KĂĽnstliche Intelligenz: Energieverbrauch und Chancen im Gleichgewicht
Mit Künstlicher Intelligenz geht ein erhöhter Energieverbrauch einher, jedoch lassen sich KI-Systeme auch zur Energieeinsparung im Unternehmen einsetzen.
- Patrick Schnell
Künstliche Intelligenz und Machine Learning sind nichts Neues mehr, aber die Diskussion über den Energieverbrauch von KI ist so aktuell wie nie. Die rasante Entwicklung und Verbreitung von KI hat das Potenzial, viele Bereiche des Lebens und der Wirtschaft grundlegend zu verändern. In der IT- und Software-Branche kommen KI-Systeme zunehmend zum Einsatz, um komplexe Aufgaben effizienter und schneller zu bewältigen. Doch der Betrieb vieler moderner KI-Modelle erfordert enorme Rechenkapazitäten, die nicht nur kostenintensiv sind, sondern auch einen signifikanten ökologischen Fußabdruck hinterlassen.
Andererseits eröffnet KI auch vielversprechende Chancen, die weit über die bloße Effizienzsteigerung hinausgehen. Unternehmen und Forschungseinrichtungen arbeiten kontinuierlich daran, KI-Technologien nachhaltiger zu gestalten und neue Anwendungsmöglichkeiten zu entwickeln, die sowohl ökonomische als auch ökologische Vorteile bieten. So kann KI beispielsweise zur Optimierung von Energiesystemen beitragen, was nicht nur Kosten senkt, sondern auch die Umwelt schont.
Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Facetten der Nachhaltigkeit im Kontext von KI. Er betrachtet sowohl die aktuellen Herausforderungen und negativen Aspekte als auch die Potenziale und positiven Entwicklungen. Abschließend zeigt er auf, wie Unternehmen durch intelligente Nutzung von KI nachhaltige Prozesse implementieren und so einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten können.
Energieverbrauch: Was kostet uns KI?
Ein beeindruckendes Beispiel des Energieverbrauchs von KI-Systemen ist der Vergleich zwischen dem Verbrauch von ChatGPT und traditionellen Suchmaschinen wie Google. Laut einem Bericht von The Brussels Times benötigt ChatGPT etwa 25-mal mehr Energie als Googles Suchmaschine, um ähnliche Aufgaben, wie die Beantwortung einfacher Fragen, zu bewältigen.
Diese Diskrepanz erklärt sich durch die grundlegenden Unterschiede in den Technologien. Während Suchmaschinen wie Google auf relativ einfachen Algorithmen basieren, die auf Indexierung und Abgleich von Suchanfragen mit vorhandenen Daten beruhen, arbeiten moderne große Sprachmodelle (Large Language Models, LLMs) wie ChatGPT mit hochkomplexen neuronalen Netzwerken. Diese Netzwerke aus Milliarden von Parametern erfordern während des Trainings und der Ausführung enorme Rechenkapazitäten.
Das Training eines großen Sprachmodells wie OpenAI GPT, auf dem ChatGPT basiert, erfordert riesige Datenmengen und monatelange Berechnungen auf spezialisierten Hochleistungsrechnern, den GPU- oder TPU-Clustern, die während des Trainings kontinuierlich Energie verbrauchen. Dieser Energiebedarf lässt sich durch die Trainingshäufigkeit (Modell-Updates, interne Tests etc.) steuern.
Ein weiterer wesentlicher Faktor ist die Inferenz, also die Phase, in der das trainierte Modell Antworten generiert oder Aufgaben ausführt. Auch hier wird erhebliche Rechenleistung benötigt, um die komplexen Berechnungen mit möglichst niedriger Latenz durchzuführen. Je größer das Modell, desto mehr Energie benötigt es im Allgemeinen. Da ChatGPT auf fortschrittlichen Sprachmodellen basiert, die in der Lage sind, Kontext und Nuancen in menschlicher Sprache zu verstehen und zu reproduzieren, ist der Energieaufwand entsprechend hoch. Dieser Aufwand fällt immer an, sobald eine Abfrage an die Systeme gesendet wird. Hier sind Faktoren wie die Eingabe-Länge (Context-Window, die maximale Größe der zu verarbeitenden Informationen in einem Prompt) ausschlaggebend.
