Weltraumteleskop Gaia der ESA wird am Donnerstag deaktiviert
Mehr als zehn Jahre hat das Gaia Daten zu Milliarden Sternen gesammelt, die Auswertung wird noch Jahre dauern. Am Donnerstag wird es abgeschaltet.
KĂĽnstlerische Darstellung des Weltraumteleskops vor der MilchstraĂźe
(Bild: ESA - D. Ducros)
Das revolutionäre Weltraumteleskop Gaia der ESA wird am Donnerstag endgültig abgeschaltet. Aus dem ESA-Satellitenkontrollzentrum in Darmstadt wird Gaia dann die letzten Befehle erhalten, teilte das Gaia-Team vor wenigen Tagen mit. Zuvor wurde das Weltraumteleskop Anfang März so gedreht, dass es deutlich mehr Licht auf die Erde reflektierte und von mehreren Amateur-Astronomen auf der ganzen Welt abgelichtet wurde. Nun werde Gaia "für immer dunkel" bleiben, die Forschungsarbeit ist beendet. Die gesammelten Daten werden aber noch lange ausgewertet, 2026 und 2030 sollen weitere Datensätze veröffentlicht werden.
"Spektakuläre Resultate"
Gaia hat das "ganze Bild der Milchstraße neu gezeichnet", ordnet Missionsmanager Uwe Lammers die Bedeutung des Instruments gegenüber der dpa ein: "Wir erstellen die genaueste Karte der Galaxie, die jemals erstellt wurde", sagt Lammers. "Am Anfang zum Beispiel war die Mission ausgelegt, eine Milliarde Sterne zu beobachten. Inzwischen sind es zweieinhalb Milliarden." Zwar habe man schon vorher viel über unsere Heimatgalaxie gewusst, aber das Weltraumteleskop habe wirklich so viel Neues herausgefunden. So habe man Spuren einer Kollision mit einer Zwerggalaxie vor 5,7 Milliarden Jahren entdeckt, in deren Folge womöglich gar unser Sonnensystem entstanden ist: "Das ist eines der spektakulärsten Resultate."
Vor Gaia sei man davon ausgegangen, dass die Milchstraße glatt und flach ist, so Lammers weiter. Jetzt wisse man, dass sie an den Rändern verbogen ist und sich alle Teile ständig bewegen. Zudem habe man dank des Weltraumteleskops erfahren, dass es in unserer kosmischen Nachbarschaft viel mehr Schwarze Löcher gibt, als vorher angenommen. Gaia hat mehrere vergleichsweise nahe davon gefunden und in den noch erwarteten Datensätzen könnten sich weitere verbergen oder sogar exotische, bisher unbekannte Arten von Himmelskörpern. Auch die Entdeckung von viel mehr Exoplaneten erwartet sich der Wissenschaftler von den Veröffentlichungen.
Gaia wurde Ende 2013 gestartet und galt nach der Aufnahme der wissenschaftlichen Arbeit ein halbes Jahr später als das vielleicht wichtigste Teleskop im Weltraum. Mit einer Gigapixelkamera lichtete es mehr als zehn Jahre lang kontinuierlich den Sternenhimmel ab. Weil sie sich dabei mit der Erde um die Sonne bewegte, ermöglichten die präzisen Messdaten dank der sogenannten Parallaxenmessung eine immer genauere Ermittlung der Position von Milliarden Sternen. Damit konnte das Instrument die Grundlage für unterschiedlichste weitere Forschung legen. Jetzt ist aber der Treibstoff alle und das Gerät muss deaktiviert werden.
Ruhestand "wohlverdient"
Das Weltraumteleskop benötigt seinen Treibstoff, um sich im Weltraum immer wieder präzise auszurichten. Jeden Tag sind dadurch etwa 12 Gramm an Kaltgas verloren und bis zum Jahresende würden die Vorräte komplett aufgebraucht. Stattdessen wurde aber entschieden, die Forschung einzustellen und mit dem verbleibenden Rest wochenlange Tests des Raumschiffs zu unternehmen, die etwa beim Design eines Nachfolgers helfen könnten. Danach hat die Raumsonde ihren Standort am Lagrangepunkt L2 verlassen und soll am Donnerstag mit einem letzten Triebwerksschub in einen finalen heliozentrischen Orbit eintreten. An dem wird sie so deaktiviert, dass sie sich nicht reaktiviert und darf ihren "wohlverdienten Ruhestand" antreten, wie es die ESA ausgedrückt hat.
(mho)