Bundeskabinett segnet Gesetzentwurf zur Ausweitung der DNA-Analyse ab

Künftig soll der genetische Fingerabdruck auch bei kleineren Delikten wie Sachbeschädigungen gespeichert werden dürfen. Ermittler erhalten das Recht, DNA-Analysen im Eilverfahren anzuordnen, ohne dass ein Richter diese vorher genehmigen muss.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 373 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Peter-Michael Ziegler

Das Bundeskabinett hat am heutigen Mittwoch eine Ausweitung des genetischen Fingerabdrucks bei der Strafverfolgung beschlossen. Nach dem Gesetzentwurf von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (PDF-Datei) sollen DNA-Analysen von Personen künftig auch dann gespeichert werden dürfen, wenn diese lediglich kleinere Delikte wie Sachbeschädigungen oder Hausfriedensbrüche begangen haben oder zu erwarten ist, dass sie künftig solche Delikte begehen. Zudem erhalten Ermittler das Recht, DNA-Analysen im Eilverfahren anzuordnen, ohne dass ein Richter diese genehmigen muss.

Was da auf den deutschen Rechtsstaat zukommen könnte, macht das Bundesjustizministerium unter anderem an diesem Fallbeispiel deutlich: "A ist verurteilt worden, weil er wiederholt den Lack von Kraftfahrzeugen mit einem Schraubenzieher zerkratzt hat. Die Prognose ergibt, dass auch künftig entsprechende Straftaten von ihm zu erwarten sind." Weil die wiederholte Begehung einer für sich genommen nicht erheblichen Straftat laut Gesetzentwurf einer Straftat von erheblicher Bedeutung gleichstellt wird, darf eine DNA-Analyse durchgeführt und das Ergebnis abgespeichert werden.

Dies soll auch für Personen gelten, die wegen "erwiesener oder nicht auszuschließender Schuldunfähigkeit", "auf Geisteskrankheit beruhender Verhandlungsunfähigkeit" oder "fehlender oder nicht auszuschließender fehlender Verantwortlichkeit" (§ 3 des Jugendgerichtsgesetzes) nicht verurteilt wurden. Gespeichert werden sollen die Daten beim Bundeskriminalamt. Die Bundesregierung rechnet nach der Herabsetzung der Anforderungen für DNA-Analysen mit deutlich mehr Überprüfungen des genetischen Fingerabdrucks, vor allem im Hinblick "auf künftig zu erwartende Strafverfahren". Die Mehrausgaben sollen vor allem die Länder tragen.

Ob allerdings der Gesetzentwurf tatsächlich umgesetzt wird, ist fraglich. Zum einen müsste er noch vor der angestrebten Neuwahl des Bundestages endgültig verabschiedet werden, was selbst SPD-Politiker bezweifeln, zum anderen reicht die vorgeschlagene Neuregelung der DNA-Analyse der CDU längst nicht aus. "Der Gesetzentwurf ist ein Schritt in die richtige Richtung. Er ist aber zu kurz," sagte der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Bosbach. Die Union werde die bestehende Rechtslage bei einem Wahlsieg weiter verschärfen, erklärte der Innen- und Rechtspolitiker. Es gebe kein Recht von Tätern, unerkannt zu bleiben.

Datenschützer warnen unterdessen davor, dass mit einer Ausweitung der DNA-Datei beim BKA in den Bagatelltatenbereich hinein längst kein Gewinn für die Aufklärung schwerer Straftaten verbunden ist. "Masse bedeutet noch lange nicht Klasse", gibt etwa der Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, zu bedenken. Mehr DNA-Proben hätten vielmehr auch zur Folge, dass die Gefahr von Falschverdächtigungen steigt. "In einem Rechtsstaat darf nicht mit Kanonen auf Spatzen geschossen werden", fordert Weichert. (pmz)