Der hohe Energieverbrauch beim Betrieb von LLMs hat nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Implikationen. Unternehmen, die solche KI-Modelle betreiben, müssen erhebliche Investitionen in die Infrastruktur tätigen, um die benötigte Rechenleistung bereitzustellen und zu unterhalten. Darüber hinaus führt der hohe Stromverbrauch zu laufenden Betriebskosten, die über die Zeit signifikant ansteigen können. Gerade dies macht die neuen KI-Modelle aus der Cloud für KMUs und Privatpersonen so interessant, da hier keine eigene Hardware nötig ist.
Betriebskosten
Die Betriebskosten für ein System wie ChatGPT sind immens. Nach Angaben von Digital Trends betragen die Kosten für den Betrieb von ChatGPT schätzungsweise mehrere Millionen Dollar pro Monat. Diese Kosten setzen sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, einschließlich der Hardware, der Energieversorgung und der Wartung. Dies führt dazu, dass in diesem Jahr OpenAI ein Minus von knapp 5 Milliarden US-Dollar droht.
Ein großer Teil der Betriebskosten bei LLMs entfällt also auf den Betrieb der Hardware-Infrastruktur in Rechenzentren, die nicht nur die physischen Server beherbergen, sondern auch über umfassende Kühl- und Stromversorgungssysteme verfügen müssen, um den kontinuierlichen Betrieb zu gewährleisten. Zu den Energiekosten kommen weitere Betriebskosten, unter anderem für Wartung und Verwaltung der Netzwerk-Infrastruktur hinzu.
Die Energiekosten variieren je nach Standort und Energiequelle, sind aber in jedem Fall beträchtlich. Insbesondere in Regionen mit hohen Strompreisen können die Energiekosten einen großen Teil der Gesamtausgaben ausmachen. Dieser Verbrauch wird (pro Server) über die nächsten Jahre sicher geringer ausfallen, da neue Systeme immer energieeffizienter arbeiten und weniger Strom für die gleiche Arbeitsleistung (Performance pro Watt) benötigen.
Dies alles gilt jedoch nicht nur für den Einsatz von KI, sondern betrifft jegliche Cloud-Systeme. Kritikerinnen und Kritiker würden hierzu sagen, dass dies der Kern des Übels ist und bereits der Cloud-Trend zu enormen Energieverbräuchen und Kosten führt. Doch gerade zentrale Rechenzentren, die sich optimiert bauen und betreiben lassen (teils mit eigenen Solarparks) sind weitaus energiesparender pro Rack-Einheit als etwa der Aufbau und Betrieb einer eigenen physikalischen RZ-Infrastruktur in einem kleinen oder mittelständischen Unternehmen.
Potenzial von KI zur Energieeinsparung in Unternehmen
KI-Techniken können in Unternehmen erheblich zur Energieeinsparung beitragen, indem sie Prozesse und Abläufe optimieren. Ein Beispiel ist die intelligente Steuerung von Energieverbrauchern in Produktionsanlagen und Büros. Durch die Analyse von Daten zu Energieverbrauch und Betriebsabläufen kann KI Vorhersagen treffen und Empfehlungen zur Optimierung des Energieeinsatzes geben. Dies kann beispielsweise durch die Anpassung von Betriebszeiten, die Automatisierung von Energieverbrauchern oder die Optimierung von Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen geschehen.
Ein praktisches Beispiel ist der Einsatz von KI in der Fertigungsindustrie. KI-Systeme können dort Produktionsprozesse in Echtzeit überwachen und anpassen, um den Energieverbrauch zu minimieren. Die Integration von Sensoren und die kontinuierliche Datenanalyse ermöglicht es, ineffiziente Prozesse zu identifizieren und zu optimieren, was zu einer deutlichen Reduktion des Energieverbrauchs und der Betriebskosten führt.
