BKA will Besitz und Verbreitung von Kinderporno-Links kriminalisieren

Christian Hoppe, Leiter der Zentralstelle Kinderpornographie beim Bundeskriminalamt, plädierte auf einer Anhörung im EU-Parlament für eine deutliche Ausweitung der Strafbarkeit beim Umgang mit kinderpornographischem Material. Derweil wirft der AK Zensur den Polizeibehörden mit einer neuen Analyse von Sperrlisten schwere Versäumnisse vor.

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Christian Hoppe, Leiter der Zentralstelle Kinderpornographie beim Bundeskriminalamt (BKA), plädierte auf einer Anhörung im EU-Parlament für deutliche Verschärfungen in der Strafverfolgung. In der Anhörung, die sich mit dem Vorstoß der EU-Kommission zur Bekämpfung des sexuellen Kindesmissbrauchs beschäftigte, forderte er eine deutliche Ausweitung der Kriminalisierung des Umgangs mit kinderpornographischem Material. Die Politik sollte darüber nachdenken, erklärte der Strafverfolger am heutigen Mittwoch in Brüssel, "ob auch der Besitz und die Verbreitung" von Links auf einschlägige Webseiten "eindeutig unter Strafe zu stellen ist". Der Ermittler betonte, wie wichtig die EU-weite Kriminalisierung "jeglicher Vorbereitungshandlungen wie Anklicken und Vorhalten im Arbeitsspeicher" nach deutschem Vorbild sei.

Der Vorstoß des BKA würde sich nicht nur potenziell präventiv auf mögliche Sexualstraftäter auswirken, sondern auch die bislang legale Untersuchung von Filterlisten unterbinden. Der Arbeitskreis Zensur (AK Zensur) legte ebenfalls heute Ergebnisse eines neuen, mit anderen europäischen Bürgerrechtsorganisationen durchgeführten "Praxistests" vor. Im Rahmen der aktuellen Analyse suchten die Aktivisten 167 Einträge als repräsentatives Beispiel für derzeit in Dänemark blockierte Webseiten heraus, kategorisierten sie und ordneten sie nach Herkunftsländern. "Das Ergebnis ist eine Blamage für die Strafverfolgungsbehörden", meint Alvar Freude vom AK Zensur, da von allen untersuchten Links lediglich drei Seiten tatsächlich Inhalte enthielten, "die als Kinderpornografie eingestuft werden können". Zwei davon seien schon seit 2008 auf der dänischen Liste verzeichnet gewesen und stünden zudem in Norwegen, Finnland und Schweden in den vergleichbaren Filterverzeichnissen. Trotzdem habe es offensichtlich "keine Versuche von Seiten der Strafverfolgungsbehörden" gegeben, diese illegalen Inhalte aus dem Netz zu entfernen.

Dem AK Zensur gelang es dagegen nach eigenen Angaben, mit Hilfe einfacher E-Mails mit Missbrauchsmeldungen an Provider zwei aus den USA verbreitete Webseiten selbst am Wochenende binnen 30 Minuten löschen zu lassen. Eine dritte Webseite sei am Dienstag innerhalb von drei Stunden nach Meldung von der indischen Domain-Vergabestelle abgeschaltet worden. Die Inhalte hätten auf einem Server in den Niederlanden gelegen. Auch die Analyse der restlichen Inhalte der skandinavischen Sperrliste habe erneut die "Wirkungslosigkeit dieses Instruments" gezeigt. So seien weit über die Hälfte der dort verzeichneten Seiten bereits gelöscht gewesen. Die Ergebnisse decken sich mit vergleichbaren früheren Untersuchungen des AK Zensur. Künftige vergleichbare Analysen wären mit einer Kriminalisierung schon des Besitzes entsprechender Links aber auf legale Weise nicht mehr möglich.

Den Ermittlern scheint es laut den Bürgerrechtlern generell nicht um eine wirksame Verfolgung der Taten und Täter oder um die verfassungsrechtlich gebotene Tilgung von nicht mehr relevanten Adressen auf einem Filterverzeichnis zu gehen. Denn eigentlich müssten die Entfernung der "menschenverachtenden Inhalte" und die Strafverfolgung "oberste Priorität" haben. Sperren erreichten genau das Gegenteil. Dass dieses Mittel trotzdem nun auf der EU-Ebene gepriesen werde, mache deutlich, dass auch in der Politik das Motto "Verstecken statt Verfolgen" gelte. (jk)