WM-Fieber in Singapur: RoboCup eröffnet

Auf 4000 Mitwirkende schätzen die Veranstalter des diesjährigen RoboCups die Größe des Wettbewerbs in Singapur, der heute eröffnet wurde. Mehr als 500 Teams aus 40 Ländern werden in den nächsten Tagen gegeneinander antreten.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske
  • Carsten Meyer

Glänzender Auftakt: Der Dance Club der Hochschule Singapur Polytechnic stimmte mit einer eindrucksvollen Performance auf die RoboCup-WM ein

Zuerst sah es so aus, als würden sich nur die Menschen bewegen. Doch nachdem die in silberne Anzüge gekleideten Tänzer ein paar Takte vorgelegt hatten, trauten sich auch die am vorderen Bühnenrand aufgestellten kleinen Roboter und ließen ihre Arme kreisen. Die Performance des Singapur Polytechnic Dance Clubs dauerte nur wenige Minuten, bot aber einen im wörtlichen Sinne glänzenden Auftakt für die feierliche Eröffnung der 14. RoboCup-Weltmeisterschaft heute in Singapur.

Danach wurde es etwas konventioneller mit den unvermeidlichen Willkommensadressen, die jedoch erfreulich kurz ausfielen. Der Schirmherr der Veranstaltung, Bildungsminister und stellvertretender Verteidigungsminister Ng Eng Hen, zeigte sich erfreut darüber, dass der erste in Südostasien ausgetragene RoboCup zugleich mit einer Rekordteilnehmerzahl aufwarten kann. Über 500 Teams aus mehr als 40 Ländern seien nach Singapur gekommen, um im dortigen Suntec Veranstaltungszentrum ihre Roboter in Fußball und anderen Disziplinen gegeneinander antreten zu lassen. „Singapur glaubt sehr stark an Wissenschaft und Technologie“, sagte der Minister. „Der RoboCup bietet vielfältige Gelegenheiten für intellektuellen und kulturellen Austausch.“

Ob es wirklich, wie von den Veranstaltern geschätzt, fast 4.000 Teilnehmer sind, die seit gestern ihre Roboter auspacken und für den bis Donnerstag laufenden Wettbewerb vorbereiten, kann und wird niemand nachzählen. Aber auch wenn es ein paar weniger sind, verteidigt der RoboCup mit dem diesjährigen Turnier, an das sich am Freitag ein eintägiges wissenschaftliches Symposium anschließt, erfolgreich seinen Ruf als größte Robotikveranstaltung der Welt.

Konzipiert wurde der Wettbewerb Mitte der 1990er-Jahre von einer handvoll Wissenschaftler, die sich darauf verständigten, das Fußballspiel als einheitliche Testumgebung für Teams autonomer, mobiler Roboter zu nutzen. Entscheidend für den Erfolg der Initiative war aber wohl das selbst gesetzte Ziel, bis zum Jahr 2050 mit einem Team humanoider Roboter gegen den amtierenden menschlichen Fußballweltmeister zu gewinnen. Ein so langfristig angelegtes Projekt zur Technologieentwicklung, das sich zudem kaum auf eigene Finanzmittel stützen kann, dürfte nach wie vor einzigartig sein.

Gruppenbild mit Roboter: (v.l.n.r.) Tan Choon Shian (Singapore Economic Development Board), Manuela Veloso (RoboCup Federation), Minister Ng Eng Hen, Tan Hang Cheong (Singapur Polytechnic) und Ko-Organisator Lim Tit Meng.

Wie weit die Roboter von dem Ziel nach einem Viertel der Laufzeit immer noch entfernt sind, lässt sich derzeit täglich im Fernsehen bei den Übertragungen von der Fifa-WM in Südafrika beobachten. Gleichwohl geht es Jahr für Jahr voran. Auch bei der diesjährigen RoboCup-WM soll es wieder einige Neuheiten geben. So sind immerhin vier Teams in der Lage, in der Teen-Size-Klasse (100-120 cm Körpergröße) der humanoiden Roboter, Spiele mit zwei gegen zwei Robotern auszutragen. Bisher hat es in dieser Spielklasse nur Strafstöße gegeben. Inzwischen sind aber genügend Roboter dieser Größe in der Lage, Stürze zu überstehen und aus eigener Kraft wieder aufzustehen, sodass jetzt richtige Spiele von zweimal zehn Minuten möglich sind. Die neu eingerichtete „Adult Size“-Klasse wird sich dagegen vorerst auf einfache Kicks und Dribblings beschränken.

Im Wettbewerb RocoCup@home für Haushaltsroboter sollen die Roboter erstmals die Arena, in der eine Wohnumgebung nachgestellt wird, verlassen und zeigen, ob sie in einem realen Supermarkt gezielt Produkte erkennen und aus dem Regal nehmen können.

Auch der Wettbewerb in der Middle Size League der rollenden Roboter dürfte spannend werden. Neue Regeln haben hier die Teams gezwungen, das Pass-Spiel zu verbessern oder überhaupt erst zu realisieren: Nach Freistößen und anderen Standardsituationen mit ruhendem Ball sind direkte Schüsse aufs Tor erst gültig, nachdem ein anderer Spieler den Ball berührt hat. Während aber früher der ausführende Spieler den Ball dribbeln durfte, sind jetzt nur noch Kicks erlaubt. Die werden natürlich am besten in Richtung eines Mitspielers ausgeführt und müssen entsprechend genau gezielt und hinsichtlich der Schusskraft sorgfältig dosiert werden. Beim Vorbereitungsturnier RoboCup German Open im April zeigten sich die Spieler des niederländischen Teams Tech United als wahre Meister dieser Kunst. Mit ihren Bilderbuchpässen fegten sie alle Gegner vom Platz. Aber vielleicht haben die inzwischen Rezepte dagegen entwickelt? Und wer weiß, was die Teams aus China und Japan drauf haben, die bei den German Open nicht dabei waren? Auch beim Roboterfußball gilt: Entscheidend ist auf‘m Platz. (cm)