Japans Weltraumfalkner im Gespräch

Die Raumsonde Hayabusa (Falke) hat die Tür in eine neue Epoche der interplanetaren Raumfahrt aufgestoßen, meint Jaxas-Programmdirektor Junichiro Kawaguchi. Der erste bemannte Flug mit Ionenantrieb sei vielleicht noch 10 bis 20 Jahre entfernt.

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Von
  • Martin Kölling

Ein Treffen mit dem Projektleiter der Hayabusa-Mission bei der japanischen Weltraumbehörde Jaxa, Junichiro Kawaguchi, geht nicht ohne Emotionen ab. Seine Erzählung von der längsten Rundreise eines von Menschen hergestellten Raumschiffs, das die Sonde Hayabusa (Falke) in sieben Jahren zum Asteroiden Itokawa und zurück befördert hat, ist gespickt mit Gedichten für ein gutes Gelingen – und Fotos der Gebetstafeln von zwei Schreinen. Mit denen hatte seine Bodencrew Japans Götter um Beistand für den Falken gebeten, der zum Schluss seiner Reise arg gerupft war.

Und auch Wochen nach der Landung erzählte mir am Mittwoch Kawaguchi bewegt, wie er vorigen Monat in Sagamihara, der Heimat des Forschungszentrums seiner Projektgruppe, endlich die Kapsel in Händen hielt, die hoffentlich Sternenstaub von Itokawa mitgebracht haben wird. "Ich hatte erst in Sagamihara die Gelegenheit, mein Baby zu treffen", sagt er, "es sah aus wie neugeboren". Während das Mutterschiff von Hayabusa in der Atmosphäre verglüht ist, hat die Kapsel die Heimreise dank eines Hitzeschildes erstaunlich gut überstanden, so Kawaguchi. Sie und die Schaltzentrale hätten noch so frisch wie am ersten Tag ausgesehen.

Seine großen Visionen von der Ausbeutung des Weltalls durch uns Menschen haben daher auch keinen Kratzer erhalten. Ich dachte mir daher, dass ich eine leicht editierte Version des Gesprächs mit Kawaguchi heute im Blog feilbiete.

Technology Review: Herr Kawaguchi, nach dem Touchdown auf dem Asteroiden gab es ein schweres Brennstoffleck, Sie waren sieben Wochen ohne Verbindung zu Hayabusa. Im November 2009 fiel der letzte der vier Ionenantriebe aus. Haben sie jemals am Erfolg der Mission gezweifelt?

Junichiro Kawaguchi: Zwei mal hätte ich Hayabusa fast aufgegeben. Aber ich habe mir immer gesagt, dass selbst ein kleines Verfehlen eines der großen Missionsziele einen Fehlschlag bedeuten würde – und deshalb immer weiter gemacht.

TR: Erst Hayabusa, nun die Weltraumsegelyacht Ikaros, die mit dem Druck des Sonnenlichts zur Venus reisen soll. Welche Strategie steht hinter den Projekten der Jaxa?

Kawaguchi: Meine Vision ist, dass wir in 50 bis 100 Jahren Ressourcen in unserem Sonnensystem nutzen werden. Aber dafür brauchen wir ein Shuttle für Rundflüge und einen Weltraumhafen zwischen Sonne und Erde. Unser Ziel ist, Techniken zu entwickeln, mit denen wir uns frei im Sonnensystem bewegen können. Für Ikaros haben wir das Sonnensegel entwickelt. Aber für lange Flüge zum Jupiter ist ein reiner Photonenschub des Sonnenlichts nicht genug, wir müssen es mit dem Ionenantrieb kombinieren, dessen Ausdauer wir mit Hayabusa testen wollten.

TR: Welche Lehren hält Hayabusa parat?

Kawaguchi: Wir konnten demonstrieren, dass wir trotz all der Probleme zur Erde zurückkommen konnten. Wir haben damit die Tür für Rundflüge geöffnet. Das hat die Chance für kommende Missionen drastisch erhöht.

TR: Wann werden wir dann die ersten bemannten Flüge mit Ionenantrieb erleben?

Kawaguchi: Der erste interplanetare Weltraumflug wird mit einem konventionellen chemischen Antrieb stattfinden. Danach könnten Flüge mit Ionenantrieb folgen. Die Technik ist soweit fertig. Der erste Flug könnte in zehn oder 20 Jahren stattfinden.

TR: Zurück zur Hayabusa-Mission: Sie haben gerade die Kapsel geöffnet, die Staub vom Asteroiden Itokawa heimbringen sollte. Wie viel Material haben Sie gefunden? Und reicht es für eine Analyse?

Kawaguchi: Wir haben im Behälter mit bloßen Auge mehr als zehn Partikel gefunden, in der Kammer A bisher jedoch mit mikroskopischer Analyse erst zwei, die einige zig Mikrometer groß sind. Die Partikel sind groß genug für eine Analyse. Aber wir brauchen noch einige Monate, um die Suche abzuschließen und dann zu klären, ob die Partikel von der Erde oder dem Asteroiden stammen. Wir glauben, dass eine signifikante Anzahl der Partikel von der Erde stammt. Denn unsere Sammelmethode auf dem Asteroiden hat nicht so funktioniert wie gedacht.

TR: Was haben Sie für die Zukunft geplant?

Kawaguchi: Wir haben Hayabusa-2 in Planung, der zu anderen Asteroiden fliegen soll. Das Mutterschiff soll aber nicht wieder wie bei Hayabusa zur Erde zurückkehren und beim Eintritt in die Atmosphäre verglühen, sondern zu einem möglichen Punkt für einen stationären Weltraumflughafen, einem Lagrange-Punkt fliegen, am dem sich die Gravitationskräfte von Sonne und Erde sowie die Zentrifugalkraft aufheben und so die Sonde parken kann. (bsc)