Öffentlich-rechtliches Media Center

Die ARD-Mediathek nervt mit Overlays, die Suche des ZDF-Pendants treibt sie in den Wahnsinn und bei NDR gibt es in der eingebetteten Ansicht gar nichts zu sehen? Wer das Online-Angebot der öffentlich-rechtlichen Sender nutzen will, stößt auf eine Menge Merkwürdigkeiten. Denen entgehen Sie mit dem Java-Programm Mediathek, das unter Linux, Windows und Mac OS X das Programmangebot unter einer einheitlichen Oberfläche bündelt.

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Von
  • Andrea Müller

Die Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen im Griff.

Mit dem Argument, dass man mit einem Internet-fähigen PC die Online-Inhalte der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten empfangen könne, wurde im Jahr 2007 die GEZ-Abgabe für diese Geräte eingeführt. Der Gegenwert kann einem allerdings die Tränen in die Augen treiben: Ausgewählte Beiträge, die nur für einen begrenzten Zeitraum online angeboten werden und bei jedem Sender muss man sich durch ein anderes – wenig intuitives – Web-Interface klicken, um die gewünschten Informationen zu finden. Das freie, für Linux, Windows und Mac OS X erhältliche Tool Mediathek will hier Abhilfe schaffen: Das in Java geschriebene Programm lädt die Programmlisten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten herunter, erlaubt das Sortieren und Durchsuchen der Beiträge und spielt sie mit einem frei wählbaren Video-Player ab. Der Clou: Alle Beiträge lassen sich per Mausklick aufzeichnen und auf der Festplatte archivieren.

Nach dem Download der Software muss man das gezippte Archiv nur entpacken, etwa in einen eigenen Ordner im Home-Verzeichnis des Benutzers. Soll das Programm allen Nutzern systemweit zur Verfügung stehen, empfiehlt sich ein eigenes Verzeichnis Mediathek unter /opt als Speicherort – unter /usr/local fügt sich das Programm nicht ein, da es nicht die klassische Linux-Verzeichnisstruktur nutzt. Das entpackte Programm startet der Befehl

java -jar /pfad/zu/Mediathek.jar

Der Einfachheit halber kann man auch eine Desktop-Verknüpfung für den Befehl anlegen, um das Programm per Mausklick zu starten.

Bei Arte kann man zwischen deutsch und französisch als Sprache wählen.

Anfangs herrscht gähnende Leere im Hauptfenster, die man über einen Klick auf "Filme laden (Website)" mit allen verfügbaren Sendungen füllt. Wer sich nur für einige ausgewählte Sender interessiert, wechselt zunächst auf den Tab "Einstellungen / Einstellungen Sender" und entfernt dort das Häkchen vor allen unerwünschten. Hinter einigen befindet sich ein Einstellungs-Button, über den man weitere Details festlegen kann.

So lässt sich hier bei der ARD die Suche nach älteren Beiträgen aktivieren und bei Arte kann man sich zwischen deutsch und französisch als Sprache entscheiden. Das erste Laden der Liste aller Sendungen dauert mehrere Minuten, wie viele Megabyte Informationen Mediathek auf die Festplatte schaufelt, sieht man zuvor im bereits erwähnten Einrichtungsdialog "Einstellungen Sender".

In diesem Dialog entscheidet man, welche Programmlisten man herunterladen will.

Oben im Hauptfenster befindet sich rechts das Suchfeld, das im Titel und der Kurzbeschreibung der Sendung nach dem eingegebenen Suchbegriff fahndet. Links daneben bedinden sich zwei Drop-down-Felder mit vordefinierten Filtern. Über das ersten namens "Sender" stellen Sie ein Programm ein, über das zweite das "Thema". Dort finden Sie beispielsweise regelmäßige Angebote wie täglich ausgestrahlte Serien, Wochenmagazine wie den Weltspielgel und feste Einrichtungen wie den ZDF-Sonntagsfilm. Den größten Bereich des Hauptfensters nimmt die Liste mit den Sendungen ein.

Die Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen im Griff.

