RoboCup-WM: Jubel bei deutschen Teams, Enttäuschung bei den Niederländern

Deutschland ist Fußball-Weltmeister – zwar noch nicht in Südafrika, dafür aber bei der RoboCup-WM in Singapur, und das in gleich drei Klassen. Auch für das niederländische Team Tech United war der lang ersehnte Weltmeistertitel zum Greifen nah – doch Sekunden vor dem Schlusspfiff fiel das entscheidende Gegentor.

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Während des Finalspiels der Small Size League am heutige letzten Turniertag der RoboCup-Weltmeisterschaft in Singapur, war Manuela Veloso noch ganz Teammitglied und beriet ihre Mitstreiter mit Rat und Tat. Dennoch mussten sich die CMDragons von der US-amerikanischen Carnegie Mellon University ihrem Gegner Skuba aus Thailand am Ende mit 6:1 geschlagen geben.

Während des Small-Size-Finales wirkte Manuela Veloso (vorne) noch etwas angespannt, als sie zusehen musste, wie ihr Team unterging.

Danach war Veloso wieder ganz RoboCup-Präsidentin. "Sie haben unsere Technik kopiert und verbessert", sagte sie. "So soll es sein. Das ist die Idee vom RoboCup." Ähnlich hatte sie sich schon im Interview vor dem Spiel geäußert. Und auch jetzt schien die Freude darüber, dass die RoboCup-Gemeinschaft insgesamt vorangekommen war, die Enttäuschung über die Niederlage zu überwiegen.

Da hatten es die Mitglieder des niederländischen Teams Tech United schon deutlich schwerer, die Fassung zu bewahren. Fast ohne nennenswerten Widerstand waren sie ins Finale der Middle Size League eingezogen, der lang ersehnte Weltmeistertitel war zum Greifen nah. Und zunächst sah es beim Spiel gegen das chinesische Team Water nach einem weiteren Durchmarsch aus. Vor dem Spiel hatte René van de Molengraft die Sorge geäußert, dass der empfindliche Kickmechanismus der Roboter durch das aggressive Spiel des Gegners beschädigt werden könnte. "Wir werden daher vor allem die Rückwärtsattacke einsetzen", sagte er. Dabei kontrolliert der Spieler den Ball mit rotierenden Rollen, sodass er praktisch am Roboter klebt, und fährt rückwärts aufs Tor zu. Das schützt nicht nur die Vorderseite, sondern schirmt auch den Ball vorm Torwart ab, der dadurch nicht oder zu spät reagieren kann.

Im Finale der humanoiden Teen Size hatten die Roboter von NimbRo keine Probleme mit ihren Gegnern von CIT Brains

Aber die Chinesen ließen die Niederländer kaum ins Spiel kommen, griffen immer wieder schnell an. Tech United ging zwar rasch mit 1:0 in Führung und erhöhte nach einem Gegentreffer bald auf 3:1. Doch zur Halbzeitpause hatte Water schon wieder den Gleichstand erreicht. Nach dem erneuten Anpfiff ging das chinesische Team dann mit einem schön herausgespielten hohen Schuss von der linken Flanke in Führung. Tech United konterte mit einem nicht minder schönen Sturmlauf übers gesamte Feld und glich aus zum 4:4. Dabei blieb es, trotz vieler Schüsse von beiden Seiten, die entweder den Pfosten oder den Torwart trafen. Erst Sekunden vorm Schlusspfiff gelang es Water, den Ball im niederländischen Netz zum Siegtreffer zu versenken. Ein Riesenerfolg für das Team, das erst zum zweiten Mal an einer RoboCup-WM teilgenommen hat.

Zwei Spieler von Tech United passen sich den Ball zu. Im Finale gegen Water reichte das diesmal nicht für den Sieg.

Ein großer Erfolg aber auch für die Middle Size League insgesamt, die ihre Spiele bei diesem Turnier abseits von den übrigen Seniorligen austragen musste. Für das 12 mal 18 Meter große Spielfeld wäre in der anderen Halle nicht mehr genug Platz gewesen. Zudem hat die Liga wegen des hohen materiellen Aufwands, der für die Teams erforderlich ist, mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen. Umso schöner, dass sie in diesem Jahr mit einem packenden Finale für den spielerischen Höhepunkt sorgte.

Bei weitem nicht so dramatisch, gleichwohl erfreulich für die deutschen Teams sind die Ergebnisse im Wettbewerb RoboCup@home. Hier gewannen wie erwartet die eR@sers aus Japan, gefolgt von NimbRo, b-it-bots und Homer.

Bei den übrigen Finalspielen gab es weniger Überraschungen. NimbRo gewann bei den erstmals ausgetragenen Teamspielen der Teen Size in der Humanoid League gegen Brains aus Japan mit 10:0. In der Kid Size verteidigte Weltmeister Darmstadt Dribblers den Titel gegen FUmanoids erfolgreich mit 7:1. Dagegen nimmt sich das 6:1, das Vorjahresweltmeister B-Human mit seinen Nao-Robotern in der Standard Platform League gegen rUNSWift erreichte, fast schon bescheiden aus.

Bei der traditionellen Abschlussbegegnung zwischen einer Auswahl der RoboCup-Trustees und dem neuen Middle-Size-Weltmeister war es für die Menschen dann doch nicht immer so einfach.

Das Finale in der neu eingerichteten Adult Size der Humanoid League wurde zwischen den beiden Singapurer Teams RO-PE und Robo Erectus ausgetragen, das RO-PE mit 1:0 für sich entscheiden konnte. Eine schöne Belohnung für die Organisatoren, die mit dem reibungslos durchgeführten Turnier in sehr übersichtlich eingerichteten Hallen Maßstäbe gesetzt haben. Der einzige gelegentlich geäußerte Kritikpunkt bezog sich auf die sehr kühl eingestellte Klimaanlage. Ein Teilnehmer berichtete, es sei einmal so kalt gewesen, dass das Trackpad seines Computers nicht mehr funktionierte.

Da heißt es dann aufstehen und sich mal wieder selbst bewegen. Ein Beispiel gaben die Trustees der RoboCup Federation beim traditionellen Abschluss-Spiel gegen das Siegerteam der Middle Size League. Derzeit ist das noch mehr ein Gag, die Menschen haben kaum Mühe, die Roboter auszutricksen. Dennoch gelang den Spielern von Water auch ein Schuss aufs Tor und ganz so einfach wie in den vorigen Jahren sah es für die Menschen dann doch nicht aus. Es geht voran. Die nächste RoboCup-WM findet im Juli 2011 in Istanbul statt.

Siehe dazu auch das Interview mit Manuela Veloso, Professorin für Informatik an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh und amtierende Präsidentin der International RoboCup Federation, über das Fernziel des RoboCup, die Magie des Anfangs und den schwierigen Weg dazwischen.

(pmz)