Prozess gegen Netzaktivisten wegen Hyperlinks

Weil eine Dokumentation über Aktivitäten der Bezirksregierung Düsseldorf Links zu gesperrten Websites enthielt, wirft die Staatsanwaltschaft dem Autor vorsätzliche Beihilfe zur Verbreitung nationalsozialistischer Propagandamittel vor.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

In Stuttgart beginnt am kommenden Donnerstag (7. Oktober) der Prozess gegen den Netzkünstler und Online-Aktivisten Alvar Freude. Die Staatsanwaltschaft wirft Freude vor, durch Hyperlinks in einer Dokumentation über die umstrittenen Sperrverfügungen der Bezirksregierung Düsseldorf sowie in der Zensur-Satire FreedomFone "vorsätzlich Beihilfe zur Verbreitung nationalsozialistischer Propagandamittel" geleistet zu haben.

Anfang 2002 hatte die Bezirksregierung Düsseldorf die Sperrung von Websites mit rechtsextremistischem Inhalt angeordnet. So ging es unter anderem um zwei Neo-Nazi-Websites aus den USA; zahlreiche Internet-Provider wurden aufgefordert, den Zugriff auf diese Seiten sofort zu blockieren. Freude, der sich mit den gesellschaftspolitischen Auswirkungen des Internet und hier insbesondere mit den Themen Internet-Filter und Internet-Zensur auseinandersetzt, prangerte das bundesweit einmalige Vorgehen einer deutschen Internet-Aufsichtsbehörde an. Auf seiner Webseite Odem.org dokumentierte er das Vorgehen der Behörde und listete dabei auch die Domains auf, welche die Bezirksregierung sperren ließ oder sperren lassen wollte.

Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Stuttgart ist allein schon durch diese Verlinkung der Tatbestand der vorsätzlichen Beihilfe zur Verbreitung nationalsozialistischer Propagandamittel erfüllt. Freude sieht dies allerdings ganz anders: "Eine Dokumentation über diese Vorgänge kann nicht vollständig sein, wenn man die betreffenden Web-Seiten nicht nennen darf". Da in der Anklageschrift stehe, ein Hyperlink sei gleichzusetzen mit einem "Zugänglichmachen in Täterschaft", müsse das Gericht vor allem zwei Fragen klären: Bedeuten Links in jedem Fall ein strafbares "Zugänglichmachen" beziehungsweise "Verbreiten"? Und falls ja, ist es dann auch strafbar, wenn man Adressen von rechtsextremistischen Internet-Seiten in einer Dokumentation über das Zeitgeschehen oder in einer Satire nennt? Freude jedenfalls rechnet mit einem Freispruch. (pmz)