Notare und Anwälte gemeinsam gegen De-Mail

Nach dem Anwaltverein machen nun die deutschen Notare Front gegen den aktuellen Gesetzesentwurf für die rechtsverbindliche E-Mail. Auch Verbraucherschützer bemängeln Ungereimtheiten.

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Von
  • Detlef Borchers

Nach dem deutschen Anwaltverein hat sich auch der Deutsche Notarverein gegen De-Mail in der derzeit geplanten Form ausgesprochen. In einer gemeinsamen Erklärung von Anwälten und Notaren (PDF-Datei) wird vor allem der Unterschied zwischen einem postalischen und einem elektronischen Briefkasten herausgestellt. In solch einem e-Briefkasten könne schnell eine Vielzahl auch unerwünschter Nachrichten einlaufen und so zum allgemeinen "Datenoverkill" beitragen. Die Folge: E-Mails, die anders als ein Brief nicht auf den ersten Blick als amtliche Schreiben erkennbar seien, könnten nicht wahrgenommen oder aus Versehen gelöscht werden. Dies könne dazu führen, das wichtige Dokumente zugestellt werden, ohne dass der Bürger es registriert und Fristen für Rechtsmittel ungewollt verstreichen.

Darüber hinaus kritisieren die Anwälte und Notare die Kosten für De-Mail. Es sei problematisch, dass die Kosten des Bürgers für den Unterhalt eines funktionierenden Rechners keine Erwähnung finden. Das Vorhaben sei damit ein "Versuch der Industrie, für die E-Mail Gebühren einzuführen wie beim Telefon." Anders als beim Mobilfunk aber habe der Nutzer beim Wechsel des De-Mail-Anbieters kein Rechtsanspruch darauf, seine Mail-Adresse zu behalten. Problematisch sei außerdem, dass die Indentitätsfeststellung nur einmal erfolge und Namenswechsel, etwa bei Heirat, nicht berücksichtigt würden. Damit würde dem Missbrauch des Systems Vorschub geleistet.

Schließlich kritisieren die Anwälte und Notare, dass sie im gesamten Gesetzgebungsverfahren bis zum 30. Juli nur drei Wochen Zeit hatten, Stellung zu nehmen. Demgegenüber habe die Industrie eine Frist von drei Jahren gehabt, sich auf De-Mail vorzubereiten. Anwälte wie Notare fordern mindestens einen zusätzlichen Passus im Gesetzentwurf, nach dem weder die Behörden noch die Arbeitgeber oder Unternehmen mit Monopolcharakter einen Bürger zwingen können, sich ein De-Mail-Konto zu besorgen.

Mit der gemeinsamen Erklärung von Anwälten und Notaren wächst das Lager der De-Mail-Kritiker. Zuvor hatten schon die Trustcenter De-Mail kritisiert, weil rechtsverbindliche E-Mail dank dem Signaturgesetz heute schon möglich ist. Auch die Anwälte und Notare betonen diesen Aspekt, wobei allerdings verschwiegen wird, dass die Notare auf Basis der qualifizierten elektronischen Signatur seit einiger Zeit ein eigenes europäisches Verbundsystem für den Dokumentenaustausch betreiben, dass sie ihren Klienten als Service in Rechnung stellen.

Mehr aus der Sicht des Endkundens argumentiert der Bundesverband der deutschen Verbraucherzentralen in seiner Stellungnahme zur De-Mail. In ihr kommen die Juristen zum Schluss, dass die Nachteile für den Bürger einen möglichen Nutzen deutlich überwiegen. Bemängelt werden etliche Ungereimtheiten bei den Verzeichnis- und Auskunftsdiensten. In einem Punkt üben die Verbraucherschützer allerdings Fundamentalkritik: "Eine Sicherheit, ein Datenschutz und eine Vertrauenswürdigkeit einer rechtverbindlichen elektronischen Kommunikation mittels De-Mail kann nur durch eine gesetzlich verbindliche Ende-zu-Ende-Verschlüsselung erreicht werden." Eine solche Verschlüsselung, bei der der Bürger in Besitz des Schlüssels für seine E-Mail ist, ist im De-Mail-System als zusätzliche Komponente angedacht, die den Upload von Briefen zum elektronischen Postdienst absichern kann. (vbr)