SCO vs. Linux: Auf dem Weg von Aurora nach ....

SCO musste zugeben, dass vor und nach Einreichung der Klage gegen IBM kein genauer Vergleich des Linux- und des Unix-Codes stattgefunden hat. Es habe nur einen 1999 von Softwareentwicklern durchgeführten Vergleich für interne Zwecke gegeben.

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Von
  • Detlef Borchers

In der Auseinandersetzung zwischen der SCO Group und IBM um angeblich in Linux aus Unix System V geklauten Source-Code und angeblich illegale Nutzung von AIX und Dynix haben die unermüdlichen Prozessbeobachter von Groklaw die Anhörung vor Gericht transkribiert, die überraschende Details offenbart. Bekanntlich möchte SCO nachweisen, dass IBM unberechtigterweise Code, an dem SCO glaubt, Rechte zu besitzen, in die Linux-Entwicklung eingebracht hat. Dieser Code wurde nach Aussagen von SCO-Mitarbeitern im vergangenen Sommer "bergeweise" von Experten gefunden. Später ging SCO dazu über, von einer nicht-wörtlichen 1:1 Kopie zu sprechen, bei der ganz allgemein in der Übertragung von Verfahren ein Straftatbestand oder mindestens ein Vertragsbruch zwischen IBM und SCO gesehen wurde.

Nun hat die SCO Group in der Gerichtsverhandlung zugeben müssen, dass vor und nach Einreichung der Klage gegen IBM kein Vergleich des Linux- und des Unix-Codes stattgefunden hat. Es habe nur einen 1999 von Softwareentwicklern durchgeführten Vergleich gegeben, der für interne Zwecke bestimmt war. Die öffentlichen Aussagen, die etwa SCO-Chef Darl McBride über Tausende von kopierten Code-Zeilen gemacht habe, beruhen laut SCO auf der Analyse aus dem Jahre 1999. Weil diese Analyse zu einem relativ frühen Zeitpunkt der Linux-Entwicklung erfolgt sei, möchte SCO nun von IBM eine Art Straßenkarte habe, auf der jeder Weiterentwicklung von AIX und Dynix (als Folgeversionen von Unix) verzeichnet ist. Erst dann könne man sich an die Suche nach dem verräterischen Code machen. Im Gerichtsprotokoll heißt es:

"MR. FREI: What we need from IBM is the information that will constitute a road map, that will enable us to zero in on particular parts of Linux to compare with particular parts of Unix. That's what we need from IBM as to their AIX and Dynix contributions.

THE COURT: One might conclude, from some statements previously made, that a lot of these comparisons had already been done before the lawsuit was even filed.

MR. FREI: I believe that many of those statements referred to that 1999 report that you were just given, and that was when Linux was half the size of what it is now. That was when Linux was maybe two-and-a-half million -- 2.9 million lines, and now it's, I think, 5 million. So there's double the amount since then. There's everything that IBM put in since then. So I read those statements in IBM's brief. And most of them, if not all of them, seem to relate to what was done in that 1999 report."

In der Anhörung vom 15. September versuchten die Rechtsanwälte von SCO, dem Richter die Dringlichkeit des Anliegens mit einer Analogie klar zu machen. Wenn man von Aurora im Staate New York nach Los Angeles fahren möchte, so brauche man eine Straßenkarte, um überhaupt abfahren zu können. Schließlich gebe es in und um New York keine Verkehrsschilder, die mit Los Angeles beschriftet seien. Ähnlich brauche SCO eine Straßenkarte von IBM mit allen Entwicklungszweigen, damit man den Weg finden könne, auf dem Linux von IBM-Software profitiert habe.

In der Logik dieser Argumentation ist IBM daran Schuld, dass SCO noch keine schlüssigen Beweise für den Codeklau finden konnte und gewissermaßen noch Hilfe suchend durch die Straßen von Aurora irrt. Dass vor Gericht die Aurora-Verteidigung selbst bei den SCO-Anwälten für Verrenkungen sorgt, belegt diese Passage, in der SCO um Hilfestellung bittet:

"THE COURT: Mr. James.

MR. JAMES: Your Honor, I fear you turn the gun on me for standing up, and I didn't know where Aurora, New York was either.

THE COURT: What did you expect me to do when you stood up? I didn't think you were going out to go to the bathroom. I thought you were coming up to answer questions.

MR. JAMES: I thought you might tell me to sit down, candidly, Your Honor.

THE COURT: Stand up and tell me about this motion.

MR. JAMES: We desperately -- we need some help, Your Honor. "

Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe den Artikel auf c't aktuell (mit chronologischer Linkliste zu Beiträgen auf heise online, aus Technology Review und der c't):

(Detlef Borchers) / (jk)