher belanglos. Schade auch, dass die Puzzles bisher recht ideenarm ausfallen. Viele versperrte Areale erfordern lediglich einen Schlüssel, eine Sicherung vom Händler oder die Aktivierung diverser Stromquellen. In "Saints & Sinners 2" hatte ich deutlich mehr Spaß daran, beim Fassadenklettern versteckte Eingänge zu entdecken.

Generell wirkt das Erkunden der verzweigten, aber nicht wirklich offenen Areale auf Dauer etwas eintönig. Zwar gibt es spannende Überfälle in engen Hotelfluren oder einen Bosskampf gegen eine muskelbepackte Zombie-Braut. Zwischendurch muss man sich aber allzu oft mit langweiligen Standardhorden herumschlagen. Für frischen Wind sorgen optionale Nebenquests, in denen zum Beispiel der Treppenlift eines Filmstars repariert werden muss. Beim gemächlichen Hinabgleiten an der Wand teilt er nicht nur Kopfschüsse, sondern auch zynische Kommentare aus, während ihn seine alten, mutierten Bekannten attackieren. Ihre Eingeweide fliegen stets flüssig und technisch sauber durch die Zombie-Apokalypse, während die HDR-Beleuchtung authentische Kontraste erzeugt.

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Abgesehen davon macht sich aber vielerorts bemerkbar, wie lange das Spiel schon in Arbeit ist. Auf den Sicherungskästen sind manche Schrauben eckig, die Warnaufkleber daneben unterschiedlich hoch aufgelöst. Auch die Haare von Jacobs Verbündeter Emma erinnern manchmal eher an ein Vogelnest als an echte Strähnen. Zwar bleibt die Technik insgesamt passabel, doch selbst mir als nicht gerade grafikverwöhnter VR-Spieler sprang sofort die detailarme Landschaft vorm Hollywood-Schild ins Auge. Im Koop können sogar sechs Spielerinnen und Spieler gemeinsam L.A. unsicher machen. Das Matchmaking trennt dabei zwischen der USK-Fassung und anderen Versionen. Nur per Freundeseinladung werden beide Fassungen kompatibel. Der Koop-Modus stand in der Testversion aber ohnehin noch nicht im Fokus, sodass wir seine technische Umsetzung noch nicht beurteilen können.

Mit "Dead Island 2" festigen die Dambuster Studios ihren Ruf als Spezialisten für Spiele aus der "Entwicklungshölle". Während "Homefront: The Revolution" zum Launch noch mit Bugs zu kämpfen hatte, rollen die Köpfe im überdrehten Zombiegemetzel bisher fehlerfrei. Wirklich zeitgemäß wirken hier weder die Kulisse noch die dünne Story oder das manchmal monotone Gemetzel gegen Standard-Horden. Es gibt aber auch spannende Momente, in denen mich die Brut schön dazu zwingt, das schnelle Kampfsystem mit seinen Sprungkicks, Ausweichmanövern und Waffenupgrades zu nutzen. Wer also einfach mal wieder auf altmodische Weise das Hirn ausschalten und nach Herzenslust metzeln möchte, könnte also durchaus auf seine Kosten kommen.

"Dead Island 2" erscheint am 21. April 2023 für Windows, Playstation 4 und 5, Xbox One und Series X/S. USK ab 18. Die PC-Fassung gibt es exklusiv im Epic Games Store. Der Preis für die Standardedition beträgt 70 Euro.

(dahe)