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Plug-in-Hybrid Mercedes CLA 250e im Test: Schneller geladen als die Konkurrenz

Martin Franz
Mercedes CLA 250e

Mercedes bietet gegen Zuzahlung ein erheblich höheres Ladetempo - ungewöhnlich in einem Plug-in-Hybrid.

(Bild: Florian Pillau)

Mercedes versieht den Plug-in-Hybridantrieb mit einer noch ungewöhnlichen DC-Ladeoption. Wie schlägt sich der CLA Shooting Brake im Alltag? Ein Test.

Mercedes wurde von der plötzlichen Nachfrage eiskalt erwischt: Kaum war die Bestellung der A-Klasse mit Plug-in-Hybrid möglich, war auch schon wieder Schluss. Innerhalb von zwei Wochen wurden 15.000 Kaufverträge eingesammelt, dann verhängte Mercedes einen Bestellstopp. Für sich betrachtet war die riesige Nachfrage kein Wunder, denn dank der überreichlichen Subventionen rückt der A 250e finanziell in die Nähe von weitaus schwächeren Modellen. Dass der Antrieb grundsätzlich keine schlechte Wahl ist, zeigte schon unser Test mit einem Mercedes B 250e. Größere Chancen dürfte er im CLA Shooting Brake haben, den wir für einen Test nun in der Redaktion hatten. Dabei zeigt sich, dass Mercedes gelernt hat und teilweise eigene Wege geht – zum Nutzen des Kunden.

Mercedes leistet sich den Luxus, zwei nahezu gleich lange Kombis im Sortiment zu haben, wenngleich die Dichter von Pressemeldungen den CLA natürlich niemals als solchen bezeichnen würden. Der CLA Shooting Brake basiert auf der 2018 vorgestellten A-Klasse und unterscheidet sich demzufolge konzeptionell kräftig vom C-Klasse T-Modell [1], das ebenfalls rund 4,7 Meter lang ist. Front- gegen Hinterradantrieb, Doppelkupplungsgetriebe gegen Wandlerautomatik. Vor allem aber ist der Hybridantrieb im CLA viel unauffälliger integriert.

In der C-Klasse reduziert sich mit dem Plug-in-Hybridantrieb nicht nur das Kofferraumvolumen von 460 auf 315 Liter, sondern es stört auch ein riesiger Kasten an der Rücksitzlehne. Im CLA 250e ist das Gepäckabteil zwar flacher als in den Modellen mit alleinigem Verbrenner, aber frei von solchen Sperrblockaden. Mit 445 Litern ist er zudem nur 60 Liter kleiner als im CLA 250. Das Kofferraumvolumen unter der Abdeckung ist größer als in der C-Klasse mit Hybridantrieb, doch die holt mächtig auf, wenn der Platz bis unter das Dach genutzt werden soll. Denn die Heckscheibe im CLA verläuft extrem flach. In das T-Modell mit alleinigem Verbrenner bekomme ich locker drei große Eimer Rasenschnitt, in den Shooting Brake bestenfalls zwei. Dennoch ist das keine Frage: Der Plug-in-Hybrid ist im CLA geschickter untergebracht als in der C-Klasse. Dabei hilft natürlich, dass im Heck des CLA nur eine Batterie unterzubringen ist, in der C-Klasse ist dort noch das Differenzial.

Was die Anordnung des Elektromotors betrifft, beschreitet Mercedes den Weg, den derzeit viele gehen: Der E-Motor, im CLA 75 kW kräftig, ist im Doppelkupplungsgetriebe untergebracht. Das ist nicht die effizienteste Möglichkeit, denn so muss sich die Kraft des E-Motors durch das Getriebe arbeiten, was in Form von Gangwechseln auch zu spüren ist. Besser – und wesentlich teurer – wäre eine elektrische Sekundärachse [2], mit der das Auto unabhängig vom Verbrenner elektrisch fahren würde.

