Elrob 2010: Die Besten fuhren außer Konkurrenz

Bei der Leistungsschau für Militärroboter wurden erstmals Preise vergeben; eins der besten Robotersysteme bekommt aber keinen Preis: Der autonom fahrende VW Touareg MuCAR-3 fuhr außer Konkurrenz.

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Eins der besten Robotersysteme bei der diesjährigen Leistungsschau Elrob bekommt keinen Preis. Der autonom fahrende VW Touareg MuCAR-3 von der Universität der Bundeswehr München bewältigte beim Fahren im Konvoi als einziger Teilnehmer alle drei Schwierigkeitsgrade. Nur auf der holprigsten Strecke musste der Fahrer einmal manuell eingreifen, als ein tiefes Schlagloch dafür sorgte, dass der Kontakt zum Führungsfahrzeug verloren ging. Auch beim Transportszenario "Mule" (Multiple Utility for Logistic Equipment) machten die Münchner eine gute Figur: Ihr Fahrzeug lernte die 800 Meter lange Waldstrecke, indem es einem Menschen folgte, kehrte autonom zum Startpunkt zurück und pendelte noch einmal zwischen Start und Ziel hin und her. Erst bei dieser zweiten Fahrt über den gelernten Kurs war eine manuelle Korrektur erforderlich. Andere Teams taten sich hier deutlich schwerer und konnten froh sein, wenn ihr Fahrzeug innerhalb der vorgegebenen Zeit von einer Stunde zum Ausgangspunkt zurückfand.

ELROB 2010 - der Wettbewerb (4 Bilder)

MuCAR-3 in Aktion

Hans-Joachim Wünsche erläutert den Zuschauern die Aktionen des MuCAR-3 beim "Mule"-Szenario, bei dem es darum geht, autonom möglichst oft zwischen zwei Punkten hin und her zu fahren.

Aber MuCAR-3 startete außer Konkurrenz, weil das Münchner Team darauf besteht, zur Sicherheit eine Begleitperson auf dem Fahrersitz mitfahren zu lassen. Das aber macht es schwer bis unmöglich, die Leistungen mit den anderen Teams zu vergleichen, weil sich das Fahrzeug von dieser Position aus sehr viel schneller wieder auf Kurs bringen lässt als mit Fernsteuerung von außerhalb. Ein Kompromiss, bei dem die Begleitperson etwa auf dem Rücksitz Platz nimmt oder jeder manuelle Eingriff mit mindestens zwei Minuten Strafzeit bewertet wird, konnte nicht gefunden werden. So blieben nur noch die Möglichkeiten, außerhalb der Wertung zu fahren – oder ganz auf die Teilnahme zu verzichten.

Die erstmals bei der militärischen Elrob vergebenen Innovationspreise gingen dann an andere Teams. Das Team der Universität Siegen erhielt einen Preis für die auf dem Roboter "Amor" realisierte Fusion von Daten aus Laserscannern, Kameras und Tracking. Für die seit der ersten Elrob im Jahr 2006 konstant verbesserten Leistungen im Bereich Autonomie bekam das Team der Universität Hannover eine Trophäe überreicht. Andreas Ciossek von der Firma Telerob, der vor der Preisverleihung noch fest davon überzeugt war, dass nur Universitätsteams ausgezeichnet würden, musste sich zu seiner Überraschung dann doch erheben, um den Preis für das beste Systemkonzept entgegenzunehmen. Ebenfalls an eine Firma ging der Innovationspreis "out of category": Der kleine, robuste Roboter "Armadillo" von MacroUSA, der mehrere Meter weit geworfen werden kann, hatte der Jury so gut gefallen, dass sie den Entwicklern gerne eine Trophäe überreicht hätten. Die hatten aber offenbar noch weniger damit gerechnet als Ciossek und waren bei der Preisverleihung gar nicht anwesend. Einen Preis fürs "Benchmarking" gab die Jury schließlich an die Organisatoren der Elrob. Die Begründungen für die Preise blieben leider unbefriedigend knapp.

Warum nehmen Forschungsteams überhaupt an der Elrob teil? Es kostet einige Mühe, die Roboter für die Leistungsschau vorzubereiten und zum Veranstaltungsort zu schaffen. Zu gewinnen gibt es dagegen zunächst mal nichts. Firmen können immerhin hoffen, die Leistungsfähigkeit ihrer Maschinen vor einem interessierten Publikum und potenziellen Käufern zu demonstrieren. So zeigte sich Andreas Ciossek von Telerob wieder hocherfreut darüber, dass er mit dem Roboter Telemax eine gute Figur machen konnte. Auch Ferdinand Zoller von Base Ten Systems äußerte sich sehr positiv. Die Erfahrungen bei der Elrob hätten viel zur Verbesserung des RoboScout Systems beigetragen. So sei unter anderem die Funkkommunikation, die bei früheren Leistungsschauen Probleme bereitet hat, mittlerweile deutlich stabiler.

Bei Universitätsteams war die Stimmung diesmal dagegen verhaltener. Eine Rolle spielt dabei sicherlich der Umstand, dass es schwieriger geworden ist, über die Elrob Drittmittel für die Forschung einzuwerben. Klaus-Dieter Kuhnert von der Universität Siegen vermisst von Seiten der Veranstalter aber auch eine klare Ansage, in welche Richtung die technologische Entwicklung eigentlich gehen soll. Hans-Joachim Wünsche, Leiter des MuCAR-Teams, sieht den Effekt der Elrob in erster Linie auf der Ebene des "team building". Das Arbeiten auf einen festen Termin hin, an dem die Systeme funktionieren müssen, schweiße die Mitarbeiter zusammen. Anregungen, die von der Leistungsschau in seine Forschungen eingegangen wären, kann Wünsche dagegen nicht erkennen.

In umgekehrter Richtung sind die Wirkungen greifbarer. So sind auf Seiten der Bundeswehr die Erfahrungen der bisherigen Elrob-Veranstaltungen mit in das erste Landrobotersystem eingeflossen, das unter der Projektbezeichnung MoSeS (Mobile Sensor System) demnächst vom Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) ausgeschrieben werden soll. "Das ist dann der erste wirkliche Roboter, der bei der Bundeswehr im Einsatz ist", sagt René Carduck, Referent im Team U5.5, das beim BWB für Robotik zuständig ist. Denn anders als die bereits verwendeten Systeme etwa für Bombenentschärfung, die komplett ferngesteuert werden, soll MoSeS über autonome Funktionen verfügen, die seinen Einsatz in der Aufklärung ermöglichen. Der etwa 50 Kilogramm schwere Roboter soll unter anderem GPS-Wegpunkte ansteuern und sich innerhalb von Gebäuden an Wänden orientieren können. Die genauen Spezifikationen sind geheim. Nach ausgiebigen Tests könnte MoSeS bis zum Jahr 2014 oder 2015 einsatzreif sein.

Bis dahin könnte die Elrob noch vier- bis fünfmal stattfinden, zweimal militärisch und zwei oder dreimal zivil ausgerichtet. Derzeit sieht es so aus, als würde die zivile Elrob von Seiten der Teilnehmer mehr Zuspruch finden. So haben bereits etwa 20 Teams ihr Interesse an der nächsten Leistungsschau kundgetan, die vom 20. bis 24. Juni 2011 in Belgien unter zivilem Vorzeichen ausgetragen werden soll. (jk)