Informationskampagne gegen Softwarepatente gestartet

Eine mehrsprachige Aufklärungs-Site, die von mittelständischen IT-Firmen unterstützt wird, weist auf die Risiken und Nebenwirkungen des Monopolschutzes für Computercode hin.

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Unter dem Aufhänger NoSoftwarePatents.com ist am heutigen Mittwoch eine webbasierte Informationskampagne in zunächst zwölf europäischen Sprachen gestartet. Ihr Ziel ist es, ein klares Zeichen gegen die in Brüssel vom EU-Rat befürwortete europaweite Legalisierung von Softwarepatenten zu setzen, über die Lobbyistenaktivitäten rund um die heftig umstrittene Richtlinie aufzuklären und die Argumente der Gegner des Monopolschutzes für Computercode allgemein verständlich und eindringlich aufzubereiten. "Ich kann nach vielen Politikergesprächen in den letzten Monaten sagen, dass noch viel Informationsbedarf besteht", erläutert Kampagnen-Manager Florian Müller die Hintergründe für den Aufbau der umfassenden Materialsammlung. "Außerdem hat die Gegenseite soviel Desinformation gestreut, sodass wir noch vieles richtig stellen können."

Finanziell unterstützt wird die Initiative, die sich "unabhängig von politischen Organisationen und Parteien" präsentiert und "Klartext" sprechen will, von den IT-Firmen 1&1, Red Hat und MySQL. "Es geht hier nicht allein um Open Source, aber Open Source alleine ist für Europa schon Grund genug, Softwarepatente zu verbieten", betont Müller in Anbetracht des vielseitigen Engagements der Kampagnenpartner im Bereich freier Software. Für ihn ist es wichtig, dass sich der Mittelstand nun in der Softwarepatente-Frage ernsthafter engagiert als bisher. "Jeder Brief und jede Unterschrift hilft, aber es braucht mehr, um politisch etwas zu bewegen", weiß der Berater und Softwareprogrammierer. Die Patentlobby lasse sich ihr Anliegen "Millionen kosten. Wenn wir jetzt nicht handeln, kostet es hinterher viel mehr".

Auf der Site werden die Gefahren des Softwarepatent-Regimes beschrieben, die demnach von hohen zusätzlichen Lizenzkosten oder Rechtsrisiken für die vielen betroffenen Firmen bis hin zu Einschränkungen der auf offenen Standards beruhenden Informationsfreiheit im Internet reichen. "Europas Softwareindustrie wird skrupellosen Erpressern zum Opfer fallen. Ein Kartell von Großkonzernen wird kleinere Konkurrenten plattmachen. Als Folge davon werden wir alle mehr Geld für weniger gute und weniger sichere Software zahlen müssen. Sie persönlich, Ihr Haushalt, Ihre Firma, Ihre Regierung, jeder von uns", heißt es auf der Startseite plakativ.

Darüber hinaus werden die Ursachen des "Kalten Kriegs" in der IT-Branche vor allem an Beispielen aus den USA beschrieben, wo es keine "technischen Hürden" für die Patenterteilung auf Programmcode oder computergestützte Geschäftsmethoden gibt. Unter dem Stichwort "Patentmafia" geht es hauptsächlich um die Sonderstellung des Europäischen Patentamtes, das ohne jegliche parlamentarische Kontrolle die Vorgaben zur Erteilung von Softwarepatenten auch in Europa bereits weit gedehnt hat, sowie um die sich um die Behörde herum gebildete "Patentbürokratie".

Unter dem Stichwort "Unwahrheiten" hinterfragt die Kampagne verschiedene, genau zu unterscheidende Bedeutungen des Begriffs "Softwarepatente" und hinterfragt die gängigen Rechtfertigungen der Befürworter einer Ausweitung des Schutzes geistiger Eigentumsrechte. Ferner liefert die Site eine Übersicht über die Brüsseler Gesetzgebungsinitiative, ein Diskussionsforum sowie Tipps zur Mithilfe beim Lobbying gegen Softwarepatente. Insgesamt sieht Müller die Webkampagne als Ergänzung des Informationsangebots des Fördervereins für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII), das sich stärker an Kenner der Materie richtet.

Zum Thema Softwarepatente siehe auch:

(Stefan Krempl) / (anw)