Fairerweise muss man aber sagen, dass Mercedes das Zusammenspiel der beiden Motoren und dem Getriebe im 250e sehr harmonisch abgestimmt hat. Die Fahrleistungen sind weit mehr als nur gut genug, wir reden hier immerhin über einen Kombi mit einer Systemleistung von 160 kW (218 PS), der in unter sieben Sekunden auf 100 km/h spurtet und maximal 235 km/h schafft. Entscheidender als diese Werte, meine ich, ist jedoch, wie sich das Auto im Alltag schlägt. Der CLA ist insgesamt gut gedämmt, freilich ohne der teureren C-Klasse in dieser Hinsicht Konkurrenz zu machen. Nur wenn dem 1,3-Liter-Motor alles abverlangt wird, klingt er etwas gequält. Vom dabei entstehenden Eindruck sollte man sich jedoch nicht täuschen lassen, der CLA 250e ist schneller, als es in diesen Momenten scheint.

Mercedes CLA 250e Technik (0 Bilder) [3]

[4]

Wer eine gleitende Fahrweise bevorzugt, wird auch die Gangwechsel des Doppelkupplungsgetriebes kaum spüren. Das ändert sich erst, wenn man den Wagen zur Eile treibt – dann wird der Unterschied zur C-Klasse mit ihrer Wandlerautomatik deutlich. Dort sind die Übergänge zwischen den Gängen kaum zu spüren, im CLA durchaus. Insgesamt bietet jedoch auch der CLA einen hohen Antriebskomfort, bestehend aus weitgehend zurückhaltender Akustik und großen Reserven bei den Fahrleistungen.

Einsame Wege geht Mercedes beim Thema laden. Serienmäßig ist bei 3,7 kW an einer Wallbox Schluss. Das Vorladegerät ist mit 10 A abgesichert, an einer 230-Volt-Steckdose ist demzufolge bei 2,3 kW das Maximum erreicht. Doch anders als fast alle Konkurrenten offeriert Mercedes gegen Aufpreis erheblich mehr Tempo. Für 348 Euro wird ein zweiphasiges Ladegerät eingebaut, mit dem schon bis zu 7,4 kW möglich sind. Für weitere 580 Euro Aufpreis gibt es auch die Möglichkeit, eine Gleichstromquelle mit bis zu 24 kW zu nutzen – das ist bei Plug-in-Hybriden zumindest aktuell die absolute Ausnahme.

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Die Lithium-Ionen-Hochvoltbatterie ist wassergekühlt und wiegt ca. 150 kg. Sie hat eine Bruttokapazität von ca. 15,6 kWh. Im Test haben wir sie an 230 Volt und an einer Schnellladesäule befüllt. Der Unterschied ist frappant: Die Ladeverluste sind an der 230-Volt-Steckdose höher als gedacht. Dort flossen für eine Komplettladung rund 14,4 kWh, an der Gleichstromladesäule nur 12,4 kWh. Bemerkenswert ist auch, wie lange die maximale DC-Ladeleistung von rund 24 kW aufrechterhalten wird – im Test bis zu einem SoC von etwas mehr als 90 Prozent. Erst kurz vor Schluss sinkt sie auf rund 15 kW. Innerhalb von 40 Minuten war die Batterie wieder voll.

Die Anzeige im Auto suggerierte eine Reichweite von 52 bis 54 km. Im Gleitmodus über Land musste der Benziner erst nach 60 km eingreifen. Bei etwas beherzterer Fahrweise waren es knapp 50 km. Die Anzeige im Kombiinstrument suggerierte streckenweise nur 17 kWh/100 km, schlussendlich waren es dann doch eher mindestens 18 kWh/100 km. Was den Verbrauch im Auto anbelangt, ist das möglicherweise korrekt, doch die Strommessung offenbart, was letztlich bezahlt werden muss. Bezogen auf den Konsum an der Schnellladesäule sind es 20,7 kWh/100 km, an der 230-Volt-Steckdose 24 – bei sanfter Fahrweise. Wer es eiliger hat, erfährt auch rasch reale 27 kWh/100 km plus X.

