Bundesrat debattiert erneut über Vorratsdatenspeicherung

Der Unterausschuss Recht des Ländergremiums begrüßt die Initiative aus dem EU-Rat, der zufolge Provider Telekommunikationsdaten ein bis drei Jahre vorhalten sollen.

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Der Unterausschuss Recht des Bundesrats hat die umstrittene EU-Initiative der Länder Frankreich, Irland, Großbritannien und Schweden begrüßt, der zufolge Provider die Telekommunikationsdaten ihrer Nutzer ein bis drei Jahre vorhalten sollen. Nach dem Willen der Fachpolitiker soll die Länderkammer der "Einführung einer solchen Vorratsspeicherung für einen effektiven Einsatz von Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation zu Strafverfolgungszwecken" als "dringend erforderlich" erachten. Zudem soll die Bundesregierung aufgefordert werden, "bereits gegenwärtig alle erforderlichen Anstrengungen zur Schaffung einer entsprechenden innerstaatlichen Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung zu unternehmen". Dies geht aus dem Protokoll der Sitzung vom gestrigen Mittwoch hervor, das heise online vorliegt.

Der Vorstoß auf der Ebene des EU-Rats entspreche "einem bereits mehrfach geäußerten Anliegen des Bundesrates", betonen die Rechtspolitiker unter Hinweis auf eigene Anträge zur Einführung einer Verpflichtung zur -- allerdings nur sechsmonatigen -- TK-Datenspeicherung. "Sowohl Inhalt als auch Begründung der vorliegenden Initiative weisen eine erfreuliche Übereinstimmung mit der Forderung des Bundesrates auf Schaffung einer gesetzlichen Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung auf", heißt es in dem verabschiedeten Antrag Bayerns. Die Tatsache, dass die EU-Ratsvorlage über das Ansinnen der Länderkammer zeitlich sogar noch deutlich hinausgeht, zeige, "dass auf der Ebene der europäischen Nachbarstaaten das Erfordernis einer längerfristigen Speicherung unbestritten ist."

Einen zweiten Antrag der Länder Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg lehnten die Mitglieder des Unterausschusses ab. Er sah keinen Bedarf für eine erneute politische Diskussion über eine Vorratsdatenspeicherung, nachdem der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag bei den Verhandlungen über das Telekommunikationsgesetz der Einführung verbindlicher Speicherfristen der begehrten TK-Daten eine Absage erteilt hatte. Dieser Entscheidung "lag die Erwägung zu Grunde, dass eine zusätzliche unvertretbare Belastung der Telekommunikationsunternehmen durch eine zwangsweise Speicherung von Daten vermieden werden sollte", erläutert der abgeschmetterte Antrag. Da die Unternehmen die Daten für ihre eigenen Abrechnungen eine gewisse Zeit vorhalten müssen, könnten von den Strafverfolgungsbehörden benötigte Auskünfte schon aus diesem Grund erteilt werden.

Der Entscheidung des Unterausschusses war ein Schlagabtausch vorausgegangen, in dem sich nicht zuletzt ein Vertreter des Bundesjustizministeriums vergeblich bemühte, einige Missverständnisse der Scharfmacher zurechtzurücken. So behaupteten die bayerischen Antragsteller etwa, dass es allein um die Vorhaltung von "Verkehrsdaten und Standortdaten" gehe, "die von Anbietern öffentlicher Kommunikationsnetze oder öffentlich zugänglicher Kommunikationsdienste" generell bereits unter anderem für die Abrechnung gespeichert würden. Das Justizministerium sieht dagegen Anzeichen dafür, dass der Rahmenbeschluss einen erheblich größeren Datenbestand erfasst und etwa auch SMS-Mitteilungen einschließt. Die Ratsmitglieder haben es nach Einschätzung von Experten letztlich auf sämtliche beim Telefonieren, Messaging, E-Mailen oder Surfen anfallende Daten abgesehen. Die Sicherheitsbehörden könnten diese dann zu ausgefeilten Nutzerprofilen verdichten. Insgesamt weist die Vorlage aus Brüssel nach Ansicht des Justizministeriums aber "erhebliche handwerkliche Fehler" und sprachliche Unklarheiten auf.

Die Bundesregierung selbst hat noch keine Position zu der EU-Ratsvorlage bezogen, die in einen verbindlichen Rahmenbeschluss für alle Mitgliedsstaaten münden könnte. Die Initiative aus Brüssel wurde zunächst an den Bundesrat weitergeleitet, um im weiteren Verfahren die Belange der Länder frühzeitig berücksichtigen zu können. Das Justizministerium wartet noch auf nähere Erläuterungen zu der Vorlage. Zudem will es Ergebnissen einer Anhörung der EU-Mitgliedstaaten und von Experten der Telekommunikationsanbieter und Internetunternehmen nicht vorgreifen. Der ursprüngliche Zeitplan zur Beratung der Initiative in der Ratsarbeitsgruppe "Strafrechtliche Zusammenarbeit" hat sich zudem verschoben: die nächste Sitzung dieses Gremiums soll erst im September 2004 stattfinden. (Stefan Krempl) / (jk)