Die aus Pkw bekannte Technik funktioniert auch im Motorrad gut

Honda VFR mit Doppelkupplungsgetriebe

Der Bauraum im Motorrad ist knapp. So kommt es, dass Honda sein Doppel­kupplungs­getriebe anders konstruiert hat, als von der Auto­mobil­technik gewohnt. Das führt auch zu einer veränderten Schaltstrategie

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  • ggo
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Stuttgart, 20. Mai 2010 – Doppelkupplungsgetriebe bei Autos schaffen den Spagat aus Sportlichkeit und Genügsamkeit. Mit dem V4-Sport­tourer VFR 1200 FD zeigt Honda jetzt, dass ein DKG auch am Motorrad in Serie möglich ist. Im Grundaufbau ist die Konstruktion bekannt: Zwei Mehrscheibenölbadkupplungen auf einer Rotations­achse, die Welle der einen läuft dabei in der hohlen Welle der anderen. Eine Kupplung ist für die ungeraden Gänge 1, 3 und 5 zuständig, die andere für die geraden 2, 4 und 6.

Maß halten

Maß halten ist beim Motorrad wichtig, da schon wenige Kilogramm Mehrgewicht deutlich spürbar sind und zudem der Bauraum eng begrenzt ist. Die beiden Getriebewellen der VFR stehen schräg aufeinander hinter dem V des Vierzylinders. In etwa so musste auch das DKG (Honda nennt es englisch DCT, Double Clutch Transmission) dort hinein passen, denn kurz dahinter endet bereits der verfügbare Platz an der Lagerung der Einarmschwinge des Hinterrads. Auch seitlich gibt es keinen großzügigen Bauraum, was nicht allein an der Optik liegt. Zu breite Motor-Getriebe-Einheiten schränken die Schräglagenfreiheit eines Motorrads ein. Die VFR hat sich zum Touring noch den Sport auf die Fahnen geschrieben, sie muss auch schräg gehen können.

Auf der linken Fahrzeugseite ist tatsächlich kein Unterschied. Dort dreht beim DKG ein Stellmotor die Schaltwalze mit der eingefrästen Kulissenführung der Schaltgabeln, er tut das allerdings hinter der Standardverkleidung. Auf der rechten Fahrzeugseite steht der Kupplungsdeckel deutlich weiter ab als beim Standardgetriebe, weil dort jetzt eine zusätzliche Kupplung sitzt. In der Praxis im Straßenbetrieb schränkt das DKG die Schräglagenfreiheit jedoch nicht ein.

Denkpause

Die Kupplungen sind hydraulisch betätigt, das Motorrad trägt dazu 900 ml mehr Öl und eine größere Ölpumpe mit sich herum. Was überrascht: Anders als beim Auto wählt das Getriebe nicht auf dem lastfreien Zweig den nächsten Gang schon vor, sondern schaltet erst, wenn der Fahrer oder die Automatik den Befehl dazu gibt. Inklusive Kuppeln dauert ein kompletter Schaltvorgang daher 500 ms, was ein gutes Stück länger ist als bei sportlichen Autos. Doch es gibt gute Gründe: So nutzt die Getriebekonstruktion eine motorradübliche Schaltwalze statt unabhängige Schaltgestänge wie im Auto. Außerdem muss die Kupplung der frei laufenden Getriebewelle nicht offen bleiben, erläutert Honda, was bei der verwendeten nassen Kupplung schlicht effizienter sei.