Insgesamt sind das dennoch deutlich geringere Werte als wir mit der B-Klasse erfahren haben, und dafür gibt es einen einfachen Grund: Während des damaligen Tests herrschten frostige Temperaturen, die Reichweitenrekorde mit dem CLA erreichte ich bei 15 bis 18 Grad. Bei sinkenden Gradzahlen wird sich auch im Kombi die Reichweite mutmaßlich in Höhe dessen einpendeln, was wir mit dem B 250e ermittelt haben.

Unterwegs fällt auf, wie viel Arbeit in die Fahrwerksabstimmung geflossen ist. Trotz einer geringen Flankenhöhe – auf dem Testwagen waren Winterreifen im Format 225/45 R18 aufgezogen – wurden kleine Unebenheiten erstaunlich geschickt kaschiert. Auch in dieser Hinsicht erreicht er nicht das hohe Niveau der C-Klasse, doch mit der nicht gleichziehen zu können, ist wahrlich keine Schande.

Mercedes CLA 250e außen (7 Bilder) [6]

[7]
Individualität hat oftmals ihren Preis. Die gelbe Lackierung steht Mutigen dagegen ohne weitere Mehrkosten zur Verfügung. Zumindest beim Kauf.

Die Lenkung im CLA bietet einen guten Kompromiss zwischen Filterung und Rückmeldung. Sie ist hier stärker gedämpft und arbeitet deutlich leichtgängiger als in der C-Klasse. Wer schnell abbiegen will, erreicht zudem im CLA die Grenzen der Traktion recht früh – möglicherweise hing das auch mit den Winterreifen von Pirelli zusammen, die auf dem Testwagen montiert waren.

Der war wie immer nahezu komplett ausgestattet. Gefallen haben mir die bequemen Ledersitze mit ausziehbarer Verlängerung der Sitzfläche und das kleine Soundsystem, das für vergleichsweise wenig Geld guten Klang bietet. Das große Infotainmentsystem ist sehr kostspielig, aber auch wirklich herausragend. Die Sprachsteuerung funktioniert auf einem Niveau, von dem man anderswo noch weit, weit entfernt ist. Daran hatten auch die jüngsten Mitfahrer ihren Spaß. Ihrer Bitte, uns ein Lied zu singen, entzog sich MBUX charmant: „Das überlassen wir doch lieber den Profis.“ Vermutlich eine weise Entscheidung.

Mercedes CLA 250e Innenraum (19 Bilder) [8]

[9]
Das Armaturenbrett stammt aus der A-Klasse. Im Testwagen war die große Ausbaustufe des Infotainmentsystems verbaut. Die ist hervorragend, aber auch sehr teuer.

Das Kombiinstrument ist enorm variabel, bis man sich durch alle Möglichkeiten hier komplett durchgespielt hat, vergeht eine gewisse Zeit. Auch das Navigationssystem arbeitet so zufriedenstellend, dass der Drang, gleich nach dem Start zu Android Auto zu wechseln, hier ungleich geringer ist als in den meisten Testwagen. Ja, das alles kostet wirklich reichlich Aufgeld. Stünde ich vor der Wahl, ich würde es wohl bezahlen. Gleiches gilt für die Optionen, die das Laden beschleunigen.

Andernorts wird dagegen deutlich, dass CLA und C-Klasse ähnlich lang sein mögen, von Mercedes aber unterschiedlichen Segmenten zugeteilt wird. Unser Testwagen war sauber verarbeitet, doch die Basis schimmert an einigen Stellen spürbar durch. Einige Kunststoffe sind einfacher als in der C-Klasse (Test) [10] gehalten, und die dürren Lenksäulenhebel sind angesichts dessen, was auch ein CLA schlussendlich kostet, eine kühne Ansage. Eine Fernentriegelung der Rücksitzlehnen gibt es hier nicht.

