Auf zu neuen Galaxien

Mit dem Galaxy Tab will Samsung das iPad vom Thron stoßen. Das Tablet protzt mit potenter Hardware, Kamera und Telefon. Die spannendste Frage ist, wie sich das für Handys optimierte Betriebssystem Android 2.2 Froyo auf dem größeren Display schlägt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 64 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Achim Barczok

Schon beim ersten In-die-Hand-nehmen fühlt es sich ganz anders als das iPad an. Samsungs Galaxy Tab hat Taschenbuchgröße, wiegt knapp die Hälfte und ist hochkant im 9:16-Format ziemlich schmal – allerdings etwas dicklich und mit dem glatt polierten Plastikgehäuse ein bisschen rutschiger. Wie ein Buch liegt es in der einen Hand, mit der anderen bedient man den Touchscreen. Oder man umgreift das Gehäuse von den Seiten, um auf der virtuellen Tastatur mit beiden Daumen zu tippen, wie bei einem Blackberry oder einem Palm. Dafür ist das iPad mit seinem 10-Zoll-Display fast schon zu groß, auf jeden Fall zu schwer – es liegt nach wenigen Minuten auf dem Schoß oder Tisch. Das Tab bleibt hingegen in der Hand oder verschwindet in der Manteltasche, wenn man fertig ist.

Fast könnte man meinen, Samsung habe das Gegenstück zum iPad gebaut, und das nicht nur in puncto Größe: Plastik statt Alu, Android statt iOS, 16:9-Kinoformat statt 4:3. Dazu eine Fotokamera, ein Speicherslot, Telefonie- und Videotelefoniefunktion. Und Flash geht selbstverständlich auch.

Zwischen das Display und den weißen Plastikrücken hat Samsung mächtige Hardware gepackt. Mit 454 MByte RAM, 1,78 GByte internem Telefonspeicher und einem 1-GHz-Cortex-A8-Prozessor – der gleiche wie im Samsung Galaxy S und im iPad – bringt das Galaxy Tab auch für anspruchsvollere Arbeiten genügend Leistung mit, 720p-Videos und die vereinzelt erhältlichen Android-3D-Spiele laufen flüssig. Dank Flash-Unterstützung kommt es sogar im Browser mit den meisten On-Demand- und Livestreaming-Diensten zurecht und spielt sie ruckelfrei ab – da bleibt das iPad-Display meistens leer. Je nach Version kommt das Galaxy Tab mit einem 16 oder 32 GByte großen integrierten Flash-Speicher, der sich über einen microSDHC-Speicherslot erweitern lässt. Den größten Platz nimmt der nicht wechselbare 4-Ah-Akku ein. Selbst beim Videoschauen und Surfen per WLAN war bei hellen 200 cd/m2 erst nach respektablen 6 Stunden der Akku leer. Damit schlägt sich das Samsung-Tablet besser als die meisten Smartphones und Notebooks – das iPad schafft mit bis zu über 10 Stunden Laufzeit trotzdem deutlich mehr. Bei normalem Gebrauch läuft es ein, zwei Tage mit einer Akkuladung. Zum Laden ist das 2-Ampere-Netzteil erforderlich.

Tablet in Taschenbuchgröße: Samsungs 7-Zoll-Tablet Galaxy Tab passt in die Jackentasche.

Auch beim Display gibt sich Samsung keine Blöße: Das hochwertige LCD bietet einen größeren Farbraum als die meisten Notebook-Displays (ungefähr sRGB) und einen hohen Kontrast von 807:1. Mit 278 cd/m2 leuchtet es sehr hell (iPad: 330 cd/m2) und ist weitgehend blickwinkelunabhängig. Dank hoher Auflösung von 1024 x 600 Bildpunkten (169 dpi) auf 7 Zoll Diagonale und dem 16:9-Format eignet es sich zum Surfen, Lesen und als Video-Player gleichermaßen. Selbst bei schwierigen Lichtverhältnissen bleibt das Display trotz der schnell mit Fingertapsern übersäten Spiegel-Oberfläche lesbar, nur im direkten Sonnenlicht ist wie beim iPad kaum noch etwas zu erkennen.

Außer einem schnellen WLAN-Modul (IEEE 802.11 a/b/g/n) und Bluetooth 3.0 (für Datenaustausch, Headsets und Tastaturen) findet man im Galaxy Tab zur Datenübertragung ein UMTS-Modul samt normal großem SIM-Slot vor. Darüber verbindet es sich mit dem Internet und loggt sich in Funknetze ein. Für die wenigsten dürfte ein 7-Zoll-Tablet ein hosentaschentaugliches Handy oder Smartphone ersetzen, aber prinzipiell eignet sich das Tablet über Freisprechanlage oder Headset gut zum Telefonieren. Freisprechen kommt auf der Gegenseite allerdings etwas leise an, über das Headset-Mikrofon klingt der Sprecher etwas dumpf.

Das iPad kommt ohne Kamera, das Galaxy Tab hat gleich zwei. Die auf der Rückseite eingebaute schießt Fotos mit 2048 x 1536 Bildpunkten (3,2 Megapixel) und taugt mit einer halben Sekunde Verzögerung für Schnappschüsse. In zu heller Umgebung überstrahlen Fotos und wirken dann milchig neblig, in dunklerer Umgebung werden sie selbst mit der hellen LED-Leuchte häufig unscharf; ansonsten liefert die Kamera passable Ergebnisse. Auf gleichmäßigen Flächen fällt in der Mitte ein leichter Rotstich auf. Die Foto-App bietet von Belichtungsdauer über Weißabgleich bis hin zu Geotagging viele Einstellmöglichkeiten und versendet Fotos per Mail oder über Webdienste. Der Photostitcher hilft beim Schießen von acht Foto breiten Panoramen und flickt sie ohne gröbere Fehler zusammen. Mit maximal 720 x 480 Pixeln aufgenommene Videos ruckeln kaum und zeigen selten Artefakte – für eine Smartphone-Kamera eine ordentliche Qualität.

Die Liste aller installierten Apps besteht aus sortierbaren Icon-Flächen.

Für Videotelefonie hat Samsung oberhalb des Displays eine 1,3-Megapixel-Kamera integriert. Über UMTS baut das Galaxy Tab Verbindungen mit allen kompatiblen Smartphones auf, das Bild ist wie bei UMTS-Telefonie üblich pixelig, artefaktreich und ruckelig. Der Ton kommt eine Sekunde, das Bild eine halbe Sekunde zeitversetzt beim Gegenüber an. Apps wie der Fring-Messenger nutzen die Kamera für Videostreaming über WLAN, das klappt deutlich besser. Mit Apples Facetime ist das Tablet nicht kompatibel.

Den vollständigen Artikel finden Sie in c't 24/2010. (acb)