Streit um Microsofts Patentansprüche lässt Anti-Spam-Standard wackeln

Open-Source-Software-Anbieter und -Programmierer haben sich gegen die Verabschiedung von Sender ID als Anti-Spam-Standard ausgesprochen.

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Von
  • Monika Ermert

Open-Source-Software-Anbieter und -Programmierer haben sich gegen die Verabschiedung von Sender ID als Anti-Spam-Standard bei der Internet Engineering Task Force (IETF) ausgesprochen. Greg Stein, Vorsitzender der Apache Software Foundation, teilte nun in einem offenen Brief mit, man werde angesichts der von Microsoft auf das Konzept erhobenen Patent- und Lizenzansprüche Sender ID nicht unterstützen. Auch in der an dem Konzept arbeitenden IETF-Arbeitsgruppe Marid (MTA Authorization in DNS) fordern zahlreiche Stimmen, einen Alternativvorschlag zu wählen und Microsoft eine Absage zu erteilen.

Sender ID ist eine Kombination von Sender Policy Framework (SPF), das seinerseits auf verschiedenen anderen Vorschlägen (RMX, DMP) fußt, und Microsofts Vorschlag Caller ID. Grundidee aller Anti-Spam-Entwürfe ist ein Abgleich von "from"- oder "envelope"-Adressen mit dem Eintrag im DNS für den jeweiligen Mail Transfers Agent. Dadurch soll das Fälschen von Absenderadressen unmöglich oder erschwert werden.

Microsoft verzichtete für die Kombination mit dem von AOL beworbenen und schon im Test befindlichen SPF auf seine ursprüngliche Idee, dies über ausführliche XML-Einträge umzusetzen. Nicht verzichten aber wollten die Redmonder auf ihre Patentansprüche. Überaus kurzfristig hat der Konzern kurz nach dem Beginn des so genannten Last Call in der Marid-Arbeitsgruppe seine Lizenzvorstellungen und eine kurze FAQ publiziert. Zwar soll die Technologie kostenlos lizenziert werden, doch die Open-Source-Gemeinde warnte seit längerem, dass die Lizenzbedingungen nicht mit den Lizenzmodellen der Open-Source-Welt vereinbar seien. Richard Stallmann hatte daher schon vor einiger Zeit dem Sender ID eine klare Absage erteilt.

Der offene Brief von Apache zählt eine ganze Liste mit Problemen mit der Lizenz auf, die Microsoft erst kurz nach dem so genannten Last Call der IETF-Anti-Spam-Arbeitsgruppe veröffentlich hatte. Nach Einschätzung der Open-Source-Lizenzexperten ist Microsofts Lizenz vor allem deshalb nicht akzeptabel, weil Sublizenzen nicht möglich sind. Wettbewerbsschädlich ist nach Ansicht der Experten auch, dass für die Weiterverbreitung von Sender-ID-Derivaten offizielle Lizenzanfragen an Microsoft gerichtet werden müssen. Apache hält außerdem die Maßgabe für problematisch, dass nur "konforme" Sender ID-Varianten verbreitet werden dürfen. Zudem würden die Microsoft-Lizenzen US-Exportrecht unterliegen.

Am kommenden Montag läuft die Frist für den Last Call in der Marid-Gruppe ab. Dann müssen die beiden Marid-Chefs einen Konsens feststellen. Angesichts der "delikaten Natur" der Sache könne er zum jetzigen Zeitpunkt keine Stellungnahme abgeben, teilte Andy Newton, einer der beiden Marid-Chefs auf Anfrage von heise online mit. Als Alternative könnte entweder SPF in seiner ursprünglichen Form oder einer der noch vorgelegten Alternativvorschläge ins Spiel kommen. Apache schlägt seinerseits vor, die Patentrechte, deren genauer Umfang derzeit auch noch unbekannt ist, an eine gemeinnützige Organisation wie die ISOC zu übertragen. "Wir glauben," so schließt der Brief, "dass die IETF ihre Intellectual Property Politik überarbeiten muss, um zu gewährleisten, dass die Kerninfrastruktur des Internet unbelastet bleibt". Apache und viele Beobachter warnten inzwischen auch vor Eile bei der Verabschiedung des ersehnten Anti-Spam-Standards. (Monika Ermert) / (anw)