Ein weiteres Anwendungsbeispiel ist die Nutzung von KI im Gebäudemanagement. Intelligente Gebäudesteuerungssysteme, die auf KI basieren, können den Energieverbrauch von Gebäuden durch die Optimierung der Beleuchtung, Heizung und Klimatisierung erheblich reduzieren. Diese Systeme lernen aus den Nutzungsgewohnheiten der Bewohner mittels Sensorik und passen die Steuerung der Energieverbraucher entsprechend an, um sowohl den Komfort zu maximieren als auch den Energieverbrauch zu minimieren.
Die hier genannten Systeme erfordern geringere Datenmengen als beispielsweise ein allgemeines Sprachmodell. Daher lassen sich die Modelle relativ kostengünstig und energieschonend betreiben. Je nach Art und Größe des Modells können diese heute auf üblichen Mittelklasse-Notebooks oder -Desktoprechnern bereits gut betrieben werden.
Einsatz von KI zur Optimierung von Stromnetzen
Ein besonders vielversprechender Bereich, in dem KI zur Nachhaltigkeit beitragen kann, ist die Optimierung von Stromnetzen. Die Integration erneuerbarer Energiequellen wie Wind- und Solarenergie stellt das Stromnetz vor neue Herausforderungen, da diese Energiequellen wetterabhängig und daher weniger vorhersehbar sind. KI kann dabei helfen, die Stabilität und Effizienz des Stromnetzes zu verbessern.
Laut einem Bericht des Handelsblatts kommt KI bereits erfolgreich zum Einsatz, um die Integration erneuerbarer Energien zu unterstützen und die Effizienz des Stromnetzes zu steigern. KI-Systeme können große Mengen an Daten in Echtzeit analysieren, um Vorhersagen über die Energieerzeugung und den Energieverbrauch zu treffen. Diese Vorhersagen ermöglichen es, das Stromnetz effizienter zu steuern und die Verteilung der Energie besser zu planen. So kann beispielsweise überschüssige Energie, die in Zeiten hoher Erzeugung aus erneuerbaren Quellen anfällt, in Batteriespeichern zwischengespeichert und in Zeiten hoher Nachfrage wieder ins Netz eingespeist werden.
Darüber hinaus kann KI dazu beitragen, Ausfälle im Stromnetz zu verhindern, indem sie Anomalien und potenzielle Probleme frühzeitig erkennt. Durch die kontinuierliche Überwachung des Stromnetzes lassen sich Schwachstellen identifizieren und präventive Maßnahmen ergreifen, um die Zuverlässigkeit und Stabilität des Netzes zu gewährleisten.
KI zum Sparen nutzen
Der Einsatz von KI zur Energieeinsparung kann Unternehmen eine Reihe von Vorteilen bieten. Erstens kann die Optimierung von Abläufen und Prozessen nennenswerte Kosteneinsparungen erzielen. Energie ist eine der größten Betriebsausgaben in vielen Branchen, und selbst kleine Verbesserungen in der Energieeffizienz können zu bedeutenden finanziellen Einsparungen führen. Die Zahlen hierzu sind teils stark schwankend und reichen realistisch von 9 bis 20 Prozent im Büro-, Klinik- oder Fabrikbetrieb. Unabhängige, belastbare Werte werden aktuell durch verschiedene Forschungsprojekte ermittelt. Unternehmen, die in KI-gestützte Energiemanagementsysteme investieren, können ihre Betriebskosten senken und ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern.
Zweitens trägt die Reduktion des Energieverbrauchs auch zur Verbesserung der Umweltbilanz eines Unternehmens bei. Durch den geringeren Strombedarf werden im Strommix weniger fossile Brennstoffe verbrannt, was zu einer Reduktion der CO2-Emissionen führt. Wichtig ist hierbei jedoch das genaue Abwägen von Kosten und Nutzen.