Zahlen, bitte! Star Wars Holiday Special: 98-Minuten Weihnachts-Fangrusel
1978 lief das Star Wars Holiday Special im US-TV. Zum Leidwesen von George Lucas will die unfreiwillig komische Show partout nicht in Vergessenheit geraten.
Als der US-Fernsehsender CBS am 17. November 1978 das "Star Wars Holiday Special" ausstrahlte, waren die Voraussetzungen für einen Fernseh-Hit eigentlich ideal: Die Fans waren mitten im Hype um den ersten "Star Wars"-Film. Die Macher des Weihnachts-Specials rund um Luke Skywalker, Prinzessin Leia, Han Solo und Co. hofften zum einen, die Fans bis zum nächsten Kinofilm bei der Stange halten zu können – und sahen es als möglichen Auftakt einer Fernseh-Serie.
Die Besetzung war erstklassig: Mark Hamill war als Luke Skywalker dabei, genau wie Harrison Ford als Han Solo und Carrie Fisher als Prinzessin Leia. Anthony Daniels schlüpfte erneut in den goldenen C3PO-Anzug, Peter Mayhew in das Chewbacca-Kostüm und James Earl Jones lieh Darth Vader seine Stimme – bis auf Alex Guinness waren alle Hauptfiguren an Bord.
Es half nicht: Das Ergebnis war so schlecht, dass es bis heute die Gemüter der Fans erregt und nie den Weg auf eine Videokassette, DVD oder ins Streaming fand. Zumindest nicht offiziell. Es wurde neben den USA nur in einer Handvoll weiteren Ländern ausgestrahlt. Das Special schaffte es nicht einmal nach Deutschland, sondern wanderte direkt danach in den Giftschrank.
Produziert fast ohne George Lucas
George Lucas lieferte nur ein erstes Drehbuch. Er konnte nicht mitarbeiten, weil er voll in die Produktion von "Das Imperium schlägt zurück" eingebunden war. Außerdem entwarf er eine "Wookie-Bibel": Ein vierzigseitiges Buch, indem die Wookies und deren Verhaltensweisen genau beschrieben werden.
Die Geschichte ist schnell erzählt: Es dreht sich um die Familie Chewbacca, bestehend aus Ehefrau Malla, Sohn Lumpy und Vater Itchy, die zu Hause in einem Baumhaus auf dem Wookie-Planeten Kashyyyk leben. Sie wollen den "Tag des Lebens" feiern, der alle drei Jahre stattfindet. Sie warten auf Chewie und Han Solo, die natürlich im "Rasenden Falken" auf dem Weg zum Fest von imperialen Kreuzern aufgehalten werden und sich auf dem Heimweg gegen weitere Blockaden durchschlagen müssen.
Das Imperium, auf der Suche nach den Rebellen, durchsucht auch das Baumhaus. Bis zum Happy End und einer schrägen Gesangseinlage durch Prinzessin Leia braucht es einige Lieder und Wirrungen. Die Star-Wars-Saga wurde zu einem in den USA sonst beliebten Fernsehspiel mit einigen Varieté-Elementen kombiniert.
Aufwendige Spezialeffekte können das Special auch nicht retten
Eigentlich waren die Spezial-Effekte gar nicht so übel: In einer Szene lässt Lumpy Hologramme einer Zirkustruppe auf dem Tisch tanzen. Die via Greenscreen auf dem Tisch tanzenden Figuren wirkten realistisch. Später trat Sängerin Diahann Carroll als eine Art VR-Nixe auf, um Vater Itchy zu bezirzen – der Song hätte auch einen James-Bond-Vorspann tragen können. Der Ekel-Moment war der lüsterne Blick vom Wookie-Opa. Selbst Rock'n'Roll wurde gespielt: Jefferson Starship traten in einer Art MTV-Hologramm auf und spielten "Light The Sky in the Fire".
Doch warum wurde es so zum Flop? Die Stars des Films hatten eher kleine Nebenrollen, zudem wirkten sie überdreht und spielten nicht wirklich gut. Zudem war die Handlung sehr langatmig erzählt. Alleine zu Beginn waren 9 Minuten und 11 Sekunden Wookie-Gegrunze am Stück zu hören zwischen Itchy, Lumpy und Malla bevor mit dem Händler Saun Dann, gespielt von Art Carney, eine Art Übersetzer und Erklärer fürs Publikum erschien. Die Wookie-Sprache blieb ohne direkte Übersetzung – Untertitel gab es keine.
