Urteil: Dolzers "Domain-Engel" darf nicht zuschlagen

Eine Gemeinde muss nicht dulden, dass auf der bislang für die Homepage ihrer Feuerwehr benutzten Internetadresse plötzlich Erotikdienste angeboten werden.

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Von
  • Holger Bleich

Eine Gemeinde muss nicht dulden, dass auf der bislang für die Homepage ihrer Feuerwehr benutzten Internetadresse plötzlich Erotikdienste angeboten werden. Eine entsprechende einstweilige Verfügung vom 28. November 2005 hat am heutigen Dienstag das Landgericht (LG) München I bestätigt (Az. 33O 22666/05).

Im konkreten Fall hatte die freiwillige Feuerwehr der Gemeinde Fehrbellin durch ein Versehen ihre Domain bei der Registry DeNIC freigegeben. Kurze Zeit später befand sich feuerwehr-fehrbellin.de in den Händen des Münchener Unternehmens Universal Boards. Dieses schaltete auf der ehemaligen Info-Site, die beispielsweise über Notrufnummern informiert hatte, unter anderem Werbung für sein Erotik-Angebot gratis-sex.ag.

Hinter Universal Boards respektive der Net Pay GmbH steckt der Münchener Internet-Dienstleister Mario Dolzer. Er gibt an, mit dem Service domain-engel.de aus "sozialen Gedanken" heraus versehentlich frei gewordene Domains für deren ehemalige Inhaber "in Geschäftsführung ohne Auftrag" zu sichern.

heise online hatte bereits Mitte des vergangenen Jahres nachgewiesen, dass Dolzer unter dem Namen "k.exe" ein Trojaner-Programm in Umlauf gebracht hatte, das von den Wirts-PCs aus Whois-Dienste von Domain-Registries nach vorgegebenen Domain-Namen abfragte und Meldung an Universal-Boards erstattete, wenn einer der Namen frei wurde. Auf Derivate dieses Programms greift nun auch "Domain-Engel" zurück.

Das soziale Motiv nahmen die Gemeinde Fehrbellin respektive deren Rechtsanwalt Jan Fröhlich Dolzer nicht ab. Per Abmahnung forderte sie ihn unter Berufung auf ihr Namensrecht auf, es zu unterlassen, "selbst oder im Zusammenwirken mit anderen die Domain feuerwehr-fehrbellin.de zu registrieren und diese für die Verbreitung pornographischer Inhalte zu nutzen, insbesondere dort die Inhalte der Website www.gratis-sex.ag zum Aufruf bereitzustellen." Als sich Dolzer weigerte, erwirkte die Gemeinde eine gleichlautende einstweilige Verfügung.

In der heutigen Widerspruchsverhandlung beharrte Dolzers Anwalt Bernhard Syndikus vergeblich auf der Fremdnützigkeit von "Domain-Engel". Überdies frage das von "k.exe" zum "Sozial-Tool" umgetaufte Programm keineswegs bestimmte, sondern ganz allgemein "freie Domains" ab. Diese Darstellung steht im Widerspruch zur Analyse von heise online.

Das Gericht folgte den Ausführungen von Syndikus nicht, sondern erkannte in vollem Umfang das Namensrecht der Gemeinde an. Domain-Engel erbringe keinen Nutzen, sondern konterkariere die Interessen der Gemeinde. Eine Sex-Seite vorzufinden, wenn man eine Notfallstelle erreichen wolle, sei verheerend. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Nach der Zustellung der schriftlichen Begründung bleibt Dolzer unter anderem die Möglichkeit, am Oberlandesgericht in Berufung zu gehen.

Rechtsexperten gehen davon aus, dass die Begründung der Münchener Kammer zumindest auch auf Markenrechte oder Geschäftsbezeichungen übertragbar sei. Die Domain-Engel dürften es folglich künftig ein wenig schwerer haben, ihr angebliches soziales Engagement auch bei Gerichten gegen die unfreiwilligen Segensempfänger durchzusetzen. (hob)