Inklusive 16 Prozent Mehrwertsteuer kostet der CLA 250e Shooting Brake 42.102 Euro. Im Testwagen waren ca. 15.000 Euro an Extras installiert. Ob man nun wirklich alles davon braucht, sei einmal dahingestellt. Doch die Serienausstattung lässt etwas arg viel Raum: Selbst Lederlenkrad, Sitzheizung und eine Zweizonen-Klimaautomatik sind nicht inklusive. Zu solchen Selbstverständlichkeiten kommen noch Extras, die man nach einem ersten Kennenlernen nicht mehr missen möchte. Das Infotainmentsystem zähle ich dazu, das exzellente Matrix-Licht, bei Mercedes Multibeam-LED genannt, ganz klar ebenso. Das Gelb auf dem Testwagen kostet übrigens keinen Aufpreis, doch erst bei der Abholung fand sich jemand, dem das so richtig gut gefiel. Sollte sich das bestätigen, wäre das Geld für einen anderen Farbton wohl eine geschickte Investition für einen reibungsloseren Weiterverkauf.

Die Kosten der Überführung hat Mercedes übernommen, jene für Fahrenergie die Redaktion.

Modell Mercedes CLA 250e
Preis für diese Ausstattungslinie 42.102
Infotainment
DAB+ Serie
USB-Anschluss Serie
Soundsystem ab 360
Navigationssystem ab 1502
Verkehrsdaten in Echtzeit mit Navi serienmäßig
Freisprecheinrichtung Serie
Head-up-Display 1148
MBUX High-End-Paket 3463
Android Auto/Apple CarPlay 348
Kabelloses Ladesystem 232
Assistenz Serie
Tempomat Serie
Abstandstempomat 1786
Einparkassistent 783
Rückfahrkamera 389
Totwinkelwarner 522
Spurhalteassistent Serie
Matrix-Licht 1450
Funktion
LED-Scheinwerfer 963
elektrische Heckklappe 452
Alarmanlage 510
schlüsselloser Zugang 464
Fahrwerksoption -
Komfort
Sitzheizung 336
Ledersitze 1612
Sportsitze 273
beheizbares Lenkrad 389
Lederlenkrad 203
Klimaautomatik Serie
Automatikgetriebe Serie
Schiebedach 1090
Sonstiges
Metalliclack 870
Leichtmetallfelgen Serie
Wechselstrom-Ladesystem (7,4 kW) 348
Gleichstrom-Ladesystem (24 kW) 580
Preisliste Stand November 2020
Mehrwertsteuer 16 Prozent
Hersteller Mercedes
Modell CLA 250e Shooting Brake
Motor und Antrieb
Motorart Plug-in-Hybrid, Benziner
Zylinder 4
Ventile pro Zylinder 4
Hubraum in ccm 1332
Bohrung x Hub 72,2 x 81,4
Leistung in kW E-Motor 75
Leistung in kW (PS) Benziner 118 (160)
Systemleistung in kW (PS) 160 (218)
Drehmoment in Nm E-Motor 300
Drehmoment in Nm Benziner 250
Systemdrehmoment in Nm 450
Antrieb vorn
Getriebe Doppelkupplungsgetriebe
Gänge 8
Fahrwerk
Spurweite vorn in mm 1612
Spurweite hinten in mm 1602
Wendekreis 11,1
Reifengröße vorn 225/45 R18
Reifengröße hinten 225/45 R18
Maße und Gewichte
Länge in mm 4688
Breite in mm 1830
Höhe in mm 1453
Radstand in mm 2729
Kofferraumvolumen in Litern 445
Leergewicht in kg nach EU inklusive 68 kg Fahrer und 7 kg Gepäck 1750
Zuladung in kg 520
Dachlast in kg 100
Maximale Anhängelast gebremst in kg 1600
Tankinhalt in Litern 35
Fahrleistungen
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in Sekunden 6,9
Höchstgeschwindigkeit in km/h 235
Verbrauch und Batterie
Verbrauch WLTP in Litern/100 km 1,1
CO2-Emission WLTP in g/km 25
E-Reichweite im WLTP in km 69 bis 76
E-Reichweite im Test in km 60
Batteriekapazität brutto in kWh 15,6
Abgasnorm Euro 6d-ISC-FCM
Daten Stand November 2020

(mfz [11])


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[9] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_4964681.html?back=4962884
[10] https://www.heise.de/autos/artikel/Im-Test-Mercedes-C-220d-4329494.html
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