Künftige EU-Kommissare legen Vermögen offen

Unter anderem hatten Aktienbesitz, hohe Wirtschaftsposten und die Ernennung von Bill Gates zum Ehrendoktor bei der als Wettbewerbskommissarin vorgesehenen Neelie Kroes für Zweifel an der Unabhängigkeit gesorgt, auch im Kartellverfahren gegen Microsoft.

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  • dpa

Fünf Wochen vor ihrem Amtsantritt haben der künftige EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und seine 24 Kommissare in Brüssel ihre Vermögenswerte offen gelegt. Die Brüsseler Behörde veröffentlichte zugleich Angaben der designierten Kommissionsmitglieder zu möglichen Interessenkonflikten. Am kommenden Montag beginnt die Anhörung der Kommissarsanwärter im Europäischen Parlament, das der Benennung zustimmen muss. Unmittelbar nach der Aufstellung von Barrosos Team hatten Aktienbesitz und hohe Wirtschaftsposten der Niederländerin Neelie Kroes sowie der Grundbesitz der Dänin Mariann Fischer Boel für Diskussionen über deren Unabhängigkeit gesorgt. Kroes soll als Wettbewerbskommissarin die Wirtschaft beaufsichtigen, Boel ist für den Posten der Landwirtschaftskommissarin vorgesehen.

Kroes gab schriftliche Garantien für eine unabhängige Amtsführung. Zweifel etwa an ihrer Unabhängigkeit bei der weiteren Bearbeitung des EU-Kartellverfahrens gegen Microsoft waren auch deswegen aufgekommen, da sie in ihrer früheren Funktion als Leiterin der niederländischen Business-Universität Nijenroode 1996 den Microsoft-Mitgründer und derzeitigen Chief Software Architect Bill Gates zum Ehrendoktor ernannt hatte. Kroes meinte dazu, Gates habe in dieser Zeit gute Arbeit geleistet, sonst hätte sie ihm den Titel für Microsofts Beitrag zur IT-Ausbildung nicht verliehen.

In einem Brief an Barroso erklärte Kroes, sie habe alle ihre Beraterposten und Aufsichtsratsmandate in der Wirtschaft mit Wirkung vom 1. September an niedergelegt. Die Millionärin sicherte dem bereits bestätigten Kommissionspräsidenten zugleich zu, sie werde sich nicht in Wettbewerbsfälle von Firmen einschalten, bei denen sie einen leitenden Posten oder Beratervertrag gehabt habe. Kroes saß nach eigenen Angaben in den Aufsichtsräten zahlreicher Stiftungen und Firmen, darunter der Niederländischen Bahn, der Reederei P&O Nedlloyd, des Rüstungsunternehmens Thales Netherlands, des Autoherstellers Volvo und der Schnellrestaurantkette McDonald's Netherlands. Ihr Aktienvermögen in Höhe von 1,6 Millionen Euro habe sie in eine Stiftung überführt, die unabhängig verwaltet werde.

Die designierte Agrarkommissarin Fischer Boel bestätigte in ihrer Erklärung einen ausgedehnten Grundbesitz in Dänemark. Das Land werde von ihrem Mann bewirtschaftet. Der juristische Dienst der EU- Kommission sieht darin nach früheren Angaben keinen Interessenkonflikt, obwohl der Betrieb wie andere Bauernhöfe mit Geld aus dem EU-Agrartopf unterstützt wird. Ihr Anlagevermögen bezifferte Fischer Boel auf umgerechnet knapp 100.000 Euro.

Keinerlei Aktien und andere Wertpapiere besitzt nach eigenen Angaben der künftige Kommissionspräsident Barroso. Dem früheren portugiesischen Regierungschef gehören laut eigener Erklärung aber drei Wohnungen und Grundstücke in Portugal. Der deutsche Kommissar Günter Verheugen, der vom 1. November an die Brüsseler Industriepolitik leiten soll, verfügt nach eigenen Angaben weder über irgendwelche Wertpapiere noch über Immobilienbesitz. (dpa) / (jk)