DVB-T: Problemloser Start in Bayern

In der Nacht zum Montag startete in Bayern das "Überallfernsehen" DVB-T. In den Regionen München, Nürnberg und Südbayern müssen sich nun rund 300.000 Haushalte auf digitales Fernsehen einstellen.

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Von
  • Nico Ernst
  • Volker Zota

In der Nacht zum Montag startete in Bayern das "Überallfernsehen" DVB-T. In den Regionen München, Nürnberg und Südbayern müssen sich nun rund 300.000 Haushalte auf digitales Fernsehen einstellen. Reine Analogseher bekommen zudem in München statt den Privaten nur noch die öffentlich-rechtlichen Sender auf den Schirm. Zwar versprach der Leiter des Projektbüros in der vergangenen Woche erst einen bayerischen DVB-T-Start um 9 Uhr am Morgen des Montag, 30. Mai 2005. Doch schon gegen drei Uhr war das Antennenfernsehen in München umgestellt. Noch mehr Understatement bewies im Vorfeld der Bayerische Rundfunk, der den DVB-T-Empfang erst für 19 Uhr ankündigte -- pünktlich zur Übertragung der Eröffnung der Allianz-Arena.

In den vergangenen Wochen liefen die Umbauten auf Hochtouren. Am 5. April wurde dem Münchner Olympiaturm eine neue Spitze mit den DVB-T-Antennen aufgesetzt. Ab 11. Mai wurden in den frühen Morgenstunden immer wieder einzelne analoge Sender abgeschaltet, um die Frequenzen für digitale Ausstrahlung zu testen. Und ab dem 23. Mai konnte man zumindest ein bisschen in DVB-T eintauchen: Der Testsender "Grouper" strahlte seitdem einen 20-sekündigen Clip mit einer Unterwasseraufnahme in Endlosschleife aus. Dieser "Testfisch" erlangte unter Technik-Freaks schnell Kultstatus. Zusätzlich waren bis zum 26. Mai noch vier Testprogramme der ARD mit den regulären Inhalten der jeweiligen Sender zu sehen.

Ab Fronleichnam war nur der Testfisch zu empfangen, was sich zum angepeilten Termin jedoch früher als öffentlich bekannt gegeben ändern sollte. Punkt 1:15 Uhr fiel am Montag mit ProSieben der erste analoge Sender aus, und nach und nach wurden in München die DVB-T-Sender aufgeschaltet. Durch das enge Frequenzband des Fernsehens ist eine parallele Ausstrahlung von DVB-T und analogem TV nicht dauerhaft möglich, und von den Sendern angeblich auch nicht zu finanzieren.

Zeitweise sendeten die Münchner Analogsender am Morgen des 30. Mai auch wieder altbekannte Testbilder, und ProSieben und das RTL-Bouquet für DVB-T strahlten eine Viertelstunde auf derselben Frequenz -- womit dann keines der Angebote stabil zu sehen war. Gegen 2 Uhr morgens war der Spuk jedoch vorbei. Die analogen Privatsender waren aus dem Münchner Äther verschwunden. Damit TV-Zuschauer, die von der Umstellung noch nichts mitbekommen hatten, nicht völlig konsterniert sind, hatten sich die Medienpolitiker offenbar ein amüsantes Stühlerücken ausgedacht. Auf der Frequenz des analogen ProSieben sendet jetzt das ZDF, RTL wurde durch die ARD ersetzt -- und wo vorher Sat.1 war, gibt es jetzt nur noch Schneegestöber. Auch die analoge Frequenz des Bayerischen Rundfunks ist derzeit noch unbesetzt.

Senderliste Großraum München und Südbayern (Sender Olympiaturm und Wendelstein)

Öffentlich-rechtliche Programme:

  • Das Erste
  • ZDF
  • ZDFdokukanal im Wechsel mit Kinderkanal
  • ZDFinfokanal im Wechsel mit 3Sat
  • Bayerischer Rundfunk (Südkette)
  • BR Alpha
  • Arte
  • Phoenix
  • EinsPlus
  • Südwest BW
  • HR Fernsehen

Private Programme:

  • RTL Television
  • RTL2
  • Super RTL
  • Sat.1
  • ProSieben
  • Kabel Eins
  • Vox
  • N24
  • Eurosport
  • Tele 5
  • HSE24

Zusätzlich ab Juli 2005:

  • tv.münchen

Die öffentlich-rechtlichen Sender wollen ARD, ZDF und BR noch bis Ende August analog ausstrahlen. Sie weisen die Zuschauer in Einblendungen darauf hin, dass auch dieser Betrieb demnächst eingestellt wird. Gleiches hatten auch die Privatsender vorher getan. Der Lokalsender tv.München sendet ebenfalls noch analog, wenn auch mit schwacher Leistung. Er soll demnächst den noch freien digitalen Sendeplatz in München belegen. Am 7. April 2005 hatte die "tv.münchen -- Das Stadtfernsehen Programmgesellschaft mbH" jedoch einen Insolvenzantrag gestellt. Nach einer aktuellen Pressemeldung des Insolvenzverwalters sind jedoch bereits neue Investoren gefunden, die das Unternehmen zum 1. Juli 2005 übernehmen sollen. Bis dahin wird der digitale Sendeplatz freigehalten -- was auf dem dann noch letzten freien Slot gesendet werden soll, steht noch nicht fest.

Die Spartenkanäle arte, EinsPlus und Phoenix sind übrigens zusammen mit "Das Erste" im selben Bouquet untergebracht und senden auf Kanal K10 vom Olympiaturm nach unseren Messungen nur mit deutlich geringerer Leistung als beispielsweise die RTL-Gruppe. Im Forum von Digitalfernsehen.de beklagen sich folglich auch einige Anwender, dass diese Sender nur bei Sichtverbindung zum Olympiaturm mit einer Zimmerantenne zu empfangen seien.

Gegenüber den ersten Tests wurde in München die Leistung des Senders auf dem Olympiaturm nach bisherigem Stand um rund 50 Prozent gesteigert. In der Münchner Innenstadt ist nun auch mit einer einfachen Stabantenne der Empfang möglich. Die Bildqualität ist jedoch gegenüber analogem Kabelempfang und DVB per Satellit zum Teil deutlich eingeschränkt.

In der Münchner Presse war vor der Umstellung nur sporadisch über DVB-T berichtet worden, einige Elektronikhändler schalteten jedoch vermehrt Anzeigen für DVB-T-Receiver. Lokalzeitungen verlosten jedoch gerade in den vergangenen zwei Wochen einige Receiver. Die Münchner Kabelnetzbetreiber KMS schickte gar eine Postwurfsendung an zahlreiche Haushalte los, die ohne Hinweis auf DVB-T vor einem "schwarzen Bildschirm" ohne Kabelanschluss warnte. Laut Aussage des Projektbüros für DVB-T in Bayern sind jedoch nur 70.000 Haushalte betroffen, die bisher ausschließlich analoges Fernsehen empfangen haben. Laut Forenbeiträgen verlief die Umstellung in Nürnberg ähnlich problemfrei wie in München und Südbayern. (Nico Ernst) (vza)