"Drei, zwei, eins - deins!" Handwerker unterbieten sich im Internet

Versteigerungs-Portale für Handwerke im Internet gewinnen an Beliebtheit. Der Handwerksverband und Verbraucherschützer warnen indes davor.

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Von
  • Christoph Sator
  • dpa

Der Essensgeruch, der Rauch, die Gäste: Alle zwei Jahre muss der Berliner Gastwirt Andreas Strohschein in seinem Restaurant April die Wände streichen lassen. Immer in Nachtarbeit, weil tagsüber das Geschäft weiterlaufen muss. "Kein billiges Unterfangen", weiß Strohschein. "Beim letzten Mal hat mir der Maler für 120 Quadratmeter 2000 Euro in Rechnung gestellt." Diesmal kommt der 37-Jährige billiger davon. Im Internet hat er einen Betrieb ausfindig gemacht, der für die gleiche Arbeit nur 429 Euro verlangt.

Fündig geworden ist der Gastwirt bei www.undertool.de, einem der Handwerks-Portale, die vor kurzem ins Netz gegangen sind. Andere heißen www.jobdoo.de oder www.ipeon.de. Im Prinzip funktioniert die elektronische Auftragsvergabe an den Handwerker wie eine Versteigerung im Auktionshaus eBay -- nur umgekehrt. Den Zuschlag bekommt nicht der, der am meisten zahlen will, sondern der, der es am billigsten macht. Die Handwerker unterbieten sich also gegenseitig -- in einer Rückwärts-Auktion.

Die meiste Erfahrung damit hat UnderTool-Gründer Thomas Grochowalski, der vor einem Jahr als erster mit einem solchen Portal an den Start ging. Anfangs noch als UnderBay, bis er wegen des ähnlichen Namens Post aus der eBay-Rechtsabteilung bekam. 6380 Aufträge im Wert von rund zehn Millionen Euro hat das Dortmunder Unternehmen inzwischen vermittelt. Auf der Seite finden sich 50 verschiedene Job- Sparten - von Aquarienbau über Graffiti-Entfernung bis Zimmerei.

"In der Regel sind es Privatleute, die bei uns nach einem preisgünstigen Maler oder Kfz-Mechaniker suchen", sagt Grochowalski, ein ehemaliger Lagerleiter. Aber auch die Renovierung eines gesamten Baumarktes für 300.000 Euro in Nordrhein-Westfalen und die Pflasterbauarbeiten vor dem Berliner Olympiastadion für 78.000 Euro wurden nach seinen Angaben schon vermittelt.

Doch meist sind es Kleinbetriebe und Ich-AGs, die sich auf Anfragen melden. Für sie ist die Handwerker-Vermittlung im Internet eine gute Chance, angesichts der allgemeinen Auftragsflaute ins Geschäft zu kommen. Vor allem in den etablierten Betrieben hat das Preis-Dumping viele Gegner. Beim Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), der mit einem eigenen Internet-Portal schlechte Erfahrungen machte, heißt es dazu: "Jeder Betrieb muss selber wissen, zu welchen Preisen er arbeiten kann."

In allen Fällen gilt: Mitsteigern können nur Handwerker mit Gewerbeschein. Auf diese Weise soll Schwarzarbeit verhindert werden. Bezahlen muss stets der Auftraggeber. Das Einstellen kostet bei UnderTool ein oder zwei Euro. Die Vermittlungsgebühr, die nur bei erfolgreichen Auktionen fällig wird, richtet sich nach dem letzten Gebot. Maximal sind es fünf Prozent. Bei Gastwirt Strohschein beispielsweise wurden nochmals 15,93 Euro fällig.

Auch die anderen Internet-Portale arbeiten nach diesem Prinzip. Unterschiede gibt es in der Frage, wer letztlich den Zuschlag bekommt. Es muss nicht zwangsläufig der billigste Handwerker sein. Manchmal haben die Auftraggeber auch die Möglichkeit, Kriterien wie Betriebsgröße oder bisherige Bewertungen zu berücksichtigen. Und auch in Sachen Werbung sind die Portale nicht gleich: Auf einigen Seiten blinken mehr Werbeangebote als Aufträge.

Wie Verbraucherschützer überhaupt empfehlen, vorsichtig zu sein und nie gegen Vorkasse zu bezahlen. Denn auch im Internet gilt: Nicht alle Handwerker halten, was sie versprechen. Manche erscheinen gar nicht, andere verlangen plötzlich mehr Geld. UnderTool beziffert die Ausfallquote auf fünf Prozent. "Wer einen Auftrag schlampig oder gar nicht ausführt, kommt auf den Index", verspricht Grochowalski. Allerdings gibt es im Internet auch Klagen, dass bestimmte Firmen "trotz wiederholter Auffälligkeit" nicht gesperrt wurden. (Christoph Sator, dpa) / (tol)