Bundestag spricht sich gegen ELENA-Moratorium aus

Mit den Stimmen der schwarz-gelben Koalition hat das Parlament einen Antrag der Grünen zur Aussetzung und strikten Begrenzung des Elektronischen Entgeltnachweises (ELENA) abgewiesen. Die SPD enthielt sich.

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Der Bundestag hat am Donnerstag mit den Stimmen der schwarz-gelben Koalition und der SPD den Antrag der Grünen zur Aussetzung und strikten Begrenzung des Elektronischen Entgeltnachweises (ELENA) abgewiesen, obwohl es auch in den Regierungsfraktionen bis in die Spitzen hinein viele Kritiker des IT-Großprojekts gibt. Die SPD enthielt sich bei der Abstimmung, während die Linken den Vorstoß aus den Reihen der Opposition unterstützten. Andreas Lämmel von der CDU/CSU-Fraktion begründete die Ablehnung eines Moratoriums mit der Ansage, dass "die wichtigsten Punkte des Antrags lange erledigt" seien.

Schon Anfang des Jahres sei die Datensammlung "eingedampft" worden, führte der CDU-Politiker aus. Auch die Unternehmen forderten trotz oder gerade wegen anfänglicher hoher Implementierungskosten mittlerweile eine Fortführung von ELENA, da die Verfahren ins Laufen gekommen seien und sie sonst auf ihren Aufwendungen sitzen blieben. Wichtig sei nun eine "zügige Beseitigung von Softwareproblemen" und das erneute "Durchforsten" der gespeicherten Datensätze.

Für die FDP-Fraktion erinnerte Claudia Bögel daran, dass die frühere rot-grüne Regierungskoalition die Vorversion von ELENA 2002 als deutsches Vorzeigeprojekt zum Bürokratieabbau ins Leben gerufen habe. Ihr erschienen die jetzigen Stopprufe daher "fast bigott". Die Liberalen seien sich der Kritik hinsichtlich der Kosten und des zu übermittelnden Datensatzes bewusst. Man könne die Effizienz des ELENA-Verfahren tatsächlich noch "in wesentlichen Punkten" verbessern. Auch die Datenschutzbedenken seien "von der FDP zuerst geäußert" worden. Das Bundesverfassungsgericht habe jüngst aber einen Eilantrag gegen das Projekt abgelehnt, sodass man "nicht das Kind mit dem Bade ausschütten" müsse. Die Koalition werde ELENA "korrigieren und hübsch schlank auf den Laufsteg schicken".

Die SPD-Politikerin Doris Barnett sah den Antrag dem "Hype" rund um die Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten geschuldet. Letztlich würden mit dem Projekt aber nur alte Anordnungen für die Finanzverwaltung fortgesetzt, wobei man "ein paar Daten mehr mitgenommen" habe. Von einem "Übermaß" bei der Erfassung personenbezogener Informationen könne jedoch keine Rede sein. Auch um Datenschutzverstöße machte sich die Sozialdemokratin keine Sorgen, da etwa bei Krankenversicherungen noch keine vorgekommen und die Sicherheitsauflagen hoch seien. Informationen über eine Gewerkschaftszugehörigkeit und Streikdaten sein "raus". Es werde nur noch die Zeit festgehalten, "wann kein Geld fließt", was für die Berechnung des Arbeitslosengelds wichtig sei. Insgesamt habe die Politik "kein Ungeheuer losgelassen".

Das Bundesverfassungsgericht "hat uns den Auftrag gegeben, in uns zu gehen", hielt Jan Korte von der Links-Fraktion dagegen. ELENA sei nichts anderes als eine "Vorratsdatenspeicherung sensibelster Sozialdaten", die zentral gespeichert werden. Eine solche wecke Begehrlichkeiten, zudem könnten Persönlichkeitsprofile gebildet werden. Er forderte eine rasche Reduzierung der Datensätze und eine Aussetzung sämtlicher großer Datensammelprojekte.

Konstantin von Notz von den Grünen versuchte den Mitgliedern der Regierungskoalition ins Gewissen zu reden. Selbst Innenpolitiker der CDU/CSU-Fraktion hätten zurecht die Frage aufgeworfen, inwiefern eine anlasslose zentrale Datenspeicherung für den Bürokratieabbau legitim sei, wenn Karlsruhe eine solche selbst für höchste Rechtsgüter für verfassungswidrig erklärt habe. ELENA verstoße "gegen fundamentale Datenschutzgesetze". So gebe es etwa "keinen Auskunftsanspruch bis 2012". Das "größte Datensammelprojekt in der Geschichte der Bundesrepublik" sollte ursprünglich "ehrbaren Zielen dienen", räumte von Notz zwar ein. Es sei aber "leider schlecht gemacht" worden, "aus dem Ruder gelaufen" und aus Gründen des Datenschutzes, der Mittelstandsbelastung und der Verwaltungskosten sofort zu stoppen.

Gegen ELENA laufen mehrere Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht. So hat etwa der Datenschutzverein FoeBuD gemeinsam mit anderen Bürgerrechtsvereinigungen im März eine Sammelbeschwerde eingereicht, die von über 22.000 Bürgern unterstützt wird. Auch in der Regierungskoalition ist der Einkommensnachweis umstritten. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle hatte sich zuletzt im Juli für ein Moratorium der groß angelegten Speicherung von Arbeitnehmerdaten stark gemacht und dafür Unterstützung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erhalten. Die ebenfalls den Liberalen angehörende Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger stellte ELENA bereits prinzipiell infrage. (pmz)