Der Ritter des Internet -- zum 50. Geburtstag von Tim Berners-Lee

"Nicht wirklich" antwortete Sir Tim auf die Frage, ob das WWW die Menschen klüger gemacht habe. "Aber wir sind besser verbunden und damit besser in der Lage, die Welt zu einer menschenwürdigen Welt zu verändern, wenn wir das wollen."

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Von
  • Detlef Borchers

Heute vor 50 Jahren erblickte Sir Timothy John Berners-Lee in London das Licht jener Welt, der er das Wide Web schenken sollte. Beide Eltern, Conway Berners-Lee und Mary Lee Woods arbeiteten an der Manchester University. Der Vater beschäftigte sich als Mathematiker mit Fragen der Datenkompression und Kryptographie, die Mutter war die erste weibliche Programmierein am ersten kommerziell genutzten Computer Mark I, der von Ferranti verkauft wurde.

Zu den Jugenderinnerungen von Tim Berners-Lee gehört die Geschichte, wie er von der Schule kommt und mit seinem Vater über eine Rede diskutiert, die dieser für den despotischen Firmenchef Basil de Ferranti schreibt. Sie sollte die Zuhörer darüber aufklären, dass eines Tages Ferranti-Computer genau wie das menschliche Hirn intuitiv Zusammenhänge zwischen Informationen finden werden. Worüber der Vater brütete, sollte den Sohn als Idee begleiten, bis nach dem Vorbild des viktorianischen Selbsthilfebuches Enquire Within upon Everything die Software "Enquire" entstand, oder, wie es heute heißt, das World Wide Web am CERN entwickelt wurde.

Tim Berners-Lee studierte Physik am Queen's College der Universität Oxford. Nach seinem Abschluss arbeitete er bei Plessey Telecommunications (heute Siemens) und bei der Firma Nash Ltd., die Software für den Fotosatz entwickelte. 1980 kam Berners-Lee für einen kurzen Beraterjob an das Schweizer CERN, wo er das erwähnte Programm Enquire konzipierte. Es folgte eine Anstellung bei Image Computer Systems, ehe Berners Lee 1984 zum CERN zurückkehrte und mit seinen Kollegen auf einem NeXT-Rechner das Browser- wie das Serverprogramm entwickelte. Unter dem Namen WorldWideWeb und http wurden beide Werkzeuge der Wissenschaft zur Verfügung gestellt; die erste Website ging am 6. August 1991 ans Netz.

Anders als Steve Jobs und Bill Gates, die ebenfalls in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag begehen, versuchte Berners-Lee nicht, seine Idee zu kommerzialisieren. Vielmehr war ihm sehr daran gelegen, plattformübergreifende Standards zu sichern. Darum gründete er 1994 das World Wide Web Consortium (W3C), das die Architektur des WWW festschreibt. Seine Idee vom World Wide Web entwickelt Tim Berners-Lee heute mit dem semantischen Web weiter.

Für seine Arbeiten erhielt Berners-Lee über 30 Auszeichnungen und Preise, von denen er in seiner Biographie nur die wichtigsten in kleiner Schrift aufzählt. Mit dem Millennium Technology Prize kassierte Berners-Lee auch einmal richtig Geld, mit dem Knight Commander des Order of the British Empire wurde er zu einem echten englischen Ritter geschlagen. Im Unterschied zu dem US-Amerikaner Bill Gates, der diesen Titel ebenfalls erhielt, führt der Brite den offiziellen Titel Sir "Tim" Berners-Lee.

"Nicht wirklich" antwortete Sir Tim einstmals auf die Frage eines Reporters, ob die Menschen durch das World Wide Web klüger geworden seien. "Aber wir sind besser verbunden und damit besser in der Lage, die Welt zu einer menschenwürdigen Welt zu verändern, wenn wir das wollen." (Detlef Borchers) / (jk)