Zum Abspielen der Beiträge finden Sie unten im Fenster zwei Schaltflächen zur Wiedergabe mit VLC oder dem MPlayer. Haben Sie keinen der beiden Player auf der Festplatte oder nur den Ihrer Distribution beiliegenden, müssen Sie die Version aus einem Drittanbieter-Repository einspielen, damit die Player möglichst viele Formate unterstützen. OpenSuse-Anwender greifen zu der im Packman-Repository liegenden Version, für Ubuntu-Nutzer ist das Medibuntu-Repository eine ausgezeichnete Quelle. Am einfachsten ist es, einfach VLC nachzuinstallieren, da dieser Player die benötigten Codecs von Haus aus mit an Bord hat. Bei der Nutzung des MPlayer benötigen Sie noch eine Reihe weiterer Pakete, etwa die Win32-Codecs, die bei der Player-Installation nicht immer automatisch mit eingespielt werden.

Alternativ können Sie Mediathek auch mit einem Player Ihrer Wahl, etwa Kaffeine oder Totem, bekannt machen. Klicken Sie dazu auf die Schaltfläche "Pfade" unten rechts im Fenster und legen Sie im folgenden Dialog mit einem Klick auf "Neu" einen zusätzlichen Button an, den Sie über einen Eintrag hinter "Name" im Bereich "Programmgruppe" mit einem Text versehen, etwa "Mit Kaffeine abspielen". Als Programm geben Sie den Befehl zum Aufruf des Programms ein, im Beispiel kaffeine. Ins Feld "Schalter" tragen Sie %f ein. Dieser so genannte Formatstring steht als Platzhalter für die URL der abzuspielenden Datei. Die restlichen Felder lassen Sie leer, bestätigen die Änderungen über den Button OK und schon finden Sie im Hauptfenster die gerade angelegte Schaltfläche, über die Sie Dateien mit Kaffeine abspielen können.

Den Job des Aufnahmeleiters für Streams hat MPlayer inne und bei einem Klick auf einen der Buttons "Aufzeichnen mplayer" und "Aufzeichnen mplayer mit Pfad" wird er tätig. Bei der letztgenannten Option können Sie vor der Aufnahme das Zielverzeichnis einstellen. Entscheiden Sie sich dagegen für den ersten Button landet der aufgezeichnete Stream im Ordner /tmp. Diese Vorgabe passen Sie über einen Klick auf "Pfade" an. Markieren Sie dort den Eintrag "Aufzeichnen mplayer" und stellen Sie im Feld "Zielpfad" einen Ordner Ihrer Wahl ein, etwa das Verzeichnis Videos in Ihrem Home-Verzeichnis.

(Bild: Flvstreamer erweitert die Mediathek um die Möglichkeit, Flash-Streams aufzunehmen.)

Probleme hat Mediathek mit gestreamten Flash-Inhalten, wie sie unter anderem ARD und NDR anbieten. Diese Flash-Streams werden über das RTMP-Protokoll verteilt und beim Versuch, sie mit MPlayer oder VLC abzuspielen erhält man den Hinweis, dass das nicht unterstützt wird. Netterweise liefert die Fehlermeldung auch den Weg zur Lösung: Man kann das Kommandozeilenhelferlein flvstreamer in Mediathek einbinden, um Flash-Streams aufzuzeichnen. In dessen Download-Verzeichnis findet man ausführbare Binaries des Programms für Fedora und Ubuntu. Anwender von OpenSuse und Mandriva können die Datei flvstreamer_fedora-x86-32bit_latest für Fedora verwenden. Welche Einstellungen für einen Flash-Aufnahme-Button nötig sind, erklärt die Schritt-für-Schritt-Anleitung, die man über die Hinweis-Schaltfläche im Fehlerdialog erreicht.

Eine weitere Alternative zur Aufzeichnung von RTMP-gestreamten Flash-Inhalten ist das Tool rtmpdump.Per Klick auf die neu erstellte Schaltfläche kann man Flash-Streams nun auf Festplatte speichern, von wo aus sie sich ploblemlos mit VLC abspielen lassen. (amu) (amu)