(T)Raumschiff unter Piratenflagge

Entgegen der Aussage der Constantin Film AG dürfte der Film "(T)Raumschiff Surprise" schon früh auf den Festplatten etlicher Tauschbörsianer gelandet sein.

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Von
  • Nico Ernst

Zehn Tage nach dem Start von Bully Herbigs Science-Fiction-Parodie "(T)Raumschiff Surprise" am 22. Juli erklärte Constantin gegenüber der Presse, dass nur vereinzelte Kopien "von extrem schlechter Qualität" im Netz gelandet seien. Diese ließen sich zudem auf eine abgefilmte Version in einem Kino in Landau zurückführen. Nach eigenen Angaben leitete Constantin sogar gegen die Betreiberin des Kinos juristische Schritte wegen Vernachlässigung der Aufsichts- und Sorgfaltspflicht ein und meldete Schadenersatzansprüche an.

Dass diese sogenannte "Anti-Raubkopierer-Strategie" tatsächlich den vorgebrachten Erfolg hatte, ist jedoch zweifelhaft. Die Pressemitteilung steht jedenfalls im Widerspruch zu zahlreiche Postings in Diskussionsforen der Tauscher, die bereits am 24. und 25. Juli verschiedene Versionen analysierten -- darunter auch eine Fassung auf zwei SVCDs mit akzeptabler Qualität, die nicht auf der ersten Version zu basieren schien. Seit dem 28. Juli war der Film mit tausenden von Quellen für Tauschbörsianer leicht zu bekommen.

Durch die gigantische PR-Kampagne rund um Bullys neues Werk fühlten sich die Piraten wohl angestachelt, enger als sonst zusammenzuarbeiten. Insbesondere der Austausch der Tonspuren lief den Release-Texten zufolge recht reibungslos -- sonst sind sich die so genannten "Release Groups" meist spinnefeind und konkurrieren wie Wirtschaftsunternehmen um die "Markteinführung" ihrer Kopien. Dass die ersten Kopien vom Startwochenende nicht so einfach zu finden waren, mag an den Dateinamen gelegen haben. Die Kopierer hatten zum Teil nicht den vollen Filmtitel angegeben, sondern mehr oder weniger leicht zu erratende Abkürzungen benutzt.

Immerhin hat Constantin aber offenbar verhindert, dass wie bei vielen internationalen Produktionen noch vor dem Start eine Kopie im Netz stand. Der Aufwand dafür war jedoch beträchtlich, insbesondere dürften die Kosten für den mit 900 Kopien größten Start eines deutschen Films durch die Angst vor Raubkopien in die Höhe geschnellt sein. Laut Constantin ist jede Kopie "lückenlos kodiert". Dafür müssen die 900 Exemplare einzeln durch einen Laserbelichter gelaufen sein. Wo die Kodierung genau steckt (etwa in Bild, Ton, oder beidem), verrät das Unternehmen freilich nicht. Sollte es um die kopierten (T)Raumschiffe zum Prozess kommen, könnte Constantin jedoch gezwungen sein, das Identifikations-Verfahren offen zu legen.

Die Betreiberin des Kinos in Landau, in dem die Kopie angefertig worden sein soll, ist indes ratlos. "Ich habe keine Ahnung, wie man das verhindern soll", meinte sie in einem Gespärch mit heise online. In den USA gehen die Kinobetreiber inzwischen äußerst rigide gegen das Abfilmen vor. So hieß es in US-Medien erst in der vergangenen Woche, dass ein 16jähriger in Los Angeles beim Abfilmen von "Spiderman 2" erwischt worden sei. Der Filmvorführer hatte den Jugendlichen mit einem Nachtsichtgerät aufgespürt, er wurde der Polizei übergeben. Warner verteilte solche Überwachungsgeräte in Großbritannien zum Start von "Harry Potter and the Prisoner of Azkaban" an Filmvorführer.

In Deutschland sind die Abgabe von Taschen oder gar Durchsuchungen von Besuchern noch nicht an der Tagesordnung. Dem Kinobetreiber bleibt ohnehin nur die Berufung auf sein Hausrecht, um einem Besucher den Zutritt zu seinen Räumlichkeiten zu verweigern. Widerspricht der Kunde einer Durchsuchung seiner Habe, kann das Kino sie nicht erzwingen. Selbst wenn Jacken und Gepäck freiwillig abgegeben werden, steht das Kino vor einem Problem: Es ist dann für die abgegebenen Gegenstände verantwortlich. Dafür müssten beispielsweise in den großen Mulitplex-Kinos tausende von Schließfächern installiert werden, kleinere Theater verfügen oft nicht einmal über eine Garderobe.

Die Constantin Film AG wollte auf Anfrage zu den jüngsten Entwicklungen nicht Stellung nehmen. Der zuständige Sprecher sei im Urlaub, hieß es. Am Mittwoch meldete das Unternehmen immerhin, dass bereits fünf Millionen Kinobesucher mit dem (T)Raumschiff gereist seien. (Nico Ernst) / (nij)