Die Handlung ist unlogisch und wirkt wie lose aneinandergereiht. In Zwischensequenzen wurden Szenen des ersten Films zweitverwertet. Der damit verbundene Wechsel vom Fernseh- zum Kinoformat und zurück trug zum schlechten Eindruck bei, obwohl das Special gewiss nicht billig war: Es kostete über eine Million US-Dollar. Zum Vergleich: Star Wars, später: "Star Wars IV – A New Hope", kostete 11 Millionen Dollar Produktionskosten. Und das Budget war schnell aufgebraucht.
Produktion ohne Star-Wars-Hintergrund
Auch dass das Produktionsteam zwar Fernsehs-Special-Erfahrung aufwies, aber keine Ahnung von Science-Fiction/Space Fantasy hatte, merkt man dem Special deutlich an. Da half es auch nicht, dass sich Lucas am Anfang fĂĽr 12 Stunden an der Drehbuchentwicklung beteiligte. Das wurde schnell komplett umgeschrieben.
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Einen positiven Aspekt hatte das Star Wars Holiday Special aber doch: In einem Zeichentrickfilm, mit dem Lumpy von der imperialen Wohnungsdurchsuchung abgelenkt wird, tritt erstmals die fĂĽr die Star-Wars-Reihe nicht ganz unwichtige Figur Boba Fett in Erscheinung.
Das konnte das Holiday-Special allerdings auch nicht retten. Nach Ausspielungen in den USA, Kanada und Schweden stoppte George Lucas die Weiterverbreitung und untersagte die Weiterverwertung als Video.
Kult um die vom Markt genommene Sendung
Das 98-Minuten-Special sollte in Vergessenheit geraten – tat es aber nicht. Der Reiz des Verborgenen zog schuf auch einen Kult um das Star-Wars-Special. Mit Aufkommen des World Wide Web waberte das Star Wars Holiday Special durch die Diskussionsforen wie eine urbane Legende.
Ein Augenzeugen von damals beschrieb es als durch und durch bösartige Hydra, mit den Gesichtern der Schauspieler, die wir so lieben. Harrison Ford vermochte sich mit einem Augenzwinkern nicht daran zu erinnern, dass er am Holiday Special teilgenommen hatte, als er 2006 von US-Talkmaster Conan O'Brian darauf angesprochen wurde.
Jedoch fanden Bootlegs den Weg auf VHS-Videokassetten. Das Special war nicht totzukriegen und verbreitete sich unter Star-Wars-Fans. George Lucas meinte dazu grimmig: "Wenn ich die Zeit und einen Vorschlaghammer hätte, würde ich jede Kopie dieser Show suchen und zermalmen".
Bruce Vilanch, einer der Co-Autoren, vermutete, dass Lucas aus Unwissenheit das durchwinkte: "Ich glaube nicht, dass George ein Beobachter von Network-Varieté-Shows war. Wenn er es gewesen wäre, hätte er das nie realisiert.“ Der Autor hat noch einen Praxistipp: "Die Show war ziemlich schrecklich, aber schrecklich in einer Art und Weise. Wenn du das Richtige rauchst, wird es absolut sinnvoll.“
Mittlerweile ist es zwar nicht in offiziellen Streamingportalen wie Disney+ zu finden – das dort angebotene Star Wars Lego Holiday Special hat bis auf den Namen kaum Parallelen zu dem TV-Event. Aber man findet es auf Portalen wie YouTube. 2023 ist zudem mit A Disturbance in The Force ein (nicht offizieller) Dokumentarfilm zu dem Special erschienen. Und auch die Star-Wars-Macher scheinen mit dem Special ihren Frieden gefunden zu haben. In der neuesten Serie Skeleton Crew, in der vier Jugendliche auf Abenteuerreise in einem Raumschiff gehen, ist ein Tischholograph mit der Zirkusnummer aus dem Special zu sehen.
Dass es zudem noch schlimmer geht, bewies ein im Vergleich zum Holiday-Special völlig unbekanntes anderes Star-Wars-Special mit tanzenden Stormtroopern und Kris Kristofferson als singenden Han Solo in der Danny&Mary-Show von 1977